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Stummer Zorn

Stummer Zorn

Titel: Stummer Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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zukünftiges Schlafzimmer einrichten würde — das große, dem Hausflur gegenüberliegende im Erdgeschoß. Es war schwer, es sich leer vorzustellen.
    Wenn Mimi und ich über Nacht bei Großmutter Celeste geblieben waren, hatten wir immer das Schlafzimmer gegenüber dem Flur benutzt. Wir hatten in einem wunderbaren Himmelbett geschlafen. Jede Nacht, in der wir in dieses Bett krochen, hatten wir uns wie Prinzessinnen gefühlt; sicher, schon und zu ewigem Ruhm bestimmt. Im Sommer hatten wir den Ventilator angeknipst und ihm beim Kreisen an der Decke zugeschaut. Im Winter hatte es eine wunderschöne alte handgenähte Steppdecke gegeben, die Celestes Mutter gemacht hatte ... selbst als wir älter wurden, hatten wir immer noch das gleiche empfunden.
    All die Jahre und Jahreszeiten.
    Mimi und ich hatten uns kennengelernt, als wir vierzehn Jahre alt waren - in Miss Beachams Bildungsanstalt Pur Mädchen und Jungen in Memphis als entsetzte Zimmergenossinnen zusammengewürfelt. Ich kam aus einer Kleinstadt im nördlichen Mississippi. Laut unserem Jahrbuch „stammte" Mimi aus Knolls, Tennessee, östlich von Memphis. Sie war auf den Namen Miriam Celeste Houghton getauft, was ich für wunderschön und romantisch hielt. Ich mochte meinen eigenen Namen, Nichola Lynn Callahan, nicht; ich fand, er klang, als hätten sich meine Eltern einen Sohn gewünscht.
    Mimi Houghton stammte aus besseren Kreisen. In Knolls gab es eine Houghton Street, eine Houghton-Bibliothek und natürlich das Houghton College. Glücklicherweise wußte ich davon nichts, bis Mimi und ich schon enge Freundinnen geworden waren.
    Mimi war zu Miss Beachams gekommen, weil ihre Mutter dort zur Schule gegangen war. Mich hatte mein Vater hingeschickt, der mich von meiner Mutter fernhalten wollte, die zur Alkoholikerin wurde.
    Ich weiß nicht, ob Vater gut daran getan hatte, mich wegzuschicken oder nicht. Der Alkoholkonsum meiner Mutter verschlimmerte sich, nachdem ich von zu Hause weggegangen war, als hätte meine Anwesenheit ihn in Grenzen gehalten. Aber ich gehe davon aus, daß er mit der Zeit ohnehin zugenommen hätte. Ich versuche, Vater im Nachhinein nicht zu kritisieren. Er wollte mich vor dem Abscheulichen bewahren. Überdies wogen die Kämpfe zwischen Mutter und mir schwerer als seine Freude über meine Anwesenheit, wenn ich zu Hause war. Et konnte nicht verstehen, daß die erbitterten Szenen sich nicht deshalb abspielten, weil ich meine Mutter nicht liebte, sondern gerade weil ich es tat.
    Ich nehme an, Mimi hatte ihren Eltern, Elaine und Don, meine Situation geschildert. Ich war immer bei ihnen willkommen.
    Während sich mein Zu Hause allmählich in einen zu fürchtenden Ort verwandelte, ein verfluchtes Haus, sah ich meine Eltern in jeden kurzen Ferien nur noch ein paar Tage, höchstens ein paar Wochen in den langen Sommerferien. Nach meinen Pflichtbesuchen daheim fuhr mich mein Vater dann immer zu Mimi. Am Anfang standen wir einander auf diesen Fahrten sehr nahe; aber mit fortschreitender Zeit legte sich eine Stille zwischen uns. Wir konnten nicht über das reden, was uns bewegte. Er fürchtete sich vor dem, was ihn erwarten würde, wenn er heimkam. Die Zeit, die er in seiner Anwaltskanzlei verbrachte, wurde immer länger. Er wurde reich und viel zu beschäftigt. Vielleicht ahnte et, in welcher Verfassung sein Herz war, jedenfalls erwähnte er es mir oder meiner Mutter gegenüber nie. Abgesehen davon, daß er ein Testament machte, traf er keinerlei Vorkehrungen für die Katastrophe.
    Als ich in der zwölften Klasse bei Miss Beachams war, starb mein Vater im Büro an einem Herzinfarkt. Sechs Monate später heiratete meine Mutter erneut. Die Tragödien folgten zu schnell aufeinander. Ich konnte über Jahre hinweg keine von beiden verkraften.
    Ich kam noch einmal nach Hause, nachdem meine Mutter wieder geheiratet hatte. Ich hoffte, sie würde mich trotz ihres neuen Ehemannes, Jay Chalmers, brauchen. An meinem zweiten Tag zu Hause ging meine Mutter aus, um an einer Veranstaltung des Bridgeclubs teilzunehmen. Gott sei Dank hatte der Erbauer das Haus mit stabilen Türen und Schlössern ausgestattet. Ich mußte zwei Stunden im Badezimmer ausharren, ehe Jay das Bewußtsein verlor. (Er trank auch.) Es waren hauptsächlich Obszönitäten und ein unbeholfener Versuch, mich zu küssen; das von einem älteren Mann genügte allerdings völlig, um einer Siebzehnjährigen Angst einzujagen. Obwohl es ihm nicht gelungen war, auch nur einen Finger an mich zu legen, fühlte ich

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