Sturm der Leidenschaft
unterdrücktes Auflachen den Bann brach und Lady Annes Vorschlag als originellen Scherz erscheinen ließ. »Und wie ist es mit Ihnen, Mister Westland?« wandte sich Lady Gilbert geradezu strahlend an Clayton. »Möchten auch Sie darauf wetten, daß Lady Standfield die künftige Duchess of Claymore wird?«
Claytons Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln. »Mit Sicherheit nicht. Aus höchst zuverlässigen Quellen weiß ich, daß Clayton Westmoreland sich entschlossen hat, eine bezaubernde Brünette zu heiraten, die er in Paris kennengelernt hat.«
Whitney sah, wie Lady Eubank Clayton verstohlen einen durchdringenden Blick zuwarf, dachte dann aber nicht weiter darüber nach, weil gleich darauf jemand bemerkte: »Zwischen Ihren Namen gibt es eine bemerkenswerte Ähnlichkeit, Mister Westland. Sind Sie vielleicht irgendwie mit dem Herzog verwandt?«
»Wir stehen uns näher als Brüder«, erwiderte Clayton prompt und lachte so breit, daß jedermann das für einen guten Witz hielt. Danach wandte sich die Unterhaltung den Besitztümern des Herzogs zu, seinen Ländereien, Pferden und berühmten Reitställen, um dann unvermeidlich wieder zu seinen Eroberungen zurückzukehren.
Clayton betrachtete seine künftige Frau und sah, daß sie ein Gähnen unterdrückte. »Sind Sie an der künftigen Herzogin von Claymore denn überhaupt nicht interessiert, Mylady?« erkundigte er sich scherzend.
Whitney merkte, daß er sie beim Gähnen ertappt hatte, und errötete leicht. Sie begann langsam und so unbewußt provokant zu lächeln, daß es Clayton wie Feuer durch den Körper schoß. »Selbstverständlich bin ich an ihr interessiert«, flüsterte sie ernsthaft. »Ich habe das tiefste Mitgefühl für jemanden, der diesen abscheulichen, amoralischen Verführer heiratet!« Damit drehte sie sich um und schritt in den Ballsaal, um die Musiker zu bitten, zum Tanz aufzuspielen.
Whitney sah auf die Uhr. Die Zeiger bewegten sich bereits auf Mitternacht zu. Bisher hatte Paul keine Gelegenheit gehabt, mit ihrem Vater zu sprechen. Während ihres einzigen Tanzes am heutigen Abend hatten sie verabredet, sich kurz vor Pauls Aufbruch ungestört voneinander zu verabschieden. Und so entschuldigte sie sich jetzt bei ihren Gesprächspartnern, als Paul den Saal verließ.
Clayton lehnte an einer Marmorsäule, hob ein Glas an die Lippen und beobachtete, wie sich Whitney verstohlen umblickte, um Sevarin dann zu folgen. Einer der Gäste sprach sie an, aber gleich darauf kehrte Sevarin zurück, ergriff ihren Arm und zog sie mit sich.
Diese Geste ließ in Clayton Zorn aufwallen. Warum blieb er hier wie ein verdammter Trottel stehen und ließ die hirnlosen Avancen dieser Margaret Merryton über sich ergehen, während seine Verlobte am Arm eines anderen Mannes verschwand, fragte er sich. Er dachte daran, welche Befriedigung es ihm bringen würden, mit wenigen Schritten den Raum zu durchqueren, um diesen Sevarin davon in Kenntnis zu setzen, daß es ihm gar nicht gefiel, wenn ein anderer seine Hände an seine Verlobte legte. Und dann würde er Whitney - mit wenigen Sätzen! - darüber informieren, daß sie sich mit seinen »abscheulichen, amoralischen Verführungskünsten« auf Dauer abzufinden und darauf vorzubereiten habe, ihn in wenigen Wochen zu heiraten . . .
Er begann ernsthaft darüber nachzudenken, als Lady Eubank auf ihn zustolzierte. »Margaret«, knurrte sie herzlos, »hören Sie auf, Mister Westland zu becircen, und gehen Sie sich die Nase pudern.«
Ohne Spur von Mitleid nahm sie zur Kenntnis, wie das junge Mädchen blutrot wurde, sich wortlos umdrehte und verschwand. »Widerliche Kröte«, bemerkte Lady Eubank zu Clayton. »Dieses Mädchen besteht nur aus Mißgunst und Bosheit. Die Eltern kratzen jeden Penny zusammen, um sie nach London schicken und in die Gesellschaft einführen zu können. Doch im Grunde können sie es sich ebensowenig leisten wie sie dorthin gehört. Das weiß sie auch, und das macht sie so niederträchtig und neidisch.«
Sie stellte fest, daß er ihr überhaupt nicht zuhörte, und reckte den Kopf, um zu sehen, was seine Aufmerksamkeit gefesselt hielt. Gerade kehrte Whitney Stone in den Ballsaal zurück ... »Nun, Clayton«, meinte sie mit feinem Lächeln, »wenn die >bezaubernde Brünette<, die ist, für die ich sie halte, haben Sie sich zu lange Zeit gelassen. Ihre Verlobung mit Paul Sevarin soll bekanntgegeben werden, sobald er von einer kurzen Reise zurückkehrt.«
»Entschuldigen Sie mich«, sagte Clayton
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