Sturm der Herzen
jeder von ihnen war sich der verstreichenden Sekunden bewusst.
Dann löste sich ein Schuss, und einer von ihnen sackte zu Boden. Mit einem Fluch warf der Überlebende die Waffe weg und floh in die Nacht.
Marcus war gerade dabei, sich in den Sattel zu schwingen, als ein Schuss die Nacht zerriss. Er drehte sich auf dem Absatz um und starrte in Richtung der Ställe. Furcht, wie er sie nie zuvor erlebt hatte, krampfte ihm die Brust zusammen. Rasch saß er ganz auf und trieb sein Pferd zu einem wilden Galopp an, er legte die knappe Viertelmeile zwischen Haus und Ställen in Rekordzeit zurück.
Er brachte das Tier abrupt zum Stehen, sprang aus dem Sattel, während sein Herz wie wild klopfte. Dann hörte er im Stall Isabels Stimme. Es brannten schon mehrere Laternen in den Schlafquartieren der Stallburschen und verschlafene Gestalten stolperten aus dem Haus. Ohne sich um die Leiche wenige Fuß von seinem schnaubenden Pferd zu kümmern, ohne zu irgendeinem Gedanken außer an Isabel in der Lage zu sein, lief er an seinen Männern vorbei den Gang entlang und folgte der Stimme seiner Frau.
Als er an die Box kam, wo sie immer noch gefesselt lag, riss er die Tür auf und war mit einem Satz an ihrer Seite. Er kniete sich neben sie, zog sie in seine Arme und ließ Küsse auf ihr Gesicht herabregnen.
»Oh, meine Geliebte, mein Lieb«, rief er mit belegter Stimme. »Ich fürchtete schon, ich könnte dich nie wieder halten.«
Er benötigte nur einen Moment, ihre Fesseln zu durchschneiden, und Isabel schlang ihm sogleich die Arme um den Hals, sie schmiegte sich an seinen großen warmen Körper. Sie war endlich in Sicherheit. Marcus hielt sie. Ihre Wange ruhte an seiner Schulter, die Furcht und der Schrecken des Tages verschwanden. Sie war zu Hause. Und Marcus liebte sie.
Marcus stand auf, ohne sie loszulassen, und trug sie, ohne sich weiter um die erstaunten Blicke und erschreckten Ausrufe der neugierigen Diener zu kümmern, wie ein siegreicher Eroberer seine kostbare Beute aus dem Stall.
18
A ls Marcus und Isabel draußen in die kalte Nachtluft traten, wurden sie mit Lauten der Verwunderung und des Erstaunens empfangen. Worley kam mit dem jungen Ellard auf den Fersen herbeigeeilt.
»Sir, was geht hier vor sich?«, wollte Worley besorgt wissen. Mit dem Licht der Laterne in seiner Hand betrachtete er Isabel, beleuchtete ihre von den Anstrengungen gezeichneten Züge, ihr schmutziges, zerknittertes Reitkostüm, die Reste der Fesseln, die noch um ihre Fußknöchel geschlungen waren, und die Strohhalme, die an dem feinen Stoff ihrer Röcke und in ihren Haaren hingen. »Madam«, rief er, »geht es Ihnen gut? Was ist Ihnen zugestoßen?«
Geborgen in den Armen ihres Mannes lächelte Isabel blass und sagte: »Mir geht es gut, Worley. Es war ein aufregender Tag, aber alles ist gut ausgegangen. Machen Sie sich keine Sorgen.«
Der Stallmeister schien nicht wirklich überzeugt, wusste aber wohl, dass er nicht mehr von ihr erfahren würde, und sah deshalb Marcus an. »Sir«, sagte er mit bemerkenswerter Haltung, »dort drüben liegt ein Toter.«
Unfähig, auch nur eine Minute länger zu schweigen, vergaß Ellard sowohl seine Stellung als auch seine Manieren und erklärte aufgeregt: »Es ist der Schmuggler Collard, Sir. Er wurde erschossen.«
Marcus sagte einen Moment lang nichts, dann blickte er Isabel an und fragte leise: »Kannst du in ihm einen deiner Entführer erkennen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß, dass sie zu zweit waren, aber der Angriff kam so überraschend, und sie haben mir eine Decke über den Kopf geworfen, dass ich keinen von beiden gesehen habe. Bevor sie die Decke wegnahmen, hat mir einer von ihnen einen Schlag auf den Hinterkopf gegeben, sodass ich bewusstlos wurde. Als ich wieder zu mir kam, waren mir die Augen verbunden.« Sie seufzte. »Ich könnte ihre Stimmen wiedererkennen, aber sonst … Ich fürchte, mehr kann ich nicht sagen.«
Jedes ihrer Worte traf Marcus wie ein Schlag, er musste sich sehr beherrschen, um seine Wut auf die beiden Männer nicht zu zeigen, die es gewagt hatten, Hand an Isabel zu legen, ja, sie überhaupt nur anzufassen. Der Tod war viel zu gut für Collard, dachte er wild. Er drückte Isabel fester an sich. Sie war in Sicherheit, sagte er sich wieder und wieder. Sie war sicher, das war alles, worauf es ankam.
Alle Rachegedanken beiseiteschiebend wies Marcus Worley an: »Wickeln Sie den Leichnam in eine Decke und schaffen Sie ihn weg. Bei Tagesanbruch schicken Sie
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