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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hand und zog ihn durch das Unterholz in Richtung Pfad. Als sie ihn erreicht hatten, drehte sie sich zum Campingplatz um. Die drei Männer, jeder eine Pistole in der Hand, standen vor dem Mann mit dem welligen Haar und jagten weitere Kugeln in seinen Körper.
    Pop-pop-pop-pop-pop.

    Plötzlich drehte sich der Fahrer um, fast so, als hätte er Annies Augen auf sich gespürt. Ihre Blickte trafen sich, und sie fühlte sich wie von einem elektrischen Schlag getroffen, der brennend heiß in ihre Finger- und Zehenspitzen fuhr und sie für einen Augenblick völlig paralysierte.
    »Er hat uns gesehen!«, schrie William.
     
    Sie rannte wie nie zuvor in ihrem Leben, ihren Bruder hinter sich her ziehend, und rief: »Bleib dicht bei mir!«
    Sie hielten sich auf dem Weg, der den sanften Biegungen des Sand Creek folgte. Zu ihrer Linken war der Fluss, rechts der Wald. Nasse Zweige schlugen ihnen ins Gesicht und gegen den Körper, während sie rannten. Annie hörte ihre eigenen Schreie, als würden sie von jemand anders ausgestoßen.
    Pop-pop.
    Etwas schlug in einen dünnen Baum vor ihnen ein, etliche halb geöffnete Knospen regneten auf sie herab. Die Männer schossen auf sie!
    William weinte, hielt aber mit. Er umklammerte ihre Hand so fest, dass ihre Finger mittlerweile taub waren, doch das kümmerte sie nicht. Irgendwo hatte sie in dem Schlamm einen Schuh verloren, aber sie dachte nicht einmal daran, ihn zu suchen, obwohl ihr linker Fuß eiskalt war.
    Wie weit waren sie noch von der Straße entfernt? Sie hatte keine Ahnung, doch wenn sie es bis dort schafften, würde sie vielleicht ein Autofahrer nach Hause bringen.
    William blieb so plötzlich stehen, dass Annie zurückgerissen wurde und hinfiel. War er von einem der Männer gepackt worden?

    Nein. Die Angelrute war an einem Baum hängen geblieben, und er versuchte, sie loszureißen.
    »Vergiss sie, William!«, rief Annie. »Lass sie los!«
    Aber er zerrte weiter verbissen an der Angel, als hätte er ihre Worte nicht gehört.
    »Komm endlich!«, brüllte sie.
    Als sie sich wieder aufrappelte, sah sie zwischen den Bäumen zu ihrer Rechten einen Schatten. Der Mann mit der Baseballkappe. Offenbar wollte er sie auf einem parallel verlaufenden Pfad überholen und ihnen den Weg abschneiden!
    »Warte«, sagte sie zu William. »Wir können da nicht weiter. Komm hier lang.«
    Sie zwängten sich durch das dichte, nasse Unterholz, bis sie auf den Pfad stießen, auf dem Annie den Mann mit der Baseballkappe gesehen hatte. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand zu sehen war, überquerten sie den Weg, verschwanden auf der anderen Seite zwischen zwei wilden Rosenbüschen und rannten weiter. Diesmal musste Annie William nicht extra dazu auffordern.
    Den Fluss immer weiter hinter sich lassend, bahnten sie sich ihren Weg durch den dichten Wald. Annie hatte die Hand ihres Bruders losgelassen, denn manchmal mussten sie über umgestürzte Baumstämme klettern oder sich durch ein dichtes Gewirr von teilweise abgestorbenem Unterholz zwängen. Vor ihnen huschte ein großes Tier durch die Büsche, vielleicht ein Waschbär.
    Mittlerweile war das Brausen des Flusses nicht mehr zu hören, der Wald lag still da. Plötzlich erklang von irgendwo aus der Nähe eine laute Männerstimme: »Wo zum Teufel stecken sie?«

    »Hast du das gehört?«, fragte William.
    Annie lehnte sich gegen den Stamm einer dicken Kiefer und nickte.
    »Glaubst du, sie erschießen uns, wenn sie uns finden?«
    Sie gab ihm mit einem flehenden Blick zu verstehen, nicht zu reden.
    William ließ sich neben ihr auf den Boden fallen, und für ein paar Minuten hörten sie nur ihrer beider Atemzüge und das von den Bäumen tropfende Wasser. Sie erholten sich ein wenig, doch die Angst blieb. Hinter jedem Baum schien sich einer der Mörder zu verstecken, jeder sich bewegende Schatten ähnelte kurz einem Mann mit einer Waffe in der Hand.
    Annie blickte ihren Bruder an, der den Kopf gegen den Baumstamm gelehnt und den Mund leicht geöffnet hatte. Seine Kleidungsstücke waren nass und zerrissen. Er hatte ein Loch in der Hose, ein Knie blutete. Sein Gesicht war kreidebleich und dreckig. »Tut mir leid, dass ich dich hergebracht habe. Ich konnte nicht wissen, was daraus werden würde.«
    »Sie haben ihn erschossen«, sagte William. »Und dann haben sie weitergeschossen, obwohl er schon tot war.«
    Wie sie es bei uns tun werden. Annie hütete sich, ihren Gedanken auszusprechen, und sagte stattdessen: »Wenn wir uns in dieser Richtung halten,

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