Stummer Zorn
Extraklapsen auf die Schulter, am kaum metkbaren Nicken der Frauen untereinander ablesen. Allerdings erfuhr meine Reinwaschung weniger Aufmerksamkeit als meine Aburteilung, denn diese Hochzeit fand in einem viel kleineren Rahmen statt.
Sie wurde im Wohnzimmer von Celestes großem Haus „feierlich begangen".
Da Mimi, die jegliche Begleiter ausgeschlagen hatte, allein die Stufen hinabstieg, saß ich bei Celeste. Wir lenkten uns von unserer Angst um Mimi (wir mochten Richard nicht, wie wir nach kurzer Unterredung beschlossen hatten) ab, indem wir Wetten darüber abschlossen, wie lange die Ehe halten würde. Celeste wettete, Richard würde in den ersten beiden Jahren irgend etwas Unverzeihliches tun. Ich setzte auf Mimis Stolz und gab dem Ganzen drei Jahre.
Die Ehe hielt fast vier Jahre, und als Richard nach Albuquerque abzog, schuldete mir Celeste posthum fünf Dollar.
Als Kind hatte ich mir immer vorgestellt, der Flughafen von Mem phis sähe aus wie in Beton gegossene Champagnergläser.
Ich dachte noch immer so darüber, auch wenn mir Champagnergläser mittlerweile weitaus vertrauter waren.
Es war sehr angenehm, wieder dort zu sein und ein Vergnügen, Mimi warten zu sehen, als ich aus dem Gate kam. Wir umarmten einander mit einer unverfälschten Freude, die ich fast vergessen hatte.
Als ich aus dem Terminal trat, wußte ich, daß ich zu Hause war. In New York hatte es Herbstfarben gegeben. In Memphis war es höllisch heiß, Hochsommer. Ich begann zu schwitzen, als wir mein Gepäck in den Kofferraum von Mimis Chevy luden. Der Schweiß wurde zum Zeichen des Heimkommens. Ich nahm einen tiefen Lungenzug der schweren, feuchten Luft, die mir wie ein durchnässter Body an der Haut klebte.
Nach dem anfänglichen Gegacker, mehreren Umarmungen und Erkundigungen nach meiner Reise waren Mimi und ich im Umgang miteinander ein bißchen scheu. Um die unvermeidliche Phase zu überwinden, die wir btauchten, um uns an die gegenseitige Anwesenheit zu gewöhnen, erzählte mir Mimi, was sich in Memphis alles verändert hatte. Das Peabody-Hotel war wiedereröffnet worden. Die Bevölkerungszahl war gestiegen. Die Kriminalitätsrate in die Höhe geschnellt. Durch den Tod Elvis Presleys wat Whitehaven, der Vorort, in dem Graceland lag, verkehrsmäßig zu einem Alptraum und zur Touristenfalle geworden. Aber Memphis lag uns seit unserer Zeit in Miss Beachams am Herzen.
„Was ist mit Knolls?" fragte ich. „Wie viele Seven-Elevens bis jetzt?"
„Einen echten und zwei Imitate. Quickie Snackic Pickies, Stomp'n Grabs oder irgend solche Greuel", sagte Mimi traurig. „Dazu ein
Burger King, ein Hardee's und zwei McDonald's - ich schätze, wegen des Colleges. Sie dürfen aber nicht zu nah an den Campus", sagte sie mit deutlichem Triumph. "Alles drum herum mehrere Blocks weit ausschließlich Wohngebiet. Raumplanung, Mensch! Unter Dach und Fach!"
Einen Raumordnungsplan für Knolls durchzusetzen war Mimis jüngster Kampf gewesen. Niemand hatte es je zuvor für nötig befunden.
„Für Studenten ohne Auto vielleicht ein bißchen umständlich", gab ich mit unbewegter Miene zurück.
„Pech gehabt", sagte Mimi ungerührt, während sie ihre Autobahnauffahrt genau im Auge behielt. Sie hatte allen Grund dazu: Die Leute aus Memphis neigen dazu, einen sehr eigenwilligen Fahrstil in den Tag zu legen.
Sie ging näher auf den Kampf um den Raumordnungsplan ein, als wir sicher in Richtung Osten steuerten. Der ganze Trubel begann - der Fehdehandschuh wurde sozusagen geworfen -, als Mimi herausfand, daß ein Restaurantbesitzer im Begriff war, eines der wenigen heruntergekommenen Häuser in der Nähe des Houghton Colleges zu kaufen, in der niederträchtigen Absicht, es zu einer Studentenkneipe zu machen.
„Mit angeschlossener Spielhalle", erzählte mir Mimi grimmig.
Als ich lachte, starrte sie mich entrüstet an, ehe sie selbst zu lachen begann. In diesem Moment fühlte ich mich, als seien wir nie getrennt gewesen.
Mimi ist eine Art Mischling, wie viele junge Frauen aus dem Süden. Wie ich. Sie ist zum Teil wohlerzogen-elitär, obwohl sie sich sehr anstrengt, es nicht zu sein, aber auch Partisanin, die leidenschaftlich daran glaubt, Frauen seien Männern in den meisten Angelegenheiten ebenbürtig (oder sogar überlegen). Der Konflikt und die Kombination dieser beiden Seiten Mimis haben eine unberechenbare Frau hervorgebracht. Ich wußte nie, welche Hälfte bei einer inneren Auseinandersetzung der beiden letztlich am längeren Hebel sitzen würde. Ich
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