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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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heftiger auf ihn ein, als wittere er Rolfs Ermattung und den eigenen Vorteil. Er schien zu wachsen und den Kampf zu dominieren. Immer kräftiger wurden seine Hiebe und gezielter, und es wurde immer schwieriger, sie zu parieren oder ihnen zu entgehen. Seine bullige Kraft maß sich mit dem erlahmenden Willen des verwundeten Wolfs.
    Rolf hielt nicht stand. Er war nur wenige Zoll von der obersten Stufe entfernt und wich noch weiter zurück. Angeline schrie auf und stürzte zu ihm. Zu spät. Er wankte, glitt aus und drehte sich noch im Fallen zum Sprung.
    Meyer stieß einen Jubelruf aus und sprang mit gezücktem Messer hinterher. Doch der tiefe Jubelruf wurde zu einem heiseren Schrei, als er die Falle erkannte, in die er gegangen war. Rolf, den die ganze Zeit klare Überlegung geleitet hatte, erlangte auf einmal seine Beweglichkeit zurück und kam mit der gezückten Waffe in der Faust wenige Stufen weiter unten zum Stehen. Er richtete sich aus der Hocke auf und wich geschickt der Gewalt der gegnerischen Attacke aus. Bevor Meyer sich fangen konnte, drang ihm Rolfs blaufunkelnde Stahlklinge tief in den Bauch. Augenblicklich zog er sie wieder heraus; Meyer polterte die Treppe hinunter, hielt sich am Geländer fest und riß dabei eine der Säulen los, die er noch umklammerte, als er auf halbem Weg liegenblieb. Das Messer, das seinen Händen entglitten war, klirrte hinterher. Mit wenigen schnellen Schritten war Rolf zur Stelle, hob es auf und stand mit einer Waffe in jeder Hand über dem Verletzten.
    Frische Luft wehte durch das Treppenhaus. Sie kam von der Tür, die auf die rückwärtige Galerie hinausging. Benommen drehte Angeline sich um und erblickte McCullough keine fünf Schritte von sich entfernt. Neben ihm stand Leopold. Die Kleidung der beiden Herren war angesengt, als sei sie mit Feuer in Berührung gekommen, Leopolds Uniform war schwarz vor Rauch und Ruß. McCullough spuckte triumphierend aus und wandte sich zur offenen Hintertür. Dort schrie er seinen Männern etwas zu und rief nach Gustav und Oswald.
    »Manche Träume sind leicht, andere schwer zu verwirklichen«, sagte Rolf matt, »manche Visionen besitzen große Leuchtkraft. Und andere stinken nach Tod und Verwesung, nach Aas, das die Würmer von Habgier und Bosheit nährt, und müssen zuschanden werden.«
    Meyer rappelte sich auf, schleuderte die Geländersäule fort und preßte die Hand auf den Unterleib. Seine Hände glänzten feucht und rubinrot, und seine Züge waren verzerrt vor Schmerz und Wut. Das Licht der leckenden Flammen fiel auf sein Gesicht. »Ich hätte alles bekommen«, lallte er, »wenn Ihr nicht gewesen wäret.«
    Leopold trat mit der Pistole in der Hand an den Treppenschacht, und Ekel und Verachtung standen in seinen Augen. »Nein. Für Euch wäre ohnehin nie an meinem Hof ein Platz gewesen, nicht für einen Mann, der sich beim Überfall auf das Lager des Spaniers im Hintergrund hielt; nicht für einen, der untätig zusah, als McCulloughs Männer auf Rolf geschossen haben. Ich wußte nicht, ob Ihr ein Feigling seid oder ein Verräter, aber als Ratgeber hätte ich Euch nie genommen.«
    »Dummkopf«, stöhnte Meyer und blickte mit kühlen grauen Augen zu ihm hinauf. »Ihr habt noch die Wahl, Ihr könnt immer noch König werden. Ihr müßt nur einen einzigen Mann töten und die... die Waffe ist in Eurer Hand. Gebraucht sie jetzt, und dann... dann gibt es kein >Was wäre, wenn< mehr.«
    »Einen Mann und eine Frau«, erwiderte Leopold.
    »Dann eben beide, was spielt das für eine Rolle«, knirschte Meyer. »Oder soll ich... Euch noch... helfen, mein künftiger König? Ihr nehmt die eine... ich den anderen.«
    Er steckte die blutverschmierten Finger in den Hosenbund und holte eine Taschenpistole hervor. Die goldene Ziselierung schimmerte im rauchgeschwängerten Dämmerlicht. Angeline brannten die Augen, als sie auf Meyers Waffe starrte und nur erahnen konnte, wie Leopold anlegte. Auf diese Distanz konnte keiner der Schüsse fehlgehen.
    Die Explosion hallte in dem engen Raum wider. Die Kugel pfiff und traf ihr Ziel mit der Sicherheit, die in die Garde eingedrillt worden war.
    Meyer wurde nach hinten geschleudert und polterte die Treppe hinunter. Leopold hatte seine Wahl getroffen.

20
    »Mademoiselle Fortin, ein Bote für Euch.«
    Maria stand in der Tür zum Salon. Sie wirkte niedergeschlagen, und in ihrer Stimme lag ein neuer Respekt. Angeline schaute auf. Sie saß an ihrem Sekretär und schrieb Danksagungen für Kondolenzbesuche. Diese Aufgabe war

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