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Stummer Zorn

Stummer Zorn

Titel: Stummer Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Houghtons neueste, sehr spezielle Studentin im zweiten Studienjahr kennen", lud Barbara ihn ein.
    Der Mann lächelte schüchtern und drängte in den Raum. Er war ein paar Jahne älter als Barbara, die ich auf ungefähr fünfunddreißig schätzte. Sein gepflegter brauner Bart hatte zahlreiche weiße Strähnen, und sein Gesicht war faltig. Er schaffte es, auszusehen, als sei er mit sich zufrieden.
    Als Barbara uns einander vorstellte (sein voller Name war Dr. Stanley Haskell), hatte ich deutlich den Eindruck, die beiden seien ein Paar. Sie teilten die Ungezwungenheit, die aus Intimität und langer Vertrautheit entsteht; Barbara schien nicht im mindesten beunruhigt, als sein Blick an mir klebenblieb.
    Sie wollten offenbar zusammen zu Mittag essen. Ich dankte Barbara rasch für ihre Zeit und sammelte meine Unterlagen ein. Da Dr. Haskell mich in Chaucer unterrichten würde (montags, mittwochs und freitags acht Uhr), sagte ich ihm, ich würde ihn im Kurs sehen und machte einen Abgang, mit den Absätzen klackernd wieder die Treppe hinunter.
    Als ich den Chevy vorsichtig aus det Parklücke fuhr, sah ich die beiden Englischprofessoren an einer Ampel am Rande des Campus. Sie lachten. Die Sonne schien. Ich grinste debil vor mich hin. Ah, Liebe!
    Mimis enge Zufahrt verlief bis zur Rückseite des Hauses, wo sie in einem weiten Vorplatz mündete und damit Platz zum Wenden schaffte; aber sie hatte mich gebeten, das Auto vor dem Haus stehenzulassen, weil sie es benutzen wollte. Ich parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite und stieg die Treppe zum Vorgarten hinauf. Dann noch mehr Treppen bis zu der ausladenden Veranda, die sich an drei Seiten um das Haus zog.
    Leicht keuchend von der Hitze und den Treppen und schwitzend wie ein Schwein stieß ich die Vordertür auf, das dümmliche Grinsen immer noch im Gesicht — und da stand Cully.
    ... ich war wieder vierzehn. Ein großer, schlanker, schwarzhaariger Junge, ein hochmütiger Oberstufenschüler, schlüpfte auf den Stuhl meinem gegenüber am Eßtisch der Houghtons. Haselnußbraune Augen taxierten und verwarfen mich.
    „Das ist Mimis Bruder Cully", hatte Elaine Houghton stolz erklärt. Mimi trat nach mir, weil ich wie ein Trottel starrte. Mir wurde schlagartig schlecht, erfaßt von der ersten Liebe, und diese hellbrauner Augen mit den kleinen grünen Sprenkeln waren völlig abweisend, wenn sie auf mir ruhten .,.
    Mimi war nicht im Wohnzimmer, um mich jetzt zu treten, also tat ich es selbst - geistig, natürlich. Cullys Augen waren jetzt genauso cool, auch wenn sich der Rest ein bißchen verändert hatte. Er war immer noch sehr groß und zu schlank, aber einige graue Strähnen durchsetzten das schwarze Haupthaar und den Bart. Er hatte ein paar Fältchen in den Augenwinkeln. Seine Wangenknochen und die gekrümmte Nase ragten ein bißchen schärfer hervor; die Falten von der Nase zum Mund waren tiefer.
    „Hallo Nickie", sagte er ruhig,
    „Hi", sagte ich und schleuderte mein Notizbuch auf eines der Sofas. „Wo ist Mimi?" Charme und Grazie, das bin ich.
    „Sie und Alicia Merrit sind in der Küche und planen die Party."
    „Alicia! Welche Party?"
    „Deine Party", sagte er und entspannte sich genug, um schwach zu lächeln.
    Das fand ich dann doch interessant. Cully war sehr angespannt gewesen.
    „Mimi hat beschlossen, gleichzeitig deine Ankunft und die Einweihungsparty zu feiern", fuhr er fort.
    Einen Augenblick lang herrschte unbehagliche Stille zwischen uns.
    „Übrigens ..." Er zögerte unbehaglich lange, und ich starrte ihn an. Cully wußte immer, was er sagen wollte. „Ich bin sicher, hierher zurückzukommen hat einfach gut in deine Pläne gepaßt, aber ich bin froh, daß du tatsächlich wieder in der Stadt und bei Mimi eingezogen bist", endete er.
    Sicherlich nicht um meiner beaux yeux willen.
    Subtext, Subtext ... Cully hatte während unserer gesamten Bekanntschaft nie etwas unverstellt zu mir gesagt. Ich bin sicher, du bist aus deinen eigenen, zweifellos eigennützigen Gtünden nach Knolls zurückgekehrt, aber ich bin auch froh darüber, weil meine Schwester es so wollte und brauchte.
    Eines mußte ich Cully zugute halten — er hatte Mimi immer vergöttert, und dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit. Cully schien auf irgend etwas hinauszuwollen. Aber ich würde nicht anbeißen.
    Die Dinge waren nie einfach zwischen uns gewesen.
    „Ich bin auch froh", sagte ich knapp. „Wann und wo wird die Party denn stattfinden?"
    „Freitag abend, hier. Ich werde

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