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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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tausend Soren geschenkt: »Ich habe sie gehört, Ness! Ich habe sie gehört!«

Kapitel
28
    Sobald der Tag anbrach, ertönten Hörner und Trompeten. Algha hob den Kopf. Er war schwer, denn sie hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Sie lauschte. Der Himmel selbst schien hier zu wüten. Das Donnern übertönte die Schreie der Soldaten und die vereinzelten Befehle der Kommandeure.
    Mitha saß in eine Ecke gekauert da und weinte. Algha ertrug ihre Tränen kaum noch, wusste aber auch nicht, wie sie ihre Freundin trösten konnte. Sie trat ans Fenster, stellte sich auf die Zehenspitzen und sah nach unten. Es schienen Schatten, die dort vorbeimarschierten. Die Schneiden der Hellebarden und die langen Spitzen der Piken fingen die ersten, noch schwachen Sonnenstrahlen ein.
    »Was ist da bloß los?«, murmelte sie.
    »Bist du blind?«, erwiderte Mitha schniefend. »Sie wollen Korunn stürmen. Heute wird der Krieg sein Ende finden.«
    »Das ist noch nicht gesagt!«, brauste Algha auf. »Alsgara beispielsweise wird bereits seit knapp einem Jahr belagert – und hält sich noch immer!«
    »Jetzt bringt sie uns bestimmt um«, winselte Mitha. Sie schloss die Augen, während über ihre eingefallenen Wangen Tränen rannen. »Denn jetzt braucht sie uns nicht mehr.«
    »Als ob sie uns je gebraucht hätte! Nein, weder du noch ich sind von Bedeutung für sie! Trotzdem sind wir am Leben! Der Verdammte Pest hat dich nicht geholt, obwohl du solche Angst davor hattest. Ich sag dir, der erinnert sich gar nicht mehr an uns. Und jetzt ist er mit seiner Armee auf dem Weg in die Schlacht! Welche Gefahr sollte uns da noch von ihm drohen?«
    Dennoch flüsterte Mitha weiter ihren ewig gleichen Satz: dass man sie umbringen werde.
    »Hör mir mal zu«, bat Algha, setzte sich auf Mithas Bett und schloss ihre Freundin in die Arme. »Wir alle werden eines Tages sterben. Das ist unvermeidlich. Du kannst aber nicht jede Minute um dein Leben zittern. Denn dem Tod entgeht niemand.«
    Daraufhin stieß Mitha nur einen weiteren Schluchzer aus.
    »Wenn ich schon sterben muss«, fuhr Algha fort, deren Stimme nun noch fester klang als bisher, »wenn sie mich umbringen wollen, dann werde ich bis zu meinem letzten Atemzug Widerstand leisten. Danach wird es nicht einer dieser dreckigen dunklen Funkenträger wagen zu behaupten, ich hätte mich wie ein unschuldiges Lämmchen abstechen lassen! Ich bin eine Schreitende, und ich werde kämpfen!«
    »Aber wir können ihnen nichts entgegensetzen! Denn wir sind beide von unserem Funken abgetrennt!«
    »Dafür haben wir noch immer unsere Zähne, Fingernägel und Fäuste! Die wir ihnen in den Hals und ins Gesicht rammen können! Mit denen wir ihnen die Augen auskratzen können! Die wollen uns umbringen?! Bitte! Aber wir werden unser Leben teuer verkaufen!«
    Sie brachte die Worte mit einer solchen Entschlossenheit heraus, dass sie damit sogar die Mauer der Verzagtheit, die Mitha um sich errichtet hatte, einreißen konnte. Diese sah sie nun zum ersten Mal mit klarem Blick an.
    »Ich habe Angst«, flüsterte sie.
    »Ich auch«, gab Algha zu. »Aber wir müssen stark sein, auch wenn das noch so schwierig ist.«
    Algha dachte wieder an Rona, und ihr Herz verkrampfte sich. Wie viel einfacher doch alles wäre, wenn sie ihre Schwester jetzt an ihrer Seite hätte. Denn Rona würde genau wissen, wie sie sich verhalten müssten!
    Wenn sie doch nur über ihren Funken gebieten könnte! Algha hatte wiederholt versucht, Mitha, die ja keinen skorpionartigen Armreif um ihr Handgelenk trug, zu erklären, wie sie die Verbindung zu ihrem Funken wiederherstellen könnte. Doch Mitha hatte ihr nicht einmal zugehört. Allein der Gedanke an den Schmerz ließ sie hysterisch aufschreien. Kadir hatte gute Arbeit bei ihr geleistet. Sozusagen.
    Alghas Gedanken wanderten zu dem Nekromanten. Moschusgeruch ertrug sie inzwischen kaum noch. Kaum dass er ihr in die Nase stieg, erfasste sie ein Zittern. Immerhin hatte sie ihn an jenem Tag, an dem sie bei ihrer Flucht dem Verdammten Pest in die Arme gelaufen war, vor Wut zum Toben gebracht.
    Als er mit gerötetem, wutverzerrtem Gesicht aus den Brennnesseln herausgestapft war, hatte er in der Sprache der Sdisser geflucht, was das Zeug hielt. Beim Anblick Pests hatte er seinen Zorn jedoch unterdrückt und sich verneigt. Nach dieser rituellen Begrüßung hatte der Verdammte ihm Algha übergeben, damit er sie in die Zelle zurückbringe. Kadir hatte sie mit seinen stählernen Fingern am Haar gepackt und heftig zu

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