Stürmisches Herz
bemerkte Cincinnati, der sein Gewehr überprüfte.
»Was zum Teufel soll das Ganze?« fragte Little Joe. »Soll das heißen, daß wir uns Blasen geritten haben und jetzt kehrtmachen, ohne sie umzubringen? Blödsinn!«
»Beruhige dich, kleiner Bruder. Ich glaube nicht, daß Mr. Chapman an so etwas denkt. Stimmt's, Mr. Chapman?«
»Und ob«, antwortete der Rancher verärgert. »Carl hat recht. Es ist ganz gleich, welche Bande von Viehdieben wir vor uns haben. Wir erledigen diese hier, und die anderen werden es sich zweimal überlegen, bevor sie in der Gegend Überfälle veranstalten.«
»Worauf warten wir dann noch?« Peter sah sich unternehmungslustig um.
»Sorgt nur dafür, daß ihr die Frauen bis zum Schluß aufhebt.« Wade Smith sagte zum ersten Mal etwas. »Ich möchte einige von denen haben. Für meine Mühe, klar?«
»Das ist mir aus dem Herzen gesprochen.« Dare Trask kicherte. »Und ich habe schon geglaubt, daß es wieder ein Routinejob wird.«
Als die Männer zu ihren Pferden zurückschlichen, war ein neues Element zu ihrer Erregung hinzugekommen. Frauen! Daran hatten sie nicht gedacht. Zehn Minuten später zerrissen Gewehrschüsse die Stille. Als der letzte Schuß verhallte, waren vier Indianerinnen übrig, drei Frauen und ein junges Mädchen, das Wade Smith so gut gefallen hatte, daß er nicht auf sie verzichten wollte. Alle vier wurden mehrfach vergewaltigt und dann getötet.
Bei Sonnenuntergang ritten vierzehn Männer zurück. Der ehemalige Hilfssheriff war ihr einziger Toter. Als sie seinen Leichnam fortschafften, fanden sie, daß der Preis nicht hoch gewesen war.
Nachdem sie aufgebrochen waren, trat im Lager Stille ein; der Wind hatte die Schreie davongetragen. Nur das Rauschen des Flusses war zu hören. Niemand trauerte um die toten Komantschen; sie hatten nichts mit der Bande Kiowas zu tun, die Bill Chapmans Ranch überfallen hatte. Niemand trauerte um das junge Mädchen, dessen dunkle Haut und blaue Augen Wade Smith aufgefallen waren; die Augen waren ein Hinweis darauf, daß in ihren Adern ein Tropfen weißes Blut floß. Keiner ihrer Leute hörte, wie sie vor ihrem Tod litt, denn ihre Mutter war gestorben, während das Mädchen noch vergewaltigt wurde.
Sie war in diesem Frühjahr zehn Jahre alt geworden.
3. KAPITEL
»Du läßt schon wieder die Schultern hängen, Courtney. Damen halten sich gerade. Haben sie euch in diesem teuren Mädcheninternat denn überhaupt nichts beigebracht?«
Der getadelte Teenager warf seiner neuen Stiefmutter einen raschen Blick zu und wollte etwas erwidern, überlegte es sich aber anders. Es hatte ja doch keinen Sinn. Sarah Whitcomb, jetzt Sarah Harte, hörte nur, was sie hören wollte. Außerdem befaßte sich Sarah schon nicht mehr mit Courtney, denn die in der Ferne auftauchende Farm nahm ihre gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch.
Courtney richtete sich trotzdem auf, obwohl ihre Schultermuskeln empört protestierten, und biß die Zähne zusammen. Warum war sie die einzige, die unter Sarahs scharfer Zunge zu leiden hatte? Manchmal wunderte sich Courtney über die neue Persönlichkeit dieser Frau. Sie schwieg jedoch meist und zog sich in sich zurück, so wie sie gelernt hatte, den Schmerz zu unterdrücken. Es kam jetzt sehr selten vor, daß Courtney ihren früheren Mut bewies. Das war meist dann der Fall, wenn sie übermüdet war und ihr die Folgen gleichgültig waren.
Sie war nicht immer so verunsichert, sondern ein frühreifes, mitteilsames Kind gewesen – freundlich und mutwillig. Ihre Mutter hatte sie immer damit geneckt, daß sie ein kleines Teufelchen war. Aber ihre Mutter starb, als Courtney erst sechs Jahre alt war.
In den neun Jahren seither war Courtney von einer Schule auf die nächste geschickt worden, weil ihr Vater infolge seiner tiefen Trauer nicht fähig war, auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen. Doch dieses Arrangement hatte Edward Harte offenbar zugesagt, denn Courtney durfte im Sommer nur für wenige Wochen nach Hause kommen. Und auch dann fand Edward nie Zeit für sein einziges Kind. Während der Kriegsjahre war er beinahe überhaupt nicht zu Hause gewesen.
Mit fünfzehn hatte Courtney bereits zu lange darunter gelitten, daß sie unerwünscht und ungeliebt war. Sie war nicht mehr offen und freundlich, sondern ein sehr zurückhaltendes, vorsichtiges Mädchen, das sehr empfindlich darauf reagierte, wie man es behandelte, und sich bei der leisesten Andeutung von Mißbilligung zurückzog. Ihre vielen strengen Lehrerinnen hatten ihren
Weitere Kostenlose Bücher