Sturm im Elfenland
schütteln.
Kein Muskel regte sich in seinem angespannten Gesicht. Tief in seinen leblosen Augen brannte ein winziger, eisheller Funke. »Ivaylo«, rief Alana ihn an. »Ich habe dich gehört. Ich bin hier, um dich nach Hause zu bringen.«
Er bewegte sich nicht, gab mit keinem Zeichen zu erkennen, dass er sie bemerkt hatte. Alana schüttelte ihn ein wenig fester. »Wach auf«, rief sie laut. »Ivaylo!«
Es war vergebens. Alana ließ sich auf die Fersen zurückfallen und ballte die Hände. Es konnte doch nicht sein, dass sie den Weg hierher auf sich genommen hatte, um jetzt zu scheitern?
Etwas summte leise und melodisch. Alana bemerkte, dass bei diesem Klang Ivaylos Lider schwach zu zucken begannen. Das Summen verklang und er saß wieder vollkommen starr da.
»Was war das?«, fragte Alana laut. Wieder presste sie die Hände vor Aufregung zur Faust zusammen und wieder erklang der leise Ton.
Ivaylo schloss die Augen und öffnete sie wieder. Seine Pupillen verengten sich und fixierten Alana. »Du?«, flüsterte er ungläubig.
Der Ton verhauchte, Ivaylo sank wieder in seinen todesähnlichen Zustand zurück.
Alana riss ihre Hände zum Gesicht und öffnete die Faust. Ivaylos Sternenstein lag in ihrer Hand, matt, glanzlos und unscheinbar. Aber als sie ihn ansah, begann er sanft zu summen, und ihr eigener Stein, der sicher auf ihrer Brust ruhte, erwärmte sich und gab ein Echo des Tones von sich. Das Duett der beiden Stimmen verwob sich zu einer flüsternden Melodie, wie ein sanfter Windhauch, der mit zartem Frühlingslaub spielt.
Ivaylo sah sie an. »Alana«, sagte er stockend. »So lange ... ich hatte alle Hoffnung aufgegeben ...«
Sie sah, dass er versuchte, seine Hand nach ihr auszustrecken, und beugte sich vor, um sie zu ergreifen. Seine Finger waren so eisig kalt und steif, dass sie glaubte, eine Marmorstatue zu berühren und kein lebendiges Wesen.
Alana hielt seine Hand und rieb sie, um etwas Wärme hineinzubringen, während sie leise auf ihn einredete. Sie erzählte ihm, dass sie gekommen war, um ihn nach Hause zu holen. Dass sie ihn vermisst hatte. Dass alles gut werden würde. Dass Sverre auf sie wartete. Und während sie seine Hand rieb und redete, verklang das Singen der beiden Sternensteine, und sie spürte voller Verzweiflung, dass das Leben erneut aus seinen Fingern wich, sah, wie seine Augen wieder glanzlos wurden und sich matt verschleierten.
»Bleib hier!«, schrie sie ihn an und packte mit beiden Händen die verstummten Steine. »Singt weiter«, flehte sie. »So singt doch!« Doch die Steine lagen wie tot in ihrer Hand.
Alana schloss die Augen und legte ihre Hände vor das Gesicht. Sie musste nachdenken.
Die Sternensteine bargen die Lösung. Ihr Klang befreite Ivaylo aus dem Bann, unter dem er stand. Also musste sie es schaffen, die Steine zum Singen zu bringen. Wie konnte das gelingen?
Alana zog ihren Sternenstein über den Kopf und nahm ihn in die Hand. Ivaylos Stein ruhte still in der anderen. Sie legte ihre Hände geöffnet nebeneinander auf ihre Knie und schaute darauf hinab. Ihre Hände berührten sich, und sofort begannen die Steine zu singen. Ivaylos Brust hob sich in einem tiefen, bebenden Atemzug.
»Gut«, sagte Alana entschlossen. Sie legte ihren Stein zu Ivaylos in ihre linke Hand, schloss sie fest zur Faust und sah Ivaylo an.
Sein Blick belebte sich und er öffnete den Mund. »Oh«, seufzte er. »Alana, bring mich nach Hause.«
»Das habe ich vor«, erwiderte sie energisch. Sie stand auf, die singenden Steine fest in der Faust, und reichte ihm ihre freie Hand, um ihm aufzuhelfen. Er griff unsicher nach ihr und versuchte, auf die Füße zu kommen, schaffte es aber nicht. »Ich kann nicht«, sagte er. »Er hält mich fest.« Sein Kopf drehte sich zu seiner linken Hand, aus der die Feuersäule stieg.
»Verflucht«, sagte Alana. Sie ließ ihn los und machte einen Schritt auf das schwarze Feuer zu. Ivaylos Hand hing reglos in der Luft und die Flammensäule entsprang ganz offensichtlich seiner Handfläche. Alana beugte sich nieder, aber da war nichts, was seine Hand oder seinen Arm festhielt.
»Seltsam«, murmelte sie und näherte ihr Gesicht vorsichtig seiner Hand. Sie musste die Augen zusammenkneifen, weil die Hitze und diese seltsame schwarze Flamme sie blendeten und erschreckten. Durch ihre Wimpern betrachtete sie seine Hand. Im Herzen des tobenden Feuers sah sie etwas Dunkles, Glänzendes liegen. »Was ist das?«, fragte sie ratlos.
Ivaylo stöhnte. »Erramun hat mir meinen
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