Sturm im Elfenland
nett von dir. Du magst Pferde ziemlich gerne, oder?«
Ugane schnaubte.
»Pferde sind das Großartigste, das es gibt«, ereiferte Garnet sich und stürzte sich in einen langen Monolog über die besonderen Vorzüge und die natürliche Erhabenheit dieser Tiere. Ivaylo erlaubte seinen Gedanken, zu Alana zu wandern.
Der Sternenstein. Wie würde sie damit zurechtkommen? Er selbst wusste eigentlich viel zu wenig darüber, wie dieser Zwergenzauber funktionierte. Alana damit zu belasten war töricht gewesen. Was hatte ihn da nur geritten? Er musste versuchen, mehr über diesen Zauber in Erfahrung zu bringen. Ob Sverre bereit war, auch ihn zu unterweisen, obwohl er nicht Ivaylos Gevatter war? Oder sollte er stattdessen versuchen, sich zur Kronfeste durchzuschlagen, in der Trond Hammerschlag sich seit dem Ende des Krieges verschanzt hatte.
»Hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Garnet.
Ivaylo nickte hastig. »Was ist mit Alana?«, fragte er, denn er glaubte, den Namen im Redefluss der Elfe aufgefischt zu haben. »Warum bittest du sie nicht, dir Nachhilfe zu geben? Ihr seid schließlich Freundinnen.«
Das schien nicht das zu sein, was Garnet erwartet hatte. Sie funkelte ihn böse an. »Danke für den Rat«, sagte sie gekränkt. »Du hast also keine Lust, sag es nur.«
»Nein, nein«, versicherte Ivaylo hastig. »Ich habe schon Lust. Aber ich habe nicht viel Zeit, weißt du?«
Garnet schob den Hocker zurück und stand auf. »Brauchst du mich noch, Mama?«, fragte sie, Ivaylo dabei ostentativ übersehend.
»Nein, ich brauche dich nicht mehr, Kleines«, erwiderte Ugane. Sie blickte von ihrer Tochter zu Ivaylo und klopfte Garnet mitleidig auf den Arm. »Geh nur zu Bett.«
Das Elfenmädchen schoss einen mörderischen Blick knapp an Ivaylos rechtem Ohr vorbei und rauschte hinaus. Die Tür knallte so laut zu, dass beide zusammenzuckten.
»Es tut mir leid, wirklich«, sagte Ivaylo. »Sie ist nett.«
Ugane ließ die gebogene Nadel sinken und sah ihn an. »Das ist sie, ja. Und man kann sich blind auf sie verlassen, wenn sie jemanden mag. Dich mag sie, junger Mann.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie kennt nicht viele junge Elfen. Da sind eigentlich nur Alana und deren Bruder. Es fällt ihr jedenfalls sehr viel leichter, mit Pferden umzugehen. Sei nicht allzu grob zu ihr, bitte. Bring ihr höflich bei, dass du nicht interessiert bist.«
Ivaylo nickte verlegen und stand auf. »Entschuldigung«, sagte er, ohne genau zu wissen, wofür er sich eigentlich entschuldigte.
Draußen im Hof blieb er eine Weile stehen und blickte zu den Sternen auf, die kalt und klar über seinem Kopf leuchteten. »Soll ich zur Kronfeste reiten?«, fragte er die Gestirne, aber sie gaben ihm keine Antwort. Er hatte es auch nicht wirklich erwartet.
Ivaylo hätte es vorgezogen, hoch oben in seinem Baum zu schlafen, wo der Wind ihn wiegen konnte, wo Mond und Sterne ungehindert durch das Flechtwerk zu ihm hinunterleuchten konnten, wo die Nachtvögel seinen Schlaf mit ihren Lauten begleiteten, Stattdessen hatte er dieses Zimmer, das einem Zwerg sicher gut gefallen hätte, so dunkel und höhlenähnlich war es. Fuchszimmer, der Name passte. Er beneidete Alana um das luftige Zimmer unter dem Dach. Von dort aus musste sie einen wunderbaren Blick in den Himmel haben.
Er drehte sich in seiner Betthöhle und blickte zum Fenster, das er weit geöffnet hatte. Draußen war es finster, der kleine Garten, der vor dem Fenster lag, verschlang alles Sternenlicht für sich.
Ivaylo verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte mit weit offenen Augen ins Dunkel. Er dachte über den Sternenstein nach, der auf seiner Brust ruhte. Manchmal, wenn der Schlaf nicht zu ihm kommen wollte, lag er nur so da und fühlte, wie der Sternenstein atmete.
Das war natürlich dummes Zeug, ein Stein konnte nicht atmen. Aber trotzdem fühlte es sich in solchen Nächten so an. Er berührte den Stein sacht mit den Fingerspitzen und vermeinte, eine leichte Vibration zu spüren. Sicher war das nur sein eigener Pulsschlag.
Ohne es zu bemerken, sank Ivaylo in Schlummer. Düstere Säulen reckten sich um ihn herum in die Höhe, an denen Fackeln staken. Es war klamm und zugig. Hoch über seinem Kopf, im Rauch der Fackeln und Feuerstellen, zogen stumme Schatten durch die Luft. Vögel oder Fledermäuse? Er konnte es nicht erkennen. Der Berg, den er über der Halle wusste, lastete schwer auf seinem Gemüt. Er sehnte sich nach freiem Himmel und frischer Luft.
Schritte und tiefe Stimmen warfen
Weitere Kostenlose Bücher