Sturm der Herzen
uns die anderen nachtun.«
Eine Weile wirkte Isabel hoffnungsvoll, dann verfinsterte sich ihre Miene wieder. »Es wird nicht klappen. Denk nur an das Gerede!«
»Gerede geht vorüber. Wir können ein bisschen Klatsch schon verkraften.« Langsam verlor er die Geduld mit ihr und ihren Bedenken, schließlich hatte er nur versucht, ihr zu helfen. »Ich weiß nicht, warum du hieraus so eine Tragödie machen musst.«
»Vielleicht weil ich es gar nicht schätze, im Mittelpunkt von Klatsch und Tratsch zu stehen?«
Da hatte sie natürlich recht, und er begann sich zu wünschen, dass er ihr einfach einen verdammten Brief wegen Tempests Nachwuchs geschrieben hätte. Dann säße er in genau dieser Minute gemütlich zu Hause und wäre nie in die hässliche Szene zwischen Isabel und Major Whitley im Wald gestolpert und hätte sich auch nicht genötigt gefühlt einzuschreiten. Warum also hatte er sich eingemischt und auch noch in so dramatischer Weise? Er wusste es eigentlich besser, als sich in Isabels Angelegenheiten verwickeln zu lassen. Dennoch hatte er sich ohne einen Gedanken an die Folgen Hals über Kopf ins Gemenge gestürzt und, noch verwunderlicher, es tat ihm nicht einmal leid. Der Grund für dieses nie da gewesene Verhalten war, dass Isabel seinen Schutz benötigt hatte, und er hatte ihn geliefert.
Er begriff nicht, warum das ein Problem sein sollte. Selbst wenn Whitley es herumerzählte, würde jeder, der sie kannte, die Vorstellung einer Verlobung zwischen ihnen für einen Riesenscherz halten. Warum wollte sie nicht sehen, dass niemand, der noch recht bei Trost war, glauben würde, dass sie heiraten wollten? Gütiger Himmel! Sie hatten in den letzten Jahren kaum miteinander gesprochen. Die ganze Idee war lachhaft!
Spitz sagte er: »Wenn du es nicht abstreiten willst, dann behaupten wir eben, es stimmte; in ein paar Wochen kannst du dann einen Rückzieher machen, sagen, wir passten nicht zusammen oder etwas Ähnliches.«
»Was? Du erwartest, dass ich die bin, die kalte Füße bekommt?«, erkundigte sie sich entrüstet.
»Nun, ich kann ja wohl keinen Rückzieher machen«, wandte er vernünftig ein. »Das wäre schlechter Ton! Alle würden mich für einen Schurken halten.«
»Im Augenblick«, fuhr sie ihn an, »bist du das in meinen Augen auch.«
»Vielen Dank«, antwortete er leicht verbittert. »Ich tue dir einen Gefallen, und das ist der Dank, den ich für meine Mühen erhalte.«
»Wenn du dich erinnern willst«, erklärte sie mit zusammengebissenen Zähnen, »habe ich dich nicht um einen Gefallen gebeten.«
Nur mit Mühe konnte Marcus sich beherrschen. Im Nachhinein war er mit ihr der Meinung, dass sein Mittel, sie vor Whitley zu beschützen, unzureichend durchdacht war und sicherlich auch unerhört; es erstaunte ihn selbst nicht wenig, dass er so überstürzt gehandelt hatte. Das passte überhaupt nicht zu ihm. Aber von diesen Überlegungen war ihm nichts anzusehen. Der Gedanke an Heirat war ihm zuvor nicht gekommen, erst als er jene schicksalhaften Worte ausgesprochen hatte; die Vorstellung, Isabel zu heiraten, überforderte seine Phantasie. Hölle! Irgendeine Frau zu heiraten war für ihn schon schwer vorstellbar, aber ausgerechnet Isabel! Am meisten beunruhigte ihn dabei die Erkenntnis, dass er keinen Gedanken an die Folgen seines Tuns verschwendet hatte, sondern einfach aus dem Bauch heraus gehandelt hatte. Jetzt sieh sich einer an, was ihm das eingebracht hatte.
Wenn er sich die Lage betrachtete, sah Marcus die Probleme und Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben könnten, aber er war zuversichtlich, dass sie die Sache unbeschadet überstehen konnten. Wenn sie einen kühlen Kopf behielten und nichts Dummes taten, wäre alles bald wieder in bester Ordnung.
Plötzlich gähnte vor Marcus ein Abgrund, als ihm einfiel, dass wenn der Major mit einer der Busenfreundinnen und guten Freunde seiner Mutter bekannt war wie beispielsweise Lady Carver, die ehrfurchteinflößende Gemahlin von Viscount Carver oder Squire Bassett und seiner Gattin, dass sie dann nicht ganz ohne Federn zu lassen wieder aus der Sache herauskämen. Ein weiterer unangenehmer Gedanke drängte sich auf. Was, wenn Whitley ein Vertrauter von Garrett Manning, Lord Mannings Neffen war? Wenn Garrett von der Verlobung erfuhr, würde es nicht lange dauern, bis auch Lord Manning davon wusste. Die schreckliche Möglichkeit einer Ehe mit Isabel ragte drohend vor ihm auf, und ein gequälter Ausdruck flog über seine gut geschnittenen Züge, als
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