Stürmische Romanze
locken.
Kate schwieg eine Weile. „Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll“, sagte sie schließlich verzweifelt. Dafür, dass sie Giovanni so gut wie gar nicht kannte, war ihr Schmerz zu stark.
„Du kannst gar nichts machen“, erwiderte Lucy betont fröhlich, „außer dich wieder deiner Arbeit zu widmen, das Ganze unter ‚wertvolle Erfahrungen‘ zu verbuchen und weiter auf den Mann deines Lebens zu warten.“
„So etwas gibt es nicht“, entgegnete Kate bitter.
„Was, Erfahrungen?“
Vielleicht würde sie eines Tages wieder über Lucys Scherze lächeln können. Aber noch waren der Schmerz und die Enttäuschung zu groß. „Nein. Ich glaube nicht, dass es einen Traummann für mich gibt.“ Sie riss sich zusammen. „Also, gehen wir heute Abend aus?“
„Möchtest du das denn – trotz allem, was passiert ist?“
Kate zuckte die Schultern. „Das tun wir doch immer, wenn ich einen Auftrag abgeschlossen habe, stimmt’s? Ich kann ja nicht mein ganzes Leben lang Trübsal blasen.“
Nachdem Lucy gegangen war, begann Kate sich für den Abend zurechtzumachen. Doch im Gegensatz zu sonst machte es ihr keinen Spaß. Fast hätte sie ein schwarzes Kleid angezogen, doch schließlich entschied sie sich für einen weißen Leinenanzug. Dazu trug sie ein knappes, ärmelloses weißes Top mit glitzernden Stickereien, denn die Sommernacht war angenehm lau.
Um kurz nach acht brachen sie zum italienischen Restaurant auf. Auf dem Weg dorthin kehrten sie in einem typischen Londoner Pub ein, wo es laut und voll war. Sie nahmen das Bier mit nach draußen, setzten sich auf eine Mauer neben einen mit Gänseblümchen bepflanzten Kübel und blickten auf die Themse.
„Ich habe dich noch nie so niedergeschlagen erlebt, Kate“, stellte Lucy fest und sah ihre Schwester an, die starr in ihr Bierglas blickte.
„Das Schicksal hat es offenbar gut mit mir gemeint – bis jetzt“, erwiderte Kate betont gelassen. Aus ihren Beziehungen hatten sich meist Freundschaften entwickelt. Leidenschaftliche Liebe, die einem das Herz brach, war ihr bisher fremd gewesen.
Warum also hatte sie jetzt das Gefühl, man hätte ihr das Herz herausgerissen? Tränen traten Kate in die Augen. Sie zwang sich, den Gedanken an Giovanni zu verdrängen und noch einen Schluck Bier zu trinken.
„Komm, Kate“, sagte Lucy sanft, „lass uns essen gehen.“
6. KAPITEL
Wenigstens habe ich einen Job, der mir Spaß macht.
Kate versuchte sich davon zu überzeugen, dass arbeiten sie von der Enttäuschung und dem Schmerz ablenken könnte. Wenn sie ein Haus oder ein Apartment neu gestaltete, sprach Kate zuerst ausführlich mit den Besitzern, um sich eine genaue Vorstellung von deren Wünschen zu machen. Dann suchte sie Farben, Stoffe und Kunstgegenstände der unterschiedlichsten Lieferanten und Hersteller aus.
Derzeit stattete sie ein Haus im Norden Londons neu aus. Es stammte aus der Zeit Edwards VII und gehörte einem bekannten Fernsehschauspieler und seiner Frau, einer Moderatorin. Die beiden waren begeistert davon gewesen, wie Kate das Haus eines ihrer Freunde gestaltet hatte, und ließen ihr völlig freie Hand. Von einem solchen Auftrag hatte Kate immer geträumt. Doch es gelang ihr einfach nicht, dieselbe Begeisterung aufzubringen wie sonst.
Am Freitag wurden die Wände in einem satten Dunkelgrün gestrichen. Nachdem Kate fertig war, fuhr sie in ihr Apartment, das im Stadtviertel Chiswick lag. Sie würde sich am Wochenende irgendwie beschäftigen müssen, um nicht die ganze Zeit an Giovanni zu denken.
Das Telefon läutete, und Kate nahm den Hörer ab. „Hallo?“
Sie hörte nur ein Klicken, als die Verbindung unterbrochen wurde, und legte erleichtert auf. Ihr war nicht danach, sich zu unterhalten und so zu tun, als würde es ihr gut gehen, während sie in Wirklichkeit äußerst unglücklich war.
Kate ließ sich ein heißes Bad ein und stieg erst aus der Wanne, als das Wasser nur noch lauwarm war. Sie trocknete sich ab, zog einen langen Morgenmantel aus Satin an und ging barfuß ins Wohnzimmer.
In diesem Moment klingelte es an der Tür. Hoffentlich ist es Lucy, dachte Kate. Doch als sie die Tür öffnete, stand nicht Lucy vor ihr, sondern Giovanni. Wie erstarrt blickte Kate ihn an. Ihr Herz fing an, heftig zu schlagen.
„Du … du bist es.“ Ihr wurde schwindelig. „Was … was machst du hier?“ fragte sie mit bebender Stimme.
Giovanni kniff kurz die Augen zusammen. Was glaubte Kate denn, warum er hergekommen war? Langsam ließ er den Blick über
Weitere Kostenlose Bücher