Sturm im Elfenland
die Idee?«, fragte Sverre resigniert. »Du? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Mein Vater.«
»Dein Vater.« Sverre rieb sich die Nase. »Ich würde gerne mal mit ihm reden, mit deinem Vater. Was hat er vor? Weiß er nicht, dass ihr Elfen nicht mehr zaubern dürft?« Er musterte Ivaylo nicht allzu freundlich.
»Meine Eltern halten nichts von Auberons Verbot«, erklärte Ivaylo trotzig.
»Tun sie das?« Die Mundwinkel des Zwerges hoben sich. »Wie unvorsichtig von ihnen. Obwohl ich auch nicht anders handeln würde, wenn ich ehrlich sein soll, habe ich recht? Kein Zwerg würde sich vorschreiben lassen, ob er zaubern darf oder nicht. Wo kämen wir denn hin?« Er schnaubte verächtlich. »Und? Wo sind deine Eltern? Warum lassen sie dich hier unbeaufsichtigt dummes Zeug treiben?«
Ivaylo spürte, wie seine Kehle eng wurde. »Sie sind tot, glaube ich«, sagte er.
»Tot?« Sverre runzelte die Stirn. »Das tut mir leid, Junge. Deshalb bist du also hier?«
»Gondiar ist mein Onkel.«
Beide saßen schweigend und hingen ihren Gedanken nach. Dann wagte Ivaylo die Frage: »Was kann ihr geschehen?«
Der Zwerg musste nicht fragen, was Ivaylo meinte. Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Junge Zwerge bekommen ihren Sternenstein und lernen dann von ihrem Gevatter, wie sie damit umgehen müssen.« Er verzog das Gesicht. »Also werde ich mich wohl oder übel darum kümmern müssen, habe ich recht?« Er lachte trocken auf. »Gevatter eines Elfenmädchens. Sverre, alter Knabe, du kannst dich nie wieder zu Hause blicken lassen. Ach, die schneebedeckten Gipfel des Rabengebirges!« Der Gedanke daran schien ihn trübsinnig zu stimmen. Er stützte das bärtige Kinn in die Hand und versank in dumpfes Grübeln.
Nach einer Weile, in der das Schweigen immer lastender wurde, stand Ivaylo auf und verabschiedete sich. Sverre schaute nicht auf, nickte nur.
Ivaylo fühlte sich zu rastlos, um auf sein Zimmer zu gehen. Er lief durch die Stallungen, lauschte den beruhigenden Geräuschen der dösenden Pferde und ging dann hinüber in die Sattelkammer. Dort fand er wie erwartet Ugane, die Stallmeisterin, die damit beschäftigt war, Zaumzeug zu flicken. Sie sah kurz auf, lächelte ihn an und nickte, als er sie fragte, ob sie Arbeit für ihn hätte, weil er nicht schlafen könne.
Sie blieben nicht lange allein. Die Tür sprang auf und Garnet kam mit zwei Bechern und einer Teekanne herein. Sie strahlte unverhohlen, als sie Ivaylo erblickte. »He. Das ist aber nett«, sagte sie und kicherte nervös. Ugane warf ihr einen erstaunten Blick zu.
»Du bringst uns Tee? Wie schön«, sagte sie. »Ach, es fehlt ein Becher.«
»Ivaylo kann gerne mit mir aus meinem Becher trinken«, sagte Garnet und ihre Wangen färbten sich.
Ivaylo rechnete es der Stallmeisterin hoch an, dass sie keine Miene verzog und keine Bemerkung machte. Sie nickte nur und widmete sich weiter ihrer Arbeit.
»Und?«, fragte Garnet und reichte Ivaylo ihren Becher. »Wie findest du den Unterricht bei Erramun?«
Ivaylo warf einen besorgten Blick zu Ugane, die nicht zu erkennen gab, dass sie dem Gespräch ihrer Tochter mit ihm zuhörte. »Ganz in Ordnung«, erwiderte er unbestimmt. »Warum kommst du nicht öfter dazu?«
Garnet griff nach der Ahle, die auf dem Tisch lag, und begann Löcher in die Tischplatte zu bohren. »Ach, nein«, sagte sie. »Das ist mir zu langweilig.« Sie blinzelte durch die gesenkten Wimpern. »Oder magst du mir vielleicht ein bisschen Nachhilfe geben? Das fände ich viel interessanter, als dem alten Erramun zuzuhören.«
Ugane griff, ohne aufzublicken, nach Garnets Hand und nahm ihr die Ahle weg.
Ivaylo nahm einen Schluck Tee, um seine Verlegenheit zu überspielen. »Hm«, machte er unverbindlich.
»Oh, komm, das wäre doch fein.« Garnet suchte nach etwas anderem, womit sie ihre Hände beschäftigen konnte, und fand Lederriemen, die man zu Zöpfen flechten konnte. »Du bringst mir bei, wie man ...« Ivaylos warnender Blick brachte sie ins Stottern. »Also, wie man ... was du, na, worüber ihr so ... na! Was ihr eben so lernt.« Sie schnaufte und Ivaylo verdrehte stumm die Augen. »Und dafür zeige ich dir alles, was ich über Pferde weiß«, schloss sie triumphierend, erleichtert, dass sie die Kurve noch bekommen hatte.
Ivaylo glaubte ein unterdrücktes Lachen zu hören und sah Ugane an, aber die Stallmeisterin saß mit gerunzelter Stirn da und flickte einen zerrissenen Gurt.
»Ja, danke«, sagte er ohne große Begeisterung. »Das ist
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