Stürmische Liebe in Cornwall
gesandt.
„Ach, Mama“, sagte Marianne ehrfürchtig. „Das ist viel zu viel! Ich kann es unmöglich annehmen. Wir müssen es zurückschicken.“
„Unsinn!“, rief Mrs. Horne. „Es ist es sehr gütig von ihm und kommt natürlich unerwartet, aber du würdest ihn beleidigen, wenn du es zurückgibst. Dank ihm einfach nur recht schön.“
„Dann werde ich ihm schreiben und ihm für seine Großzügigkeit danken, Mama.“
„Tu das. Vielleicht kannst du ihm auch eine hübsche Börse sticken.“
„Ja, aber Mama, ich möchte, dass du die Hälfte von den zwanzig Pfund behältst. Immerhin hast du deine Spargroschen für mich ausgegeben!“
„Nun, wir haben aber auch sehr schöne Dinge dafür bekommen. Vielleicht triffst du bei deiner Tante einen netten Herrn. Auf den Gesellschaften deiner Tante Wainwright hast du ja nie jemanden gefunden, der dir besonders gefiel.“
„All ihre Gäste sind immer so hochmütig. Und nach Marlbeck wurden wir nie eingeladen.“
„Der Marquis ist ja nun tot, der Arme“, sagte Mrs. Horne. „Bisher hat hier noch niemand seinen Erben getroffen. Wie man hört, lebt er die meiste Zeit in London.“
„Und wenn er hier lebte, änderte das nichts. Wahrscheinlich ist er ebenso stolz wie der alte Marquis. Bestimmt würde er keine Pfarrerstochter heiraten, nicht einmal wenn sie so schön wie Lucy ist.“
„Nun, es spielt keine Rolle. Ich will nur eines für euch – dass ihr glücklich seid. Wenn du einen guten Mann heiratest, werde ich es zufrieden sein, auch wenn er kein Vermögen hat.“
„Ach, Mama“, seufzte Marianne mit Tränen in den Augen, „wie glücklich waren wir mit dem lieben, guten Papa. Ich bin sicher, keine von uns würde jemanden heiraten wollen, der ihm nicht gleichkommt.“
Später am Abend saß Marianne in ihrem Zimmer und schaute hinaus auf den dunklen Garten. Ihr war nicht nach Schlafen zumute, denn sie konnte ihre Gedanken nicht von dem baldigen Besuch bei der Großtante und dem, was die Zukunft bringen würde, lösen. Bis vor Kurzem hatte sie trotz ihrer von anderen häufig gerühmten Schönheit eine Heirat nicht für besonders wahrscheinlich gehalten, da sie wusste, dass die fehlende Mitgift ihre Chancen stark schmälerte. Der Hilfspfarrer ihres Vaters war ihr sehr gewogen, würde vielleicht sogar um sie anhalten, doch zurzeit konnte er sich keine Familie leisten, und Marianne war sich nicht sicher, ob sie ihm ihr Jawort geben würde, wenn er fragte.
Zumindest war sie sehr erleichtert, dass ihr die Reise nach Bath erspart blieb, denn es lag ihr nichts daran, auf dem Heiratsmarkt zur Schau gestellt zu werden. Die einzigen Erfahrungen mit der besseren Gesellschaft hatte sie im Hause ihrer Tante Agatha gemacht, und daraus war ihre Abneigung gegen den höheren Adel erwachsen. Sie bevorzugte den Umgang mit ganz normalen, freundlichen Menschen wie ihren Eltern und Nachbarn.
Es klopfte an der Tür, und ohne auf Antwort zu warten, kam Jo herein. „Ich konnte nicht schlafen; immerzu musste ich daran denken, dass ich schon um Lucys willen mit Tante Wainwright fahren muss. Ich werde sowieso niemanden finden, der mich heiraten will! – was mir nichts ausmacht –, aber wenn ich mich weigere und die Tante verärgere, bekommt Lucy vielleicht nie eine Gelegenheit, in die Gesellschaft eingeführt zu werden.“ Jo wie auch Marianne liebten ihre jüngere Schwester sehr und sorgten sich naturgemäß um deren Zukunft.
„Wenn Großtante Bertha ihr Haus in London noch führte, würde sie uns sicher dorthin einladen“, sagte Marianne. „Aber nun lebt ein Verwandter von ihr darin. Weißt du, mir selbst macht es nichts aus; ich würde gar keinen Mann von hoher Geburt heiraten wollen, aber Lucy sollte wenigstens eine Saison in London haben.“
„Die Schönheit von uns dreien bist du, Marianne.“ Jo betrachtete ihre Schwester liebevoll. „Obwohl – in ein paar Jahren könnte Lucy es mit dir aufnehmen. Ich jedoch bin hiermit geschlagen!“ Sie wühlte mit den Händen in ihren widerspenstigen feuerroten Ringellocken, die sie für einen wahren Fluch hielt. „Dass du keinen Wert auf einen höheren Rang legst, weiß ich, doch vielleicht triffst du ja in Cornwall einen netten Herrn … jemanden wie Papa …“
„Das wäre eine höchst glückliche Fügung“, meinte Marianne mit zustimmendem Lächeln. „Aber ob es einen zweiten Papa gibt …?“
Jo nickte. Einen besseren Mann als ihren Vater gab es kaum; sie alle trauerten immer noch tief um ihn. „Es wäre wohl
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