Sturm der Leidenschaft
es?« erkundigte sich Martin Stone und goß sich ein neues Glas Brandy ein.
Whitney holte tief Atem. »Ich habe euch etwas Wundervolles zu erzählen, Papa und Tante Anne, daher freue ich mich, daß ihr hier zusammen seid. So könnt ihr es beide zugleich hören.«
Sie trat an den Schreibtisch, sah einen Moment lang zärtlich in seine leicht glasigen Augen, beugte sich dann vor und küßte ihn auf die Stirn. »Ich habe dich sehr lieb, Papa«, sagte sie leise. »Und es tut mir sehr leid, daß ich dir früher so viel Kummer gemacht habe.«
»Vielen Dank«, murmelte er errötend.
»Und«, fuhr Whitney fort und drehte sich zu Lady Gilbert um. »Sie habe ich auch sehr lieb, Tante Anne, aber das haben Sie immer gewußt.«
Sie holte noch einmal tief Luft, und dann schienen sich ihre Worte förmlich zu überstürzen. »Aber ich liebe auch Paul Sevarin. Und Paul liebt mich auch und möchte mich heiraten! Sobald er zurück ist, wird er dich um meine Hand bitten, Papa. Ich weiß, wie . . . Was ist denn, Tante Anne?«
Verwirrt sah Whitney ihre Tante an, die sich halb aus ihrem Sessel erhoben hatte und so erschreckt auf den Sessel ihr gegenüber starrte, daß sich Whitney vorbeugte und ebenfalls in diese Richtung blickte. Als sie dort Clayton Westland sitzen sah, unterdrückte sie einen entsetzten Aufschrei. »Ich ... ich muß mich entschuldigen! Es tut mir leid, daß ich hier so hereingeplatzt bin. Wie Sie wahrscheinlich schon vermutet haben, Mister Westland, hatte ich keine Ahnung, daß Sie hier sind. Aber da Sie nun einmal da sind«, fuhr Whitney fort, fest entschlossen, ihre gute Nachricht auch anzubringen, »rechne ich fest mit Ihrer Diskretion. Bitte erzählen Sie niemandem von meiner bevorstehenden Verlobung. Sie müssen wissen . ..« Hinter ihr scharrten Stuhlbeine über den Boden, und die Wut in der Stimme ihres Vaters ließ sie zusammenzucken und herumfahren.
»Wie kannst du es wagen!« schrie er. »Was hat das eigentlich alles zu bedeuten?«
»Was das zu bedeuten hat?« wiederholte Whitney in höchster Verwirrung. Am ganzen Leibe zitternd stand ihr Vater hinter dem Schreibtisch und stützte die Hände flach auf die Platte, als müsse er sich beruhigen. »Paul Sevarin hat mich gebeten, ihn zu heiraten - das hat es zu bedeuten.« Und angesichts seines Zornes, an den sie sich so gut aus der Zeit erinnerte, als sie ein Kind gewesen war, fügte Whitney trotzig hinzu: »Und ich werde ihn heiraten!«
So langsam und deutlich, als wäre sie begriffsstutzig, erklärte ihr Vater: »Paul Sevarin ist ein Habenichts! Hast du mich verstanden? Sein Land ist mit Hypotheken belastet, und seine Gläubiger sind ihm auf den Fersen!«
Trotz ihres Schocks gelang es Whitney, ihre Stimme gelassen klingen zu lassen. »Ich weiß zwar nichts über Pauls finanzielle Situation, aber ich kann nicht erkennen, warum das von irgendeiner Bedeutung sein sollte. Ich habe Geld von meiner Großmutter, außerdem ist da meine Aussteuer. Und was ich besitze, werde ich Paul zur Verfügung stellen.«
»Du besitzt gar nichts!« zischte ihr Vater. »Ich war in noch größerer Bedrängnis als Sevarin. Die Schuldeneintreiber haben mir im Nacken gesessen. Ich habe sie mit deinem Erbteil und der Aussteuer bezahlt.«
Hilflos sah Whitney ihre Tante an und erhoffte sich Beistand von ihr. »Dann werden Paul und ich eben ohne den Luxus leben müssen, den Großmutters Erbe und meine Aussteuer bieten könnten.«
Aber Tante Anne saß einfach nur da und umklammerte die Armlehnen ihres Sessels.
»Aber Papa, du hättest mir sagen müssen, in welchen Schwierigkeiten du steckst«, wandte sich Whitney wieder an ihren Vater. »Schließlich habe ich ein Vermögen für Kleider und Juwelen ausgegeben. Wenn ich doch nur gewußt hätte .. .«
Unvermittelt hielt sie inne. Irgend etwas stimmte da nicht, stimmte ganz und gar nicht. »Die Ställe sind voller neuer Pferde. Wir haben mehr Diener als wir brauchen. Du hast mein Zimmer völlig neu einrichten lassen - warum leben wir in so aufwendigem Stil, wenn du es dir eigentlich gar nicht leisten kannst?«
Das Gesicht ihres Vaters nahm eine beängstigend hochrote Färbung an. Er öffnete den Mund, schloß ihn dann aber wortlos wieder.
»Aber ich habe doch sicher das Recht auf eine Erklärung, oder?« erkundigte sich Whitney so ruhig wie möglich. »Gerade hast du mir gesagt, ich könne Paul nicht heiraten, weil er arm ist, und daß meine Erbschaft und meine Aussteuer dahin sind. Warum leben wir dann in diesem Luxus, wenn das
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