Stürmisches Wiedersehen auf Maynard Manor (German Edition)
entging“, erinnerte er sich. „In jenem Jahr ging der Geburtstagsball früher zu Ende als sonst. Darüber war ich sehr froh, denn es fiel mir schwer, mich höflich mit den Gästen zu unterhalten, während mich der Gedanke an dich fast umbrachte. Als ich hier in mein Zimmer kam, konnte ich noch deinen Duft auf dem Kopfkissen wahrnehmen. Ich musste daran denken, wie wunderschön du ausgesehen und wie du mich angelächelt hattest.“
Wieder atmete er hörbar ein. „Ich sagte mir, ich würde es ewig bereuen, dich einfach gehen zu lassen, und es sei noch nicht zu spät, zu dir zu fahren und dir zu sagen: ‚Ich werde dich mein Leben lang lieben. Komm mit mir, und lass uns so bald wie möglich heiraten.‘“
„Das wolltest du mir sagen?“, fragte Chloé mit bebender Stimme. „Und warum hast du es nicht getan?“
„Aus all den Gründen, die ich dir genannt habe. Außerdem hatte ich furchtbare Angst, du würdest vielleicht Nein sagen. Also bin ich bei meinem Plan geblieben, dich über längere Zeit zu umwerben. Da ahnte ich natürlich noch nicht, dass du mir bei unserer nächsten Begegnung sagen würdest, du hättest dich in jemand anders verliebt.“ Darius seufzte. „In jener Nacht nach dem Ball schlief ich ein, erfüllt vom Gedanken an dich. Als mich jemand an der Schulter berührte und meinen Namen sagte, hoffte ich, du seist wie durch ein Wunder zurückgekommen und unser gemeinsames Leben könne beginnen.“
Er schwieg einen Moment und fuhr fort: „Doch stattdessen stand Penny im Morgenmantel vor meinem Bett. ‚Nimm mich mit, wenn du morgen abreist‘, flehte sie. ‚Ich halte es nicht mehr aus. Vorerst kann ich bei meiner Cousine in Kensington bleiben.‘“
Ohne etwas zu sagen, lauschte Chloé angespannt.
„Zuerst dachte ich, sie sei betrunken. Doch wie sollte ich sie in ihr Zimmer zurückbringen? Das Haus war ja noch voller Gäste. Also habe ich sie zu trösten versucht und gesagt, bestimmt sei alles nur halb so schlimm, am besten solle Andrew mit ihr eine romantische Reise machen“, erinnerte Darius sich. „Da brach Penny plötzlich in Tränen aus und sank auf mein Bett. Schluchzend erzählte sie, Andrew habe sie nie geliebt. In den ersten Wochen nach der Hochzeit habe er einige halbherzige Versuche unternommen, mit ihr zu schlafen – und danach nie wieder. Dabei hatte er sie nur geheiratet, damit die Maynards Nachfahren bekommen würden. Mein Vater machte bereits seit einiger Zeit bissige Bemerkungen über das Ausbleiben des Nachwuchses.“
„Das ist ja furchtbar“, sagte Chloé erschüttert.
„Es kommt noch schlimmer“, antwortete Darius. „Penny meinte, Andrew hätte vielleicht gar nicht heiraten sollen – jedenfalls keine Frau. Aber das hätte er sich nicht einmal selbst eingestanden. In meinem Kopf drehte sich noch alles angesichts dieser Neuigkeiten, da kamen Andrew und mein Vater ins Zimmer gestürzt und fanden Penny auf meinem Bett. Und ich hatte den Arm um sie gelegt.“ Er schauderte. „Andrew brüllte uns an, unterstellte uns heimliche Treffen in London und bezeichnete Penny als Flittchen.“
„Das kann er doch nicht ernst gemeint haben!“, rief Chloé entgeistert.
„Vielleicht sah er es auch als willkommene Gelegenheit, sie loszuwerden“, mutmaßte Darius. „Wir haben natürlich alles abgestritten, aber Penny wollte Andrew nicht vor seinem Vater mit seinen Unzulänglichkeiten als Ehemann konfrontieren, was ich ihr hoch anrechne.“
„Die arme Penny“, sagte Chloé leise. „Aber meinst du denn, es ist ihr recht, dass du mir diese Dinge erzählst?“
„Ja, es war sogar ihre Idee. Penny hatte immer das Gefühl, sie habe mich damals um meine Familie, mein Zuhause und um die Frau gebracht, die ich liebte – sieben Jahre lang. Sie wollte die Dinge wieder in Ordnung bringen.“
„Hat sie auch deinem Vater die Wahrheit über ihre Ehe erzählt?“, wollte Chloé wissen.
„Das war nicht nötig.“ Darius seufzte erneut. „Andrew hat ihm einen Brief geschrieben, bevor er zu seiner letzten Klettertour aufbrach. Er hatte die Wahrheit schon vor langer Zeit erkannt, sie aber nicht akzeptieren können, weil er darin einen Verrat an seinem Erbe und der Familientradition sah.“ Er schüttelte den Kopf. „Der Brief und die Erschütterung über Andrews Tod waren vermutlich der Auslöser für Dads Schlaganfall. In der Genesungsphase hat sich seine Sicht auf vieles geändert, wie er ja vorhin zum Ausdruck gebracht hat. Allerdings war ich überzeugt, dass es für mich zu
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