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Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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schenkten dann ihre ganze Aufmerksamkeit der Tanzbühne. Schon bald füllte sich der blaue Dunst mit Papierfliegern, die aus amerikanischer Währung gefaltet worden waren. Zur Sperrstunde hatten Dilbeck und Rojo sich mit zwei Tänzerinnen der Flesh Farm ganz dick angefreundet.
    Das Morgengrauen fand das Quartett achtzig Meilen entfernt auf einem Schutzdeich am südöstlichen Ufer des Lake Okeechobee. Nur mit Socken und Unterhosen bekleidet, lieferte Chris Rojo einen Abriß der Geschichte des Zuckerrohranbaus und der Rolle, die Congressman Dilbeck dabei gespielt hatte und immer noch spielte. Die Tänzerinnen beklagten sich, von Feuerameisen attackiert zu werden, und zogen sich auf ihren Stöckelschuhen in den klimatisierten Luxus der Limousine zurück, wo Pierre ihnen Bloody Marys kredenzte.
    Rojo stolzierte auf dem Damm umher und redete nonstop, ein typischer brillanter Kokainmonolog. »Zweihunderttausend Morgen Dreck, wunderbarer Dreck«, sagte er, »herrliches Zuckerrohr, so weit das Auge reicht...«
    Dilbecks gingetrübte Augen blickten kaum über seine Schnürsenkel hinaus. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages wärmten seine nackten Schultern und brachten reihenweise Insektenstiche zum Jucken. Dilbeck schaukelte von einem Fuß auf den anderen, als hätte er die Nacht in einem sehr kleinen Boot verbracht. »Ich kotze gleich«, kündigte er Rojo an.
    Es war des jungen Millionärs erster Besuch auf den Feldern, von denen das Vermögen seiner Familie stammte. Er reckte magere braune Arme zum Himmel und rief: »Dreiundzwanzig Cents das Pfund!«
    Das Geschrei ließ Dilbeck zusammenzucken. »Dreiundzwanzig Cents!« heulte Rojo erneut. »Hab Dank, Tio Sam ! Dankeschön, Davey!«
    Dreiundzwanzig Cents pro Pfund war der durchschnittliche Großhandelspreis für Zucker, der vom Betrieb der Familie Rojo angebaut wurde. Der aufgeblähte Betrag wurde vom Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten festgesetzt und von der Commodity Credit Corporation, einer Abteilung des Landwirtschaftsministeriums, überwacht. Rojo hatte allen Grund, dankbar zu sein: Zuckerrohr aus der Karibik wurde auf dem Weltmarkt mit nur zwölf Cents pro Pfund gehandelt. Strenge Importquoten hielten den meisten ausländischen Zucker aus Amerika fern, wodurch die Rojos ihren festgesetzten Preis halten und sich daher ihren exzessiven Lebensstil leisten konnten. Wann immer die Importquoten von internationalen Handelsorganisationen attackiert wurden, trat das Repräsentantenhaus als Retter auf den Plan. Dilbeck war einer der besten Freunde der Zuckerindustrie, und Chris Rojo ließ keine Gelegenheit verstreichen, um seine Dankbarkeit zu demonstrieren. Nun, auf dem Damm, drückte er den Kongreßabgeordneten in einer heftigen Umarmung an sich.
    Dilbeck spürte, wie er ins Schwanken geriet, und befreite sich. »Ich fühl mich nicht so gut. Wo sind die Girls?«
    »Keine Ahnung«, sagte Rojo. »Entspannen Sie sich, mein Freund. Es wird immer neue Girls geben.«
    Der Congressman schaute blinzelnd in die Sonne. »Wurden wir gestern flachgelegt?«
    »Ich habe keinen Schimmer.«
    »Ich auch nicht«, sagte Dilbeck. »Aber vermutlich schon.«
    »Für tausend Dollar will ich das doch schwer hoffen.«
    Dilbeck verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Soviel haben Sie bezahlt?«
    »Fünfhundert für jede. Na und?« Chris Rojos Stimme klang schrill und ächzend. »Für mich ist das gar nichts«, sagte er. »Nur Geld.«
    Dilbeck spürte, wie seine Körpertemperatur mit der aufgehenden Sonne anstieg. Er legte eine Hand auf seinen Nacken und spürte, daß er feucht war. Er fragte sich, was mit seinem Hemd passiert war. Er hoffte, daß eine von Mr. Lings Tänzerinnen es ihm in sexueller Raserei mit den Zähnen vom Körper gefetzt hatte.
    Rojo sagte: »Es ist eine verrückte Welt, Davey. Ich gebe einem Girl fünfhundert Bucks, nur um mitzufahren, okay? Die armen Teufel, die dieses Zuckerrohr ernten«, er deutete mit einer ausholenden Geste auf die Felder, »für die ist das der Lohn für drei Wochen.«
    »Ist das Ihr Ernst?« fragte Dilbeck.
    »Das ist wirklich ein tolles Land, mein Freund. Und jetzt muß ich meine Hose suchen.«
    Als sie zur Limousine zurückkamen, war Christopher Rojo aus seinem Kokain-High abgestürzt, und David Dilbeck stand kurz vor einem Herzanfall. Pierre hielt die Wagentür auf, während die beiden Männer sich auf die Rückbank fallen ließen. Die Tänzerinnen schliefen. Sie waren ein buntes Gewirr von blonden Haaren und Spitzenwäsche; Dilbecks Hemd und

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