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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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grunzte, die zusammengekniffenen Augen lagen tief in ihren Höhlen. »Das müsste ich erst saubermachen«, sagte sie mit vorgestrecktem Kinn. »Da hat schon Jahre keiner mehr drin geschlafen. Sie müssen warten, bis es sauber ist.«
    Val sah hoch zu dem strömenden Regen. »Wie lange würde das dauern?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ein paar Stunden.«
    Stunden? Gott sei mit ihnen. »Es stört uns nicht, wenn es nicht gereinigt ist«, beschwor Val sie. »Bitte, Signora, machen Sie sich keine Mühe.«
    Sie grunzte wieder, verdrehte die Augen und forderte sie mit einem Rucken ihres bärtigen Kinns auf, ihr zu folgen.
    Sie umrundeten das Gebäude. Üppiges Unkraut wucherte um die Pflastersteine, am Weg lagen verwehte tote Blätter und verrottete Segeltuchsäcke mit nicht zu identifizierendem Inhalt. An der Rückseite des Gebäudes mit nur wenigen Fenstern befand sich ein Hühnerauslauf, ein brachliegender, verwilderter Garten sowie eine verzogene alte Holztür mit schweren, verrosteten Scharnieren, die aus dem Mittelalter zu stammen schienen. Die Tür reichte Val gerade bis zur Schulter.
    Die Signora wischte sich ihre Hände mit dem Hühnerblut an der Schürze ab und zog an der Tür. Mit lautem Protestgestöhn der rostigen Angeln und des krummen Holzes öffnete sich die niedrige Tür. Uralter Putz rieselte herab. Es gab keine Schlösser, nur Riegel. Die Frau ging ihnen voran in ein überwölbtes Zimmer und öffnete zwei Fensterläden. Der Geruch nach Moder war überwältigend. Winzige transparente Skorpione jagten einander panisch über das Fensterbrett, alarmiert wegen des plötzlichen Lichteinfalls. Ein Fensterladen hing schief an einem kaputten Scharnier.
    In der Ecke stand ein durchhängendes schmiedeeisernes Himmelbett, dessen Kopfende mit einer schwermütigen Interpretation der Madonna Addolorata bemalt war. Das Antlitz der Muttergottes war bleich und kummervoll, unter ihren weinenden Augen prangten dunkle, geschwollene Tränensäcke. In schwarze Spitze gehüllt, blickte sie zum Himmel empor und betrauerte ihren gekreuzigten Sohn. Die anderen drei Wände waren von einem bizarren Durcheinander unterschiedlicher Kommoden mit Marmorplatten und von Termiten zerfressenen Anrichten gesäumt. Es gab einen alten, klapprigen Tisch und zwei nicht zueinander passende Klappstühle aus Holz. Natürlich weder einen Fernseher noch ein Telefon. Val zog Hegels Handy heraus. Kein Netzempfang.
    » Questo e’tutto «, erklärte die Frau mit tragender Stimme. Das ist alles.
    Val schaute zu Tam. Sie zuckte die Schultern. »Ich habe schon an schlimmeren Orten geschlafen.«
    Er wandte sich wieder der Signora zu. » Va bene «, sagte er. »Können wir bei Ihnen etwas zu essen bekommen?«
    »Sie können um acht zusammen mit der Familie essen«, antwortete die Frau.
    Val bemerkte das Aufflackern nackter Panik in Tams Augen und setzte sein charmantestes Lächeln auf. »Könnten wir vielleicht eine Kleinigkeit auf dem Zimmer essen? Uns reicht einfache Kost. Haben Sie Brot und Käse? Etwas Wein?«
    Die Signora gab ein verschleimtes Räuspern der Missbilligung von sich. »Ich werde Ihnen was bringen.« Sie gestikulierte mit dem Huhn so nachdrücklich zu einem alten Kleiderschrank, dass der tote Vogel Federn ließ, die auf den rissigen Fliesenboden hinabschwebten. »Da sind noch mehr Decken und Kissen. Das Essen bringe ich Ihnen später. Ich bin übrigens Signora Concetta.«
    Mit dieser Bemerkung stapfte sie davon, ließ die Tür jedoch offen stehen. Der Wind trieb Regentropfen und den Geruch von Schafsmist ins Zimmer. Die frische, feuchte, bewegte Luft war ihnen mehr als willkommen in dem modrigen Halbdunkel des Zimmers.
    Sie sahen sich einen langen Moment an.
    »Tja«, meinte Tam. »Ich bezweifle, dass uns hier irgendjemand suchen wird.« Sie stellte ihre Handtasche und den Schmuckkoffer ab, dann öffnete sie eine kleine Tür und spähte in einen Raum, der sich als winziges Badezimmer mit braun angelaufenen Porzellanarmaturen entpuppte, die mehr als hundert Jahre auf dem Buckel haben mussten. »Zumindest gibt es hier Handtücher«, bemerkte sie. »Wer braucht schon Toilettenpapier?«
    Tams Versuch, die Situation leicht zu nehmen, machte die Dinge nur schlimmer. Val sank aufs Bett und wirbelte dabei eine Staubwolke auf, die in dem zur Tür hereinfallenden Licht auf und ab tanzte. Er starrte Tam an. Sie starrte zurück. Durch das dichte Laub vor dem winzigen Fenster erschien das Licht im Inneren in einem düsteren, unheimlichen Grün.
    Starke

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