Stunde der Vergeltung (German Edition)
Chance, Val! Um Imre zu retten! Hör mir gottverdammt noch mal zu!«
Schwer atmend starrte Val sie an. Er kämpfte mit dem übermächtigen Instinkt, seine Tat zu vollenden. In seinen Augen lag ein gequälter Ausdruck der Verwirrung.
»Töte ihn nicht.« Tam artikulierte die Worte überdeutlich. »Noch nicht. Benutze ihn zuerst, du verdammter Vollidiot! Was glaubst du, warum er nicht längst tot ist? Was denkst du, warum ich überhaupt mit diesem Psychopathen nackt im Bett lag? Meinst du, ich ziehe solche Nummern ab, weil sie meiner Gesundheit dienen?«
Val betrachtete den bewusstlosen Mann. Seine riesigen Fäuste zitterten. »Novak?«, wiederholte er hilflos. Mehr konnte sein Hirn nicht erfassen.
»Georg hat vor, Novak zu eliminieren. Bald schon! Das können wir uns zunutze machen. Ich bleibe bei Georg und gebe dir Bescheid, sobald er … «
»Nein.« Val krallte die Finger um ihren Unterarm. »Du wirst nicht hierbleiben.«
»Beruhige dich, Janos«, beschwichtigte sie ihn. »Denke wie ein Profi und nutze die Situation zu deinem Vorteil. Benimm dich nicht wie ein Kind. Auf diese Weise kann ich dir Informationen beschaffen … «
» Nein . Sei still und zieh dich verdammt noch mal an.« Die Kälte in seiner Stimme ließ sie zurückprallen. Tam starrte in sein hartes Gesicht. Sie fühlte sich, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst. Sie kannte diesen abschätzigen Blick, mit dem er sie von sich wegstieß und der sie eine Hure nannte.
Sie hatte nicht mal Sex gehabt mit dieser widerlichen Kröte, trotzdem würde sie den Preis zahlen müssen, nur weil sie gewillt gewesen war, es zu tun. Und zwar für Imre. Gott, was war sie für eine verdammte Närrin.
Na gut. Scheiß auf ihn. Scheiß auf sie alle.
Tam stand langsam auf, wobei sie ihren nackten Körper bewusst zur Schau stellte, und schlüpfte in die Klamotten, die sie auf Georgs Befehl hin ausgezogen hatte. Sie nahm seine Automatikpistole samt Holster von der Kommode und checkte das Magazin. Voll – fünfzehn Schüsse. Besser als nichts. Sie steckte sie in ihre Handtasche.
Sobald sie wieder vorzeigbar war und sich ihren Schmuckkoffer sowie die Handtasche geschnappt hatte, schob Val sie aus dem Zimmer. Drei Männer lagen, alle viere von sich gestreckt, draußen im Flur. Sie waren bewusstlos. Val schleifte sie ins Zimmer hinein und türmte sie zu einem blutenden Haufen auf.
Er zog Tam ins Treppenhaus, dann rannten sie eilig nach unten. Im Erdgeschoss huschten sie durch eine Tür, die in eine Seitengasse führte. Eine kleine blaue Vespa stand davor. Val schwang das Bein darüber und wartete, bis Tam hinter ihm aufsaß. Mit den Augen forderte er sie heraus, einen spitzen Kommentar abzugeben.
Tam hatte Mühe, nicht zu lachen. Nach all dem Blut, all dem Drama eine himmelblaue Vespa? Es war eine krasse Kehrtwendung, nun wie zwei dreizehnjährige innamorati auf der Suche nach einem Platz zum Knutschen mit einem Motorroller durch die Hügel von San Vito zu brettern.
Doch beim Anblick von Vals Gewittermiene blieb ihr das Lachen im Hals stecken.
András verbarg den Dietrich in seiner großen Hand, während er sich über das Schloss der Hotelzimmertür beugte. Die antiken Schlösser des alten Hotels waren absurd einfach zu knacken.
Er war gerade erst in San Vito angekommen. Der alte Novak war allmählich nervös geworden, was nicht überraschte, und hatte András ausgesandt, um die Situation zu überprüfen. Als Erstes würde er ein offenes Gespräch mit Ferenc führen, ihrem Spitzel in Georg Lukschs Reihen. Die Brauchbarkeit des Mannes ließ trotz der großzügigen Summen, die sie ihm zahlten, allmählich nach. Die blutige Lieferung von Jakab in der Pappschachtel hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Es würde schon bald Zeit werden, Ferenc einer anderen Bestimmung zuzuführen, aber noch war es nicht so weit.
Als die Tür aufschwang, sprang der Mann, der mit einem Eisbeutel im Gesicht ausgestreckt auf dem Bett lag, erschrocken auf. Sein Gesicht war grotesk grün und blau geschlagen und geschwollen. Seine geröteten Augen weiteten sich.
»Oh, Scheiße«, stöhnte er. »Nein, du bist es.«
»Ja, ich«, bestätigte András und schlenderte ins Zimmer.
»Du bist verrückt, dich hier blicken zu lassen!«, flüsterte Ferenc heiser. »Stell dir vor, ich wäre nicht allein gewesen! Die anderen könnten jede Sekunde zurückkommen! Hast du auch nur die geringste Ahnung, was passieren würde, sollte Luksch herausfinden, dass ich derjenige bin, der … «
»Aber das
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