Sturm über der Wüste
sich entschieden und du auch. Ich bin überstimmt und werde darüber hinwegkommen.“
„Wirst du?“
„Klar.“
Obwohl er sein Bier noch nicht ausgetrunken hatte. ging Rance schon wieder zum Kühlschrank. Er kramte darin herum und drehte sich schließlich mit einem Karton Eier, Käse und ein paar schlaffen Zwiebeln in der Hand um.
„Fühl dich ganz wie zu Hause“, murmelte Keegan: Völlig unbekümmert von Keegans Grummeligkeit wusch Rance sich lachend die Hände im Spülbecken. „Du bist ungefähr so gesellig wie ein alter Bär, dem ein Stab im Hintern steckt.“
„Was machst du da?“
„Ein Omelette. Im Gegensatz zu anderen Leuten hier arbeite ich den ganzen Tag und habe Hunger.“
Keegan gab sich geschlagen. Mit störrischem Schweigen sah er Rance beim Braten des Omelettes zu. Er stellte nicht einmal klar, dass er schließlich auch jeden Tag arbeitete. Wenn Devon nicht da war, lebte er praktisch in seinem Büro.
Jesse kam gerade rechtzeitig zum Essen. Er setzte sich Keegan gegenüber an den Tisch, salzte sein Omelette und stürzte sich darauf.
„Diese Firma bringt dich noch um, Keeg“, sagte er zwischen zwei Bissen. „Wann hast du zum Beispiel das letzte Mal auf einem Pferd gesessen?“
Keegan war zwar wütend, aber auch hungrig. Und wie sich herausstellte, war Rance inzwischen gar kein schlechter Koch. Das verdankte er allein Emma. Um nicht sofort antworten zu müssen, stopfte er sich eine Gabel in den Mund.
„Vielleicht braucht er ja das Geld“, meinte Rance.
„Klar“, rief Jesse. „Es ist schon hart, wenn man bei seinen letzten zwanzig oder dreißig Millionen angekommen ist.“
„Sieh es doch mal so, Keeg.“ Rance grinste. „Dein Kapital wird sich vermutlich verdoppeln, wenn McKettrickCo an die Börse geht. Du kannst Shelley doppelt so viel Unterhalt zahlen. Dann wird sie so mit Klamottenkaufen beschäftigt sein, dass sie dich nicht mehr nervt.“
„Das hilft mir nicht gerade weiter“, blaffte Keegan.
„Im Moment gibt es wohl nichts, was dir helfen könnte“, bemerkte Jesse.
„Jedenfalls nicht, McKettrickCo zu verscherbeln“, zischte Keegan.
Jesse seufzte. Dann warf er Rance einen Blick zu.
„Okay“, sagte Rance entschieden.
„Okay was?“, fragte Keegan.
„Okay, wir stimmen wie du“, erklärte Jesse.
„Gegen unsere Überzeugung“, fügte Rance hinzu.
Jesse nickte nachdenklich. „Und ohne Garantie, dass wir gewinnen.“
Völlig perplex sah Keegan von einem zum anderen. „Und warum solltet ihr das tun?“
„Weil wir weich geworden sind“, entgegnete Rance.
„Du vielleicht.“ Jesse fixierte Keegan. „Dein Problem ist, das du viel zu viel nachdenkst. Das ist nicht gesund.“
„Danke, Jungs.“ In diesem Moment erkannte Keegan, dass er seinen Cousins weniger für ihr Versprechen dankte, in seinem Sinne zu stimmen, sondern dafür, dass sie da waren.
Gemeinsam verspeisten sie das Monsteromelette. Dann stellten Jesse und Rance das Geschirr in die Spüle und rieten Keegan dringend, sich schlafen zu lagen.
Diesem Rat gehorchte er gern und umgehend.
6. KAPITEL
Das Konferenzzimmer war gerade groß genug für die vielen McKettricks. McKettricks aus Texas. McKettricks aus New York. Aus San Francisco und Chicago. Einige waren sogar aus Europa gekommen.
Der alte Angus wäre erstaunt zu sehen, was für eine Riesenfamilie aus seinen vier Söhnen und seiner Tochter entstanden war.
Jesse stand rechts von Keegan, Rance links, ihre Schultern berührten einander. Meg, die neben Sierra saß, fing Keegans Blick auf.
Dann trat Eve McKettrick nach vorn. Sie war eine schöne Frau mit roten Haaren und grünen Augen. Kurz ordnete sie ein paar Notizen, die sie für ihre Ansprache jedoch gar nicht brauchte. Ihr gutes Gedächtnis war fast ebenso legendär wie ihr Geschäftssinn. „Wir haben lange genug über dieses Thema diskutiert“, erklärte sie. „Jeder von uns hat sich längst eine feste Meinung gebildet. Nun ist es an der Zeit für die Abstimmung, um ein für allemal eine Entscheidung zu treffen.“
Das darauffolgende Schweigen erinnerte Keegan an die berüchtigte Ruhe vor dem Sturm.
„Jeder, der gegen einen Börsengang ist, hebe jetzt bitte die Hand.“ Es war ungewöhnlich, zuerst die Neinstimmen abzufragen, aber typisch für Eve.
Zuerst hob Keegan die Hand, gefolgt von Jesse und Rance. Sierra und Meg folgten ihnen. Außerdem noch ungefähr sechs weitere Familienmitglieder. Keegans Magen zog sich zusammen. Das reichte nicht.
„Und wer ist dafür?“,
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