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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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wisperte direkt in sein Ohr: „Keiner hat etwas gesehen. Das weiß ich ganz sicher. Ich kann mich nachts fast genauso leise bewegen wie Clellendol. Wir haben eine Zeitlang gemeinsam trainiert, und ich habe ihm viel abgeschaut.“
    „Hat er auch etwas von dir gelernt?“ fragte Meure ebenso leise.
    „Das eine oder andere. Aber wie man es anstellt, aus den Geräuschen der Gegenwart den Ton der Vergangenheit herauszuhören, das hat er nicht gelernt. Dazu gehört mehr als die Fähigkeit zu nächtlichem Stehlen und Herumschleichen.“
    „Wie ist es mit Cretus?“
    „Auch Cretus hat diese Fähigkeit jetzt nicht mehr. Er kann nur noch seine eigene Vergangenheit sehen. Aber ich werde aus ihm die Wahrheit herauslesen, nach der wir so lange gesucht haben … Und was unser kleines … äh … Abenteuer betrifft, so brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen.“ Sie stieß ihn leicht mit der Hüfte an. „In dem Alterszyklus, in dem Clellendol und ich uns befinden, gibt es so etwas wie Eifersucht noch nicht. Und was Clellendols Verhältnis zu mir betrifft …“ Sie unterbrach sich, vielleicht fand sie nicht das passende Wort, vielleicht mochte sie es auch nicht aussprechen. Dann straffte sie sich, und ihre Stimme nahm wieder den sachlichen Klang an, den Meure von ihr gewohnt war: „Es interessiert ihn nicht, was ich tue und mit wem ich es tue. Das wirst du wahrscheinlich längst selbst gemerkt haben.“
    „Ja, das habe ich.“
    „Bedenke bitte, daß Morgin seine Blüte lange hinter sich gelassen hat und daß Halander ein Mondkalb ist …“
    Meure unterbrach sie: „… und daß ich Cretus habe.“
    „Das ist wahr. Aber du darfst nicht denken, daß das der einzige Grund war. Wenn du es willst, kann ich dich von Cretus befreien – hast du das gewußt?“
    „Wie willst du das fertigbringen?“
    „Es gibt Methoden, die sich auf solche Existenzzustände anwenden lassen. Das gehört zu meiner Ausbildung. Wir hatten schon vorher die Theorie aufgestellt, daß es hier ein Wesen wie ihn geben müsse, darum haben wir versucht, seine Person aus dem zu rekonstruieren, was wir über diese Welt wußten, sowie aus den Gerüchten, die von hier durch das Weltall zu uns gedrungen sind … Danach haben wir dann ein Verfahren erdacht, mit dem man seine Person isolieren und aufbewahren könnte.“
    Ihre Theorien erheiterten Meure. Er kicherte. „Jetzt habt ihr euch wegen Cretus all die Arbeit gemacht … und du kommst nicht an ihn ran. Und er nicht an dich.“
    Flerdistar brachte ihren Mund wieder dicht an sein Ohr und sagte kalt: „Wir haben einen Fehler gemacht. Es ist uns nicht gelungen, seine Person als Gesamtheit, als ungespaltene Identität in die Hände zu bekommen. Wir kannten Cretus eben nicht wirklich. Aber mir kann es immer noch gelingen.“
    Meure schüttelte den Kopf. „Euer Irrtum ist viel schwerwiegender. Cretus ist machtlos. Er ist in seiner Zeit ein Machtfaktor gewesen, aber jetzt ist er nur ein Mann aus der Vergangenheit. Ich bin das Opfer eines einzigartigen, schrecklichen Vorgangs geworden, aber so habe ich erfahren, daß Cretus nicht die elementare Kraft ist, für die ihr ihn haltet. Es gibt da eine andere Wesenheit, die seit Tausenden von Jahren über diesen Planeten herrscht …“
    Sie schnitt ihm das Wort ab: „Das weiß ich. Ich habe das Ding über dem Wasser gesehen, und ich glaube nicht, daß es dir in der gleichen Gestalt erschienen ist wie mir. Ich sehe vieles besser als du, und ich kann Cretus in dir spüren, so gut er sich auch verbergen mag. Du bist von seinen Vibrationen umgeben.
    Viele Geschehnisse der Vergangenheit versinken sofort in Vergessenheit. Wenn du nur begreifen könntest, wie unbedeutend die meisten Menschenleben sind. Millionen von ihnen erstehen und vergehen und sind doch zusammen nichts weiter als ein schwaches Geräusch im Hintergrund. Aber einige sind darunter, die ragen aus dem Strom der Zeit heraus. Einen Teil dieser Personen können wir identifizieren, wir können sie den Namen zuordnen, die uns aus der Geschichte bekannt sind. Oft aber haben sie den Gang der Geschichte auf eine völlig andere Weise beeinflußt, als es uns aus den Geschichtsbüchern bekannt ist. Es gibt auch andere … von denen haben wir keine Spur, keinen Namen, keine Berichte; wir wissen nur, daß es sie gegeben hat und daß sie den Lauf der Zeit beeinflußt haben. Zum Beispiel hat es – kurz vor der Erschaffung der Ler – einen Menschen gegeben, der den gesamten Verlauf der Menschheitsgeschichte in

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