Sturm: Roman (German Edition)
die Leute zu hängen, die mir ein paar Schritte voraus sind. Dann warte ich auf den richtigen Moment, um sie zu überholen – und bin vor ihnen am Ziel. So einfach ist das.«
Jan gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Wenn Sie sich da mal nicht täuschen! Woher wollen Sie denn wissen, dass wir dem Thunderformer auf der Spur sind?«
»Das sagt mir meine Erfahrung«, antwortete Ventura. »Ich habe sehr aufmerksam Ihrer beider Lebensläufe studiert. Sie stammen aus völlig verschiedenen Ecken der Welt. Aber etwas verbindet sie. Sie berufen sich beide auf die Generationen von Männern und Frauen, die sich vor ihnen mit Wetterphänomenen beschäftigt haben. Und damit, wie man das Klima beeinflussen kann.«
Das war im Grunde die Kurzfassung dessen, was Kinah ihm in der Grotte mit vielen Worten erzählt hatte.
Dirk blickte nach vorne zu Jurij, der so dicht an den Felsen entlangschlich, als wartete er auf eine günstige Gelegenheit, sich zu verdrücken. Die kleine Schwarze … Am liebsten hätte er Ventura sein vorlautes Maul gestopft. Aber in Wahrheit hatte er nicht einmal mehr die Kraft, zu protestieren.
Schon gar nicht bei einem Mann wie Ventura.
»Es gibt Zeiten, in denen strebt die ganze Welt ihrer Vernichtung entgegen«, sagte Ventura. »Wie zum Beispiel am Ende des Zweiten Weltkriegs, als sich Deutsche und Amerikaner einen erbitterten Wettlauf um den Bau der ersten Atombombe lieferten. Jeder Geheimdienst, der Männer nach Deutschland einschleusen konnte, tat dies auch. Menschenleben spielten keine Rolle. Die Alliierten wollten wissen, wie weit die Deutschen mit ihrem Atombombenprojekt in Thüringen waren. Was meinen Sie, was ein Geheimdienstmann damals getan hätte, um den Prototyp einer deutschen Atombombe in die Finger zu bekommen?«
»Ich weiß ganz genau, worauf Sie anspielen«, warf Dirk ein. »Ich habe Achmeds Leiche gesehen. Einen Menschen in Plastikfolie zu packen, bis er erstickt! Nehmen Sie so etwas bei der Suche nach einer neuen Massenvernichtungswaffe etwa billigend in Kauf?«
»Was ist besser: Eine begrenzte Zahl von Menschen zu opfern oder so lange tatenlos zuzusehen, bis Millionen sterben?«, erwiderte Ventura kalt.
»Die Fragestellung ist falsch«, sagte Jan. »Um eine Katastrophe zu verhindern, muss es andere Mittel geben, als Menschen umzubringen.«
»Wenn es andere Mittel gibt, dann zeigen Sie sie mir!«, verlangte Ventura. »Nur, damit wir uns richtig verstehen: Ich lege keinen Wert darauf, irgendjemanden abzuknallen. Mir geht es einzig und allein um den Thunderformer. Wenn mir jemand in die Quere kommt, der mich mit Waffengewalt daran hindern will, meinen Auftrag auszuführen, werde ich ihn töten. Sonst nicht.«
»Wie beruhigend«, sagte Jan, und Dirk fügte hinzu: »John ist Ihnen offenbar in die Quere gekommen, schließlich haben Sie ihn hinterrücks erschossen.«
»Das ist eine ziemlich eigenwillige Interpretation.« Venturas Stimme gefror regelrecht. »Dieser Mann hat meinen Hubschrauber in die Luft gejagt und drei meiner Männer getötet.«
»Aber er stellte doch keine Gefahr mehr dar!«
»Vielleicht nicht. Vielleicht hatte er aber noch eine weitere Waffe in der Hosentasche.« Ventura winkte energisch ab. »Dieser John hat sich wie ein Terrorist verhalten, und Terroristen muss man stoppen. Und damit ist das Thema für mich erledigt.«
Für Dirk war das Thema keineswegs erledigt. Er musste wissen, was mit Akuyi war und was Ventura über Achmed und seinen Bruder wusste.
»Wollen Sie uns nicht sagen, warum Sie Achmed haben umbringen lassen?«, setzte er nach.
»Sie haben wohl nicht richtig zugehört!« Venturas Stimme klang jetzt mehr als nur ein bisschen verärgert. »Das waren nicht meine Leute. Das waren die Bösen. Die, die nicht zögern würden, ein vollbesetztes Flugzeug in die Luft zu sprengen, wenn sich daraus ein strategischer Vorteil für sie ergäbe.«
»Was Sie natürlich niemals tun würden.«
»Selbstverständlich nicht.«
»Und Sie würden sich auch nicht an einem Toten zu schaffen machen, oder?«, sagte Dirk.
»Was soll die Frage?«
»Ganz einfach«, antwortete Dirk. »Ich will wissen, wer Achmed umgebracht hat und hinter meiner Familie her ist. Und ich will wissen, warum diese Männer den Leichnam wieder ausgepackt haben.«
»Aha, daher weht der Wind.« Ventura klang zwar nicht mehr verärgert, aber trotzdem keine Spur freundlicher oder verständnisvoller als zuvor. »Es gibt schon seit vielen Jahren GPS-Chips, die man sich einpflanzen lassen kann
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