Striptease: Roman (German Edition)
wurde.
»Nicht viel.« García hielt seine erloschene Zigarre hoch wie einen Malerpinsel. »Ein wenig Wasser in den Lungen. Das war zu erwarten. Aber wenn jemand in einem See oder einem Fluß ertrinkt, dann saugt er auch Gras, Käfer, Sand ein – Sie würden sich wundern. Einmal fanden wir eine Wasserleiche vor Key Biscayne, die einen jungen Königsfisch in den Bronchien hatte!«
Al García redete laut, damit er über der Tanzmusik zu verstehen war. »Sie sehen nicht sehr gut aus. Soll ich Sie lieber zu einem anderen Zeitpunkt aufsuchen?«
»Könnten Sie endlich zum Wesentlichen kommen?« bat Erin ungeduldig. »In zehn Minuten beginnt mein Auftritt.«
»Klar«, sagte García. »Es geht um folgendes: Der Clark Fork war voller Kleingetier und Laub – holen Sie mal einen Eimer Wasser aus dem Fluß, und Sie werden sehen, was ich meine. Aber das Wasser in Killians Leiche war erstaunlich sauber.«
»Leitungswasser«, sagte Erin.
»Sie sind ein schlaues Mädchen.«
»Also hat ihn jemand getötet?«
»Wahrscheinlich in einer Badewanne«, sagte García, »wenn ich raten müßte.«
»Können wir rausgehen?« fragte Erin.
»Nur, wenn Sie mich rauchen lassen.«
Shad folgte ihnen zum Parkplatz. Erin bedeutete ihm wegzugehen. Aber Al García schien es gleichgültig zu sein, ob er verschwand oder blieb. Er zündete seine Zigarre an und lehnte sich gegen seinen Wagen, einen neutralen blauen Caprice.
Erin fragte: »Ist es Ihr Ernst, daß Jerry ermordet wurde?« »Seine Ex-Frau sagt, daß er jedes Jahr zum Angeln in den Westen fuhr. Aber als er diesmal dort ankam, besorgte er sich keine Angelerlaubnis. Seltsam, nicht?« García wandte sich ab und blies Rauch in die Dunkelheit. »Zwei Typen aus der Umgebung sahen ihn in einem Schlauchboot flußabwärts treiben, ganz alleine während eines Gewitters.«
»Lebend?«
»Das bezweifle ich. Haben Sie eine Idee, Mrs. Grant?«
Erin sagte: »Ich muß erst mal nachdenken. Die Dinge sind ziemlich kompliziert.« Ihr mütterlicher Instinkt riet ihr, das Thema Angela und Jerry Killians Versprechen nicht zu erwähnen. Aber es war möglich, daß García bereits Bescheid wußte.
»Nur für die Akten«, sagte er, »Sie haben ihn nicht umgebracht, oder?«
Erin lachte in bitterer Verwunderung. »Nein, Sir. Ich habe ihn nicht geliebt, ich habe nicht mit ihm geschlafen, und ich habe ihn ganz bestimmt nicht umgebracht.«
»Ich glaube Ihnen«, sagte García. »Aber bei Stöckelschuhen werde ich sowieso immer schwach.«
Er reichte ihr seine Visitenkarte. Sie studierte sie neugierig. »Hier steht Dade County.«
»Ja, das ist das Problem. Wir sind hier in Broward, nicht wahr?« García ließ die Zigarre in seinem Mund hin und her wandern. »Montana ist weit weg, Mrs. Grant.«
»Aber rein technisch betrachtet ist es nicht Ihr Zuständigkeitsbereich.«
»Das stimmt«, gab er bereitwillig zu. »Ich mische mich ungefragt ein, so einfach ist das.«
»Weshalb?« fragte Erin.
»Weil es mein Junge war, der ihn gefunden hat.« García holte seine Wagenschlüssel aus der Tasche. »Sie haben Kinder, Sie verstehen das.«
»Ist er o. k. – Ihr Sohn?«
»Sicher. Er möchte wissen, was passiert ist, und ich sage ihm immer lieber die Wahrheit. Außerdem sind Wasserleichen genau mein Spezialgebiet, wie ich nicht ohne Stolz behaupten möchte.«
Al Garcías Stimme verstumme. Er sah müde und nachdenklich und zehn Jahre älter aus, als er wahrscheinlich war. Erin unterdrückte den Impuls, ihm alles zu erzählen,
»Ich würde Ihnen gerne helfen«, sagte sie, »aber ich bezweifle, daß ich das kann. Mr. Killian war ein Gast. Mehr nicht. Ich kannte den Mann kaum.«
García schnippte die Asche von seiner Zigarre. Sie landete zischend in einer Pfütze.
Nachdem er in den Wagen gestiegen war, bedeutete Erin ihm, die Scheibe herunterzukurbeln. Sie trat an die Tür und fragte: »Wenn das Ganze keine offizielle Untersuchung ist, wie kamen Sie dann in seine Wohnung hinein?«
»Ich habe lediglich den Hausmeister gefragt.« García zwinkerte. »Eine Polizeimarke wirkt schon mal Wunder.« Er startete den Wagen. »Gehen Sie wieder rein«, riet er Erin, »bevor Sie sich erkälten.«
»Wird ein Gottesdienst stattfinden?« fragte sie.
»Für Killian? Vorerst nicht. Der Gerichtsarzt hat versprochen, die Papiere erst in der nächsten Woche zu unterschreiben, wenn ich mich wieder melde.«
»Wo ist Jerrys Leiche?«
»In einer Tiefkühlkammer in Missoula«, erwiderte García. »Er und zwei Tonnen
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