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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass ich mich durch friedliche Musik auslebe?«, fragte Kinah ungläubig.
    »Wenn ich am Computer gesessen und programmiert habe, oder mich ab und zu mit einem Ego-Shooter entspannt habe, dann wenigstens in derselben Stadt und meistens sogar im selben Haus wie Akuyi«, sagte Dirk böse. »Das war mit Sicherheit besser für sie, als wenn ich wie du irgendwo in Marokko der musikalischen Selbstverwirklichung gefrönt hätte.«
    Kinahs Augen schossen Blitze. »Ich könnte jetzt eine ganze Menge dazu sagen, aber ich will nicht mit dir streiten. Nur so viel: Durch meditative Musik bringt man ein wenig Ausgleich und Ruhe in die Welt. Und auch in sich selbst. Außerdem habe ich durch die Aufnahmen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Schließlich musste ich ja von irgendetwas meine Brötchen bezahlen.«
    »Die hätte ich dir bereitwillig weiter bezahlt, genau wie all die Jahre zuvor!«, hätte Dirk am liebsten gerufen.
    Stattdessen biss er sich auf die Unterlippe.
    Auch Kinah biss sich auf die Lippe, nur dass es bei ihr deutlich anmutiger aussah.
    Dirk grinste, und über Kinahs Züge huschte ein flüchtiges Lächeln.
    »Anscheinend haben wir in den Jahren unseres Zusammenlebens doch einige Dinge voneinander übernommen«, stellte Dirk fest.
    »Ja. Du meine guten Eigenschaften und ich dein rüpelhaftes Verhalten.« Kinah wurde schlagartig wieder ernst. »Mir ist klar, dass ich dich und Akuyi sehr verletzt habe. Wenn das alles vorbei ist, fahren wir irgendwohin, wo wir in Ruhe miteinander reden können. Aber vorher haben wir noch einiges zu erledigen.«
    »Wie zum Beispiel, Akuyi zu finden«, sagte Dirk. »Und dich von diesem Sicherheitsgurt zu befreien. Wenn gar nichts hilft, nehme ich Jurijs Messer und schneide das Teil einfach durch!«
    Kinah brachte das Kunststück fertig, gleichzeitig zu nicken und den Kopf zu schütteln. »Das kannst du gerne machen, aber bitte erst nach der Landung. Es ist doch gut möglich, dass ich noch ganz froh bin, angeschnallt zu sein.«
    Wie zur Antwort ließ Jurij die Lisunov hin und her kippeln und zwang sie danach in eine scharfe Rechtskurve. Dirk wurde gegen den Pilotensitz gepresst. Er saß eingequetscht wie eine Sardine in der Büchse.
    »Was macht dich eigentlich so sicher, dass wir Akuyi überhaupt wiederfinden?«, fragte Dirk.
    Kinahs Augen weiteten sich, und Dirk sah, dass sie feucht schimmerten. Es musste der Wind, der scharfe Luftzug sein, der ihr die Tränen in die Augen trieb. »Etwas ganz Profanes: das Gefühl einer Mutter.«
    »Ich hätte es schon gerne ein bisschen präziser.«
    »Ich auch.« Kinah blinzelte. »Aber ich bin mir trotzdem absolut sicher.«
    »Das ist kein Beweis«, entgegnete Dirk.
    »Natürlich nicht.« Kinah wischte sich mit dem Handrücken über die Augen – es sah aus wie eine Kampfansage. »Aber mit diesem Einwand kannst du alles totschlagen, was ich sage. Das ändert nichts an meinem Gefühl, und das weißt du ganz genau!«
    »Ich weiß gar nichts.« Dirk mühte sich um eine bequemere Position, doch sein Rücken quittierte den Versuch mit einer Folge nadelscharfer Stiche. »Ich weiß nur, dass wir von Venturas Leuten gejagt werden und dass all das mit einer Geheimwaffe zu tun haben soll und mit einem Sturm, der uns zu töten droht.«
    »Es geht nicht bloß um einen Sturm«, sagte Kinah düster. »Sondern um den Großvater aller Stürme, um eine unbeschreibliche Katastrophe, gegen die sämtliche Hurrikans und Tornados der letzten Jahre nur laue Abendwinde waren.«
    »Und diesen Monstersturm sollen wir aufhalten?« Dirk fand endlich eine Stellung, in der sich die Rückenschmerzen auf ein erträgliches Maß beschränkten. »Mach dich doch nicht lächerlich!«
    »Ich mache mich gerne lächerlich, wenn ich dadurch etwas ausrichten kann«, erwiderte Kinah heftig. »Aber jetzt, da Jan tot ist … Dadurch ist es nicht gerade einfacher geworden, weißt du?«
    Ja, das wusste Dirk. Aber er dachte nicht daran, sich auf ein Gespräch über Jan einzulassen.
    Etwas anderes war durch Kinahs Worte in ihm geweckt worden, die Erinnerung an den aufwühlenden Traum, in dem Akuyi auf einem vom Sturm umtosten Hügel gestanden hatte. Hätte es in diesem Traum einen Hubschrauber gegeben, der plötzlich aus den Gewitterwolken gebrochen wäre, dann hätte er das als Zeichen für eine Begegnung in der Luft werten können und müssen. Aber das war nicht der Fall gewesen. Dirk hielt sich für alles andere als einen esoterischen Spinner, aber er spürte die Kraft des Traums, der ihn

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