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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aufgespürt?«, fragte Dirk mühsam beherrscht.
    »Äh …« Noah bückte sich erneut und verschwand dann hinter einem Felsvorsprung, der wie eine riesige Nase in den Weg ragte. »Es ist nicht so, wie du denkst.«
    Mit dieser Bemerkung konnte Dirk rein gar nichts anfangen. Er beeilte sich, zu seinem Sohn aufzuschließen.
    »Das lässt sich nicht einfach lernen«, fuhr Noah fort. »Manche Menschen besitzen diese Fähigkeit, und wenn sie sie schulen, können sie damit auch tatsächlich jemanden aufspüren. Shimeru zum Beispiel …«
    »Wie viele Menschen hast du schon auf diese Weise aufgespürt?«, wiederholte Dirk und konnte nicht verhindern, dass seine Stimme einen scharfen Unterton annahm.
    »Ich? Nun …« Noah blieb stehen und schwenkte den Strahl der Taschenlampe langsam von links nach rechts und wieder zurück. »Wenn du es genau wissen willst: Ich habe noch niemanden auf diese Weise aufgespürt. Aber das heißt nichts. Akuyi ist meine Zwillingsschwester, und ich fühle ganz deutlich, dass sie in der Nähe ist.« Seine Stimme klang eindeutig verzweifelt. »Sie muss hier irgendwo sein! Aber in dieser Felswand gibt es keinen Durchgang, sondern bloß ein paar Löcher!«
    Dirk schob Noah an den Schultern beiseite und trat einen Schritt vor.
    Noah hatte recht. Da war tatsächlich nichts weiter als zerklüfteter Felsen. Nur am entgegengesetzten Ende, vielleicht fünf oder sechs Meter von ihnen entfernt, befanden sich einige Löcher, als hätten sich übergroße Maulwürfe durch das Gestein gewühlt.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte er.
    Noah nickte. »Mir auch nicht.« Erneut ließ er den Strahl der Taschenlampe langsam vor- und zurückwandern. »Hier ist Akuyi jedenfalls nicht«, fügte er hinzu.
    »Aber wo dann?«
    Der Lichtstrahl beschrieb einen zittrigen Kreis und heftete sich auf eines der Löcher. »Irgendwo dahinter, fürchte ich …«
    »Irgendwo dahinter?« Dirk schluckte und zeigte auf die Wand. »Willst du etwa damit sagen, dass wir da durchmüssen?«
    »Ich fürchte, ja«, antwortete Noah. Er richtete die Taschenlampe auf ein zweites Loch, das keine zwei Meter von dem anderen entfernt war. Es hatte fast dieselbe Größe wie das erste, während alle anderen Öffnungen viel kleiner waren. »Irgendwo dahinter«, murmelte er. »Ich bin ganz sicher. Ich spüre Akuyi. Sie hat tatsächlich Angst. Große Angst.«
    Dirks Magen krampfte sich zusammen. »Das heißt also, wir müssen uns durch eine enge Röhre quetschen?«
    Noah nickte.
    »Und durch welche?«
    »Wenn ich das nur wüsste! Wir werden beide ausprobieren müssen.«
    »Und hintereinander durch die Dunkelheit kriechen?«
    Noah drehte sich mit erschrockenem Gesichtsausdruck zu Dirk um. »Wir haben nicht mehr viel Zeit. Akuyi muss furchtbare Angst haben, ich spüre richtige Panikwellen … Wir müssen uns beeilen!«
    »Und das heißt …«
    »Du die linke, ich die rechte Röhre«, erklärte Noah entschlossen. »Wir können nichts anderes tun. Wir müssen so schnell wie möglich zu Akuyi!«

Kapitel 38
    Dirk hatte Noah gezwungen, sowohl die Taschenlampe als auch die Maschinenpistole zu behalten. »Ich passe damit sowieso nicht durch dieses Loch«, hatte er behauptet.
    Während er nun in der dunklen Röhre vorwärtsrobbte, erfuhr er, was völlige Finsternis wirklich bedeutete.
    Hier unten existierte noch nicht einmal mehr die Ahnung von Licht. Dazu kamen die beklemmende Enge und die gewaltigen Steinmassen, die ihn umgaben.
    Das Schlimmste war die stickige Luft. Dirk hatte das Gefühl, kaum noch Sauerstoff einzuatmen, und fühlte sich wie lebendig begraben. An einigen Stellen weitete sich die Röhre zwar, sodass er zügig vorankam, an anderen Stellen war sie jedoch dermaßen eng, dass er sich mit an den Körper gepressten Armen wie ein Wurm vorwärtswinden musste und ständig befürchtete, stecken zu bleiben.
    Innerlich explodierte er fast vor Ungeduld. Er musste raus aus dieser Röhre, er musste zu Akuyi, er musste diesem ganzen Wahnsinn endlich ein Ende bereiten. Er hielt es nicht mehr aus, durch die erdrückende Dunkelheit zu kriechen, die sein Zeitgefühl lahmlegte. Seine Hände, mit denen er sich an jedem verfügbaren Vorsprung weiterzog, zitterten wie Espenlaub.
    Er hatte das Gefühl, dass es nicht mehr schlimmer kommen konnte. Doch als er vor sich ein leises Rascheln hörte, begriff er, dass er sich in diesem Punkt getäuscht hatte.
    Seine Panik war schneller als sein Verstand und ließ das Wort RATTEN in Leuchtschrift vor seinem inneren Auge

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