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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht bloß von einer Maschine.« Dirk verriss beinahe das Steuer. »Was?«
    »Ein zweiter Hubschrauber ist auf den Weg hierher«, antwortete Jurij hastig. »Genau das ist der Funkverkehr, den ich reinbekommen habe – der zwischen den beiden Hubschraubern.«
    »Was wollen die?«, keuchte Dirk.
    »Uns zur Landung zwingen – oder Schlimmeres«, antwortete Jurij. Es klang fast fröhlich. »Ich kann natürlich die weiße Fahne hissen –bildlich gesprochen –, direkt hinter den Bergen landen und euch ausliefern. Ich glaube, damit könnte ich sogar einen guten Schnitt machen, ohne mein Mädchen in Gefahr zu bringen.«
    Mein Mädchen war eine Formulierung, auf die Dirk ausgesprochen allergisch reagierte. Schließlich ging es hier um sein Mädchen, das er nach wie vor an Bord des schwarzen Helikopters vermutete, der ihnen so beharrlich folgte. »Bevor du das tust, knalle ich dein Mädchen gegen den nächsten Berg!«
    Jurij stieß einen tiefen Seufzer aus. »Na, wenn das so ist … Dann muss ich wohl klein beigeben. Schließlich kann ich gegen einen Selbstmordattentäter, der sich, seine Frau und seine Freunde umbringen will, rein garr nichts ausrrichten.« Er winkte auffordernd. »Also los! Knall uns gegen den Berg! Oder flieg da vorne links zwischen den beiden Hängen durch. Die Lücke ist groß genug, außerdem müssten wir die Motoren nicht weiter überhitzen. Du kannst es dir aussuchen.«
    Das war lächerlich, und zwar in zweifacher Hinsicht. Natürlich hatte Dirk nicht im Entferntesten daran gedacht, seine Drohung wahr zu machen. Aber genauso wenig konnte Jurij doch im Ernst glauben, dass Dirk dazu fähig war, die Lisunov durch besagte Lücke zu steuern, die ihn in jeder Beziehung an die Teufelsklamm in den Alpen erinnerte: steil abfallend, mit trügerischen Vorsprüngen und scharfkantigen Scharten.
    »Du zögerst«, bemerkte Jurij. »Vielleicht kann ich dir bei der Entscheidungsfindung helfen … Ich will nichts weiter als eine kleine Gefahrenzulage – sagen wir zehntausend Euro. Wenn du mir die auf den Tisch blätterst, bringe ich die Maschine auf der anderen Seite dort runter, wohin uns kein Hubschrauber folgen kann.«
    »So viel Geld habe ich gar nicht«, presste Dirk hervor. Er hatte das Steuerhorn wieder gepackt und tat so, als sei er tatsächlich ein Pilot, der es gewohnt war, schwierige Bergrouten zu fliegen. Dabei kam er sich eher wie ein Fahrschüler in der ersten Stunde vor, dem aus Anfängerglück ein ungewöhnliches Manöver gelungen war, der sich nun jedoch durch den Feierabendverkehr fädeln sollte, ohne wirklich Gefühl für Auto und Verkehr zu haben. Schon die kleinste Steuerbewegung führte zu unerwarteten oder unerwünschten Ergebnissen. Wenn er nach links steuerte, folgte ihm die Maschine fast zu bereitwillig, während sie bei einer Steuerbewegung in die entgegengesetzte Richtung beinahe gar nicht reagierte.
    »Ein Schuldschein reicht mir«, sagte Jurij. »Warte, ich habe hier doch irgendwo einen Block …« Er beugte sich vor und kramte irgendwo herum. »Ach übrigens, wenn du Wert darauf legst, unbeschadet durch die Felsenlücke zu fliegen, solltest du ein bisschen auf den Wind achten. Sonst könnte das böse ins Auge gehen.«
    Scherwinde, Verwirbelungen, Abrisskanten – natürlich. Plötzlich schossen Dirk alle möglichen Fachausdrücke durch den Kopf, begleitet von dem Gedanken, dass er es nicht schaffen würde, irgendetwas davon in die Praxis umzusetzen.
    »Lass den Blödsinn mit dem Schuldschein und übernimm endlich wieder das Steuer!«, polterte er.
    »Und du hörst dann den arabischen Funk ab? Gerade jetzt, wo es spannend wird?« Jurij richtete sich mit einem Notizblock in der Hand wieder auf. »Die beiden Hubschrauberpiloten sind nämlich kaum weniger besorgt als wir. Weil noch eine dritte Maschine unterwegs ist, die ihnen Kopfschmerzen bereitet.«
    »Polizei?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.« Jurij begann, mit einem Kugelschreiber das oberste Blatt des Blocks zu traktieren. »Aber ich bin aus dem arabischen Palaver auch nicht wirklich schlau geworden. Das war ein ganz anderer Dialekt als in den Tavernen, in denen ich gelegentlich einkehre. Außerdem gab es andauernd Störungen.«
    Dirk lenkte probehalber stärker nach rechts. Es funktionierte, aber anders, als er sich das gedacht hatte. Die Lisunov kippte über die rechte Tragfläche ab und verlor an Höhe.
    Jurij reagierte sofort, warf den Block in die Ecke und griff mit Fingerspitzengefühl und Pedaldruck gekonnt in die

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