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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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ihm die Zornestränen aus den Augenwinkeln. Er wollte die Kerle eigenhändig abschlachten, bis hin zu Stengl. Dieser psychopathische Wichser, der ihre Familie ermordet, Tam als Spielzeug missbraucht und sie schutzlos sich selbst überlassen hatte, als sie ein trauerndes Kind gewesen war.
    Genauso wie er.
    Er war immer so stolz auf sich gewesen, weil er seine Vergangenheit komplett abgehakt und sich so wenig von ihr hatte beeinflussen lassen. Doch in den Tagen, die er mit Tam verbracht hatte, war der Schorf weggerissen worden, und darunter war eine schwärende Wunde zum Vorschein gekommen, von der er nichts geahnt hatte. Er hatte den Schmerz nie gespürt, doch er spürte ihn jetzt. Oh ja, und wie er ihn spürte. Um ihretwillen, nicht um seinetwillen, aber das spielte kaum eine Rolle. Es war derselbe höllische Schmerz.
    Sex mit ihr war mit nichts zu vergleichen, was er je erlebt hatte. Er war ein Meister der Technik, ein Verführungskünstler, aber Tam entlarvte seine Technik als exakt das, was sie war: Blendwerk, Taschenspielertricks. Vergessen und verflüchtigt in der heiß glühenden, überwältigenden Intensität, die sie von ihm forderte.
    Allein schon der Gedanke erregte ihn. Sein Schwanz war hart. Ihre langen Haare flogen und peitschten ihnen in die Gesichter, als sie sich auf der Vespa gegen den Wind stemmten. Regentropfen prasselten auf sie ein. Tams Arme lagen zaghaft um seinen Oberkörper, so als scheute sie davor zurück, ihn zu berühren.
    Sie lehnte sich nach vorn und rief ihm ins Ohr: »Wohin fahren wir eigentlich?«
    Val zuckte mit den Achseln. »Woher soll ich das wissen?« Der Fahrtwind zerrte ihm die gebrüllten Worte aus dem Mundwinkel. »Ich bin für jeden brillanten Vorschlag offen.«
    Das ließ sie verstummen. Bedrohliche Wolken wälzten sich schwerfällig über den Himmel. Der Regen wurde zunehmend stärker.
    Sie entdeckten das rostige, dem Anschein nach von Schusslöchern durchsiebte Metallschild beide im selben Moment. Es warb für einen agriturismo , einen Bauernhof, wo einheimische Produkte verkauft und oft auch Zimmer vermietet wurden. Le Cinque Querce . Die fünf Eichen. In 5,2 Kilometern. Tam zeigte auf das Schild.
    Val nickte und steuerte die Vespa auf eine schmale, unbefestigte Straße, die von den überhängenden Zweigen der Bäume überdacht war und seitlich zu einer tiefen, dornigen Schlucht hin abfiel.
    Holpernd folgten sie der Schotterpiste, dabei orientierten sie sich bei jeder Abzweigung zu den verschiedenen Obstplantagen an windschiefen, handgeschriebenen Hinweisschildern, bis sie in eine Zufahrt einbogen, die nur im weitesten Sinne des Wortes diese Bezeichnung verdiente. Es war vielmehr ein eineinhalb Kilometer langer, gewundener, steiniger Feldweg, der durch einen Olivenhain führte, unter den sich hin und wieder ein Feigen-, Zitronen- oder Orangenbaum mischte.
    Das Gebäude war ein uraltes Bauernhaus, dessen fleckigen lachsfarbenen Anstrich das Wetter im Lauf der Jahrhunderte mit gelben und grauen Schlieren marmoriert hatte. Des Weiteren gab es eine bescheidene fattoria und das strenge Aroma von Tierdung. Schafe, Ziegen und Hühner liefen überall frei herum. Der süße Geruch der Regentropfen, die auf den staubigen Untergrund trafen, kitzelte Val in der Nase. Er roch Pinien und die duftenden Kräuter, die an der bröckelnden Steinmauer am Rande der Zufahrt wucherten. Der gepflasterte Bereich vor dem Haus war mit landwirtschaftlichem Gerät, Ölpfützen und schrottreifen Autos übersät.
    Als Hotel wirkte es nicht sehr einladend.
    Sie wechselten einen zweifelnden Blick, als knarrend eine Tür aufging. Eine Frau kam heraus, breit wie ein Kühlschrank, mit dicken, geschwollenen Beinen. Mit ihrem strähnigen, grau melierten Dutt, den Muttermalen auf den Wangen, aus denen borstige Haarbüschel sprossen, ihrem knöchellangen schwarzen Kleid, der blutverschmierten Schürze und dem schweren Kruzifix sah sie aus wie eine Figur aus einem anderen Jahrhundert. In ihrer Hand baumelte ein totes Huhn.
    » Si? «, fragte sie in einem Tonfall tiefsten Argwohns.
    »Ist dies der agriturismo ›Fünf Eichen‹?« Val blickte sich um und schien Ausschau nach den Eichen zu halten. Es waren keine zu sehen. Der Regen fiel mit jeder Sekunde stärker, ihre Jacken klebten schon an den Schultern, die Haare im Gesicht.
    » Si «, bestätigte die Frau zögerlich. Ihr düsterer Blick verharrte auf der Handschelle, die an seiner blutigen Hand hing.
    »Haben Sie ein freies Doppelzimmer?«
    Die Frau

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