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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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in der Nacht vor dem Sturm in München in den Klauen gehabt hatte. Der Traum hatte ihn mehr als deutlich darauf hingewiesen, wo er Akuyi wiederbegegnen würde.
    »Das Ozonloch wird immer größer, Stürme und Unwetter umtosen die Welt, die Temperaturen steigen und ganze Landstriche drohen auszutrocknen«, sagte Kinah laut. »Ich bin nicht so vermessen, zu glauben, dass wir in der Lage sind, den Wahnsinn zu stoppen, in den uns der gedankenlose Umgang mit unserer Umwelt treibt. Aber darum geht es auch gar nicht. Sondern darum, eine Katastrophe zu verhindern, die schlimmer sein wird als der Tsunami am zweiten Weihnachtstag zweitausendvier, bei dem über zweihunderttausend Menschen starben.«
    Die Lisunov bockte wie ein Esel und fing dann an zu stampfen und zu schlingern wie ein Schiff auf stürmischer See.
    »Was ist los?«, fragte Kinah alarmiert.
    »Luftturbulenzen«, quetschte Jurij zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Hab mich schon gewundert, dass der Flug bislang so ruhig war.«
    »Ruhig?«, empörte sich Kinah. »Ist für deinen Geschmack etwa noch nicht genug passiert?«
    »Und ob.« Jurij war ein verwundeter, bleicher alter Mann, aber er brachte es nicht nur fertig, die Schlingerbewegungen der Lisunov mit ein paar konzentrierten Lenkmanövern auszugleichen, sondern sich zugleich zu straffen und aufzurichten. »Bei diesem Flug ist bisher schon mehr passiert als bei all meinen Flügen der vergangenen fünf Jahre zusammen. Meine letzte Verwundung war zwar schlimmer als diese, weil ich mir nicht nur die Rippen gebrochen hatte, sondern auch ein Teil meines Oberschenkels zertrümmert war. Aber danach haben mich ein paar Einheimische gleich zu einem Wunderdoktor gefahren, und ich konnte mich ausruhen. Das war einfach nur …«
    »Warum ist dir der Flug zu ruhig?«, unterbrach ihn Kinah scharf.
    Jurijs Kopf ruckte zu ihr herum. »Ich mache mir Sorgen wegen der Sturmwarnungen, die im Radio durchgegeben wurden, bevor ihr bei mir aufgekreuzt seid. Was meinst du wohl, warum ich nicht gleich starten wollte?«
    »Sturmwarnungen?« Kinahs Stimme klang mehr als nur ein bisschen besorgt. »Davon hast du ja gar nichts erzählt!«
    »Habe ich schon.« Jurij richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Steuerung der alten Sowjet-Maschine, und das keinen Augenblick zu früh. Die Lisunov kippte wie ferngesteuert nach rechts und sackte dann durch. Jurij hatte alle Hände voll zu tun, um die Maschine wieder hochzuziehen. »Ich bin nur nicht in die Details gegangen.«
    »Welche Details?«
    Jurij antwortete nicht. Er kniff den Mund zu einem dünnen Strich zusammen und konzentrierte sich auf sein von den Turbulenzen gebeuteltes Mädchen.
    Dirks Magen schien die unruhigen Bewegungen der Lisunov mitzumachen, und seine Hände fingen an zu zittern. Er versuchte, sich zusammenzureißen. Wenn er in Panik geriet und irgendwelchen Scheiß redete wie auf dem Flug nach Casablanca, würde er Jurij nur nervös machen. Keine gute Idee.
    »Wir … wir sollten uns überlegen, wie wir … wie wir unsere Reise fortsetzen.« Dirk starrte hinüber zu Kinah und weigerte sich, irgendetwas anderes wahrzunehmen als ihr Gesicht, ihre wirr flatternden Haare und die Träne, die über ihre Wange rann. »Denn ich glaube nicht …«
    Da sackte die Lisunov erneut ab, und er verstummte.
    »Ich auch nicht.« Kinah wischte sich über die Wange. »Wenn wir es schaffen, halbwegs unbeschadet irgendwo runterzukommen, ist das schon mehr als genug.«
    Jurij musste das gehört haben, aber er ignorierte es. »Gleich sind wir aus dem Tal raus«, rief er. »Dann wird es besser. Oder auch nicht …«
    Dirk riss nun doch seinen Blick von Kinah los und starrte nach draußen. Eine schwarze Wand tauchte vor ihnen auf, und die Lisunov jagte geradewegs darauf zu. Das konnte nur in einer Katastrophe enden.
    »Jurij!«, schrie Kinah. »Was soll das?«
    »Alles in Ordnung. Der Atem der Götter trägt den Aufrechten und zerschmettert den Verzagten.«
    »Immer dieses blöde Geschwafel von den Göttern!«, polterte Dirk. »Tu was!«
    Dirk rechnete damit, dass Jurij die Maschine hochziehen würde. Doch er irrte sich. Die Lisunov wich nicht aus, sondern steuerte weiterhin auf die Wand zu, in der sich das Licht des Bugscheinwerfers verlor. Dirk erstarrte. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie gegen die Felswand knallten, nur noch ein paar Sekunden, und Jurij tat nichts, aber auch gar nichts, um das zu verhindern …
    Dann war die Wand direkt vor ihnen. Dirk erkannte, dass

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