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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kann. Zum Beispiel so etwas wie im November zweitausendvier: Da ist genau so eine Maschine wie die hier bei der Landung in Barcelona verunglückt.«
    »He, was soll das?«, protestierte Biermann. »Wir sind nicht abgestürzt, das war nur ein kleiner Zwischenfall, mehr nicht. Uns ist doch gar nichts passiert!«
    »Gar nichts passiert?«, rief Dirk außer sich. »Gar nichts passiert? Der Dicke da, der sich gerade aus seinem Sitz hochzustemmen versucht – der wurde von einem Rollenkoffer getroffen!«
    »Besser ein Rollenkoffer als eine Flugabwehrrakete, wie das bei Passagierflugzeugen auch schon mal passiert sein soll.« Biermann zerrte an seinem Krawattenknoten, als würde er keine Luft mehr kriegen. »Mann, kommen Sie doch verdammt noch mal wieder runter!«
    »So wie unser Flieger, ja? In alle Einzelteile zerlegt, oder was?« Dirk deutete auf Biermanns Stirn. »Ganz abgesehen davon: Was ist mit Ihrer Wunde?«
    Biermann lachte heiser auf. »Ein Kratzer, mehr nicht, ich habe schon Schlimmeres erlebt. Ich mache mir eher Sorgen darum, wie wir hier rauskommen, bevor der Presserummel losgeht.«
    »Was interessiert mich in einer Situation wie dieser die Presse!«
    »Gut«, murmelte Biermann. »Wir sind schließlich nicht hier, um unsere Gesichter in irgendeine Fernsehkamera zu halten. Oder möchten Sie im marokkanischen Fernsehen bekannt geben, dass Sie nach Kinah suchen?«
    Die Frage ernüchterte Dirk mehr, als wenn ihm Biermann einen nassen Waschlappen ins Gesicht geklatscht hätte.
    »Das wäre wohl kaum die richtige Strategie«, sagte er säuerlich.
    »Nein, mit Sicherheit nicht.« Biermann ließ endlich den Krawattenknoten los, bevor er sich noch selbst strangulierte. »Nach meinen Informationen hält sich nicht nur Kinah zurzeit in Marokko auf, sondern auch Ventura.«
    »Der Mann, der hinter Kinah her ist.« Dirk hatte wieder das Bild des schwarz gekleideten Arabers vor Augen, wie so oft in den vergangenen zwei Tagen, in denen er nach einer nicht unbeträchtlichen Anzahlung sehnsüchtig und ungeduldig darauf gewartet hatte, dass sich Biermann meldete und ihm eine Spur präsentierte, der nachzugehen sich wirklich lohnte. »Sie haben mir immer noch nicht verraten, was er mit Kinah zu schaffen hat.«
    »Das stimmt. Aber wie ich Ihnen schon mehrmals sagte: Ich weiß es selbst nicht.« Biermann sah zu der Stewardess hinüber, die den Dicken gerade zu überreden versuchte, wieder Platz zu nehmen. Es war die Frau, die Dirks Flugangst ignoriert hatte. Sämtlicher Hochmut war aus ihrem Gesicht verschwunden, sie blinzelte nervös und war so weiß um die Nase, dass es fast unnatürlich aussah. Dirk gönnte ihr den Schreck von Herzen. Vielleicht war ihr das eine Lehre. Vielleicht stieg sie ja nach dieser halben Bruchlandung selbst vom Flugzeug auf den Bus um.
    »Und um ehrlich zu sein«, fügte Biermann nach einer Weile hinzu, »bin ich auch gar nicht scharf darauf, herauszufinden, was Ventura von Ihrer Frau will. Dieser Mann ist hochgefährlich. Hoffentlich können wir die Sache erledigen, ohne ihm über den Weg zu laufen.«
    ***
    Das Umsteigen vom Flugzeug auf den Bus erfolgte schneller, als sich Dirk hätte träumen lassen. Die Boeing war nicht so sehr beschädigt, dass sie sie über die Notrutschen verlassen mussten, wie Dirk befürchtet hatte, aber offensichtlich traute man es der Crew auch nicht mehr zu, sie direkt an den Terminal zu fahren. Nachdem endlich das Anschnall-Zeichen über den Sitzen erloschen war und die Stewardessen die Passagiere mitsamt ihrem mühsam wieder eingesammelten Handgepäck hinausgelotst hatten, erwartete sie nach einem kurzen Fußmarsch durch sommerliche Hitze ein erstaunlich moderner, voll klimatisierter Gelenkbus, der sie an der hektisch durcheinanderwuselnden Flughafenfeuerwehr vorbei zum Terminal fuhr. Dirk stellte mit einem erleichterten Blick in die Runde fest, dass es offensichtlich keine Schwerverletzten gegeben hatte. Eine ältere Frau trug einen notdürftigen Verband um den Kopf, ein Junge von vielleicht fünfzehn Jahren hielt sich den Rücken und kroch wie ein Achtzigjähriger in den Bus, und der Dicke stützte sich auf Dirks Lieblingsstewardess, die unter seinem Gewicht auf die Größe von Mutter Theresa schrumpfte. Außer Biermann, dessen Wunde die Flugbegleiterin mit einem Pflaster versorgt hatte, sah Dirk sonst niemanden mehr, der irgendwie zu Schaden gekommen war.
    Die Ankunft am Terminal verlief völlig chaotisch. Flughafenbedienstete und Schaulustige erwarteten sie voller

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