Sturm über Hatton Manor
Dass du uns erzählt hast, dass er allein im Haus ist, und wusstest, wie man reinkommt. Dass du einfach angeklopft hast und er dich reingelassen hat. Das haben wir erzählt, und alle haben uns geglaubt. Auch dein toller Nash!”
“Hör auf! Hör auf!”, protestierte Faith und hielt sich die Ohren zu. Sie war aschfahl geworden. “Wie konntet ihr das nur tun? Wie konntet ihr ihm solche Angst machen … und ihm so wehtun?”
Ihre Stimme bebte, als Faith sprach. Die Tür war nur angelehnt, und Nash stand starr vor Entsetzen draußen in der Eingangshalle. Er hatte das Haus betreten und in die Küche gehen wollen, um sich eine Tasse Kaffee zu machen. Auf dem Weg dorthin hatte er jedoch Stimmen gehört und war stehen geblieben – und hatte gelauscht. Zuerst hatte sein Herz vor Entsetzen schneller geklopft, nun schlug es wieder langsamer, und Verzweiflung überkam ihn.
Faith war unschuldig – genau wie sie es die ganze Zeit behauptet hatte. Wie sehr sie ihn jetzt hassen musste!
In der Küche fuhr Charlene Jenks fort, Faith zu provozieren.
“Es war ganz einfach … bis wir erwischt wurden, weil du uns gestört und alles ruiniert hast. Trotzdem haben wir dafür gesorgt, dass du dafür bezahlst.” Sie machte ein finsteres Gesicht. “Aber typisch für dich, dass du noch mal davongekommen bist. Wir wissen natürlich, wem du das zu verdanken hattest. Wahrscheinlich hat dein toller Nash schon damals auf dich gestanden, weil er sich so für dich eingesetzt hat. Wir haben schließlich alles mitbekommen – wie er den Friedensrichter gebeten hat, nicht zu streng mit dir zu sein. Er hat schon damals mit dir geschlafen, was? Und du warst noch minderjährig. Warte nur, bis wir das in der Stadt rumerzählen.”
Erst jetzt erholte Faith sich von dem Schock, die Charlenes Worte ihr versetzt hatten. “Wag es ja nicht, solche Lügen über Nash zu verbreiten”, sagte sie leidenschaftlich.
Nash
hatte sich für sie eingesetzt!
Nash
war derjenige gewesen, der ihr eine Gefängnisstrafe erspart hatte …
Nash hatte inzwischen genug gehört. Er stieß die Tür auf und marschierte in die Küche. Ohne die Haushälterin eines Blickes zu würdigen, wandte er sich an Charlene und stellte sie zur Rede.
“Noch
ein
Wort, noch
eine
Drohung, und ich hole die Polizei”, informierte er sie grimmig. “Und was Sie betrifft”, sagte er zu Mrs. Jenson, während Charlene, aschfahl vor Entsetzen, vor ihm zurückwich, “Sie sind gefeuert. Und kommen Sie ja nicht auf die Idee, mich um ein Zeugnis zu bitten.”
“Ich habe nichts getan”, entgegnete die Haushälterin aufsässig. “Unsere Charlene wollte unbedingt hierherkommen. Sie meinte, sie hätte noch eine alte Rechnung zu begleichen.”
Boshaft funkelte sie Faith an, doch als Nash einen Schritt auf sie zumachte, schüttelte Faith den Kopf und bat: “Nein, Nash, beachte sie gar nicht.”
“Ich warne Sie”, hörte sie ihn sagen, während er die beiden Frauen zur Hintertür führte. “Ich werde zur Polizei gehen und Anzeige gegen Sie beide erstatten.”
Sein Tonfall bewies ihr, dass Nash es ernst meinte, und Mrs. Jenson und Charlene merkten es offenbar auch. Allmählich erholte sie sich von ihrem Schock, und sobald er die Tür hinter den beiden geschlossen hatte und sie mit ihm allein war, ließ auch ihr Zittern nach.
“Was soll ich bloß sagen?”, fragte er matt.
“Du konntest es nicht wissen”, erwiderte sie ausdruckslos. “Alles sprach gegen mich. Ich stand direkt neben Philip und hatte seine Brieftasche in der Hand. Sie haben behauptet, es wäre meine Idee gewesen und ich hätte alles geplant.”
“Du hast mich angefleht, dir zuzuhören … dir zu vertrauen …”
Schweigend wandte Faith den Blick ab.
“Ich hätte Philip an dem Abend niemals allein lassen dürfen”, tadelte Nash sich schroff. “Ich wusste schließlich, wie schlecht sein Gesundheitszustand war. Aber meine verdammte Arbeit …”
Das klang so schuldbewusst, dass sie sofort Mitleid mit ihm verspürte. Langsam hob sie die Hand, in einer tröstlichen Geste, ließ sie allerdings wieder sinken.
“Ich habe versucht, meine Schuldgefühle zu verdrängen, indem ich
dich
dafür verantwortlich gemacht habe. Ich musste dich als die Schuldige hinstellen, um mich der Verantwortung zu entziehen.”
“Warum hast du dich für mich eingesetzt?”, fragte sie leise. Sie konnte sich nicht überwinden, ihn anzusehen, während sie auf seine Antwort wartete. Nervös rang sie die Hände, und das Herz klopfte ihr bis zum
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