Sturm ueber Thedra
Luft an und schaute schnell zu den etwa dreißig Halbwüchsigen hin, die mit erwartungsvollen Gesichtern auf dem hinteren Teil der Tribüne standen. Wer von ihnen würde wohl zu den Auserwählten gehören?
Wilder Neid erfaßte Teri unvermittelt. Heute wurden die neuen Scharleute gewählt. - Die Scharleute, die auf den fliegenden Schiffen fahren und Waffen tragen durften. - Die Scharleute, die alle nur denkbaren Privilegien genießen und in die entferntesten Länder reisen würden. Unwillkürlich schloß Teri ihre Hände zu Fäusten. Wenn sie nur alt genug gewesen wäre, dann würde sie jetzt dort oben stehen - und ganz sicher würde sie ausgewählt werden.
Gleichzeitig hoben alle sechs Verkünder ihre glänzenden Instrumente an die Lippen und schon der erste, durchdringende Ton beendete das Gemurmel und Getuschel auf dem Versammlungsplatz.
Teri betrachtete die Gruppe der Bewerber, die sich im Alter von zwölf Jahren in die Rolle der Scharanwärter einschreiben konnten. Teri traute es sich zu, jeden einzelnen von ihnen in jeder denkbaren Disziplin zu schlagen. Ihr Blick blieb an den Augen von Aeta hängen. Noch im vergangenen Sommer hatten Teri und Aeta am Strand zusammen gespielt. Teri mochte das drahtige, brünette Mädchen. Im Spiel war sie eine der Ehrgeizigsten und Schnellsten gewesen. Nun gut, das mochte für einen Mannschaftsgrad ausreichend sein, aber Teri fand, dass es nicht ausreichte, stark und schnell zu sein, um ein Schwalbenschiff zu leiten. Aeta würde es nie zum Kapitän bringen, Teri hielt sie einfach für zu dumm.
Oder Raag mit seinem massigen Körper. Sicher, er war kräftig wie kein anderer seines Alters, aber welcher Kapitän würde ihn haben wollen? Raag bewarb sich nun schon im dritten und letzten Jahr um einen Platz in der Sturmflottenschar. Aber er war viel zu schwer. Der Kapitän, der ihn auswählte, könnte sich ja gleich einen Felsbrocken in den Mast hängen, befand Teri. "Soll der Kerl doch Schneckenschiff fahren!", zischte sie zwischen halbgeschlossenen Lippen hervor. Fünf Jahre fehlten ihr, um sich bewerben zu können, lächerliche fünf Jahre. - Es war einfach ungerecht!
Teris heimliche Hoffnung war es, dass der Obmann der Kapitäne bekanntgab, dass dieser jämmerliche Haufen von fetten Idioten zu gar nichts tauge und man das Alter für Bewerbungen darum auf sieben Jahre herabsetze. Dann würde Teri als erste auf die Bühne steigen, dem Obmann wissend zunicken, ihm die Hand reichen und sich als erste in die Liste einschreiben. So würde sie es machen. Ganz bestimmt!
Plötzlich verstummten die Fanfaren. Erwartungsvolle Stille lag über dem Platz. An die dreitausend Menschen warteten darauf zu erfahren, welchen Familien in diesem Jahr die Ehre zuteil wurde, ein Mitglied der Sturmflottenschar hervorgebracht zu haben.
"Der Obmann der Kapitäne der Schwalbenschiffe!", rief der Erste Verkünder überflüssigerweise über die Köpfe der Menge hinweg. Jeder kannte Athan, den dienstältesten Kapitän der Flotte der fliegenden Schiffe.
Der Mann neben Teri setzte sich in Bewegung und stieg die Stufen zum Podest hinauf. Teri konnte es kaum fassen, der Obmann hatte direkt neben ihr gestanden, sie hatte ihm sogar ins Gesicht gesehen, und sie hatte ihn in ihrer Aufregung nicht erkannt.
Athan ließ sich Zeit mit seinem Auftritt. Klein und drahtig wie alle Scharleute, wirkte er in seinem Anzug aus gelber, geölter Seide wie eine Quelle reiner Energie. Trotz seines Alters, Teri schätzte ihn auf mindestens dreißig Jahre, bewegte er sich geschmeidig auf die Mitte des Podiums zu.
Ruhe gebietend hob er die Hand, als einzelne Hochrufe laut wurden. Aus seiner Tasche, die um seine Schultern hing, nahm er eine flache Holzschachtel, von der er mit geübten Handgriffen den Deckel entfernte. Zum Vorschein kam ein Rahmen aus Leisten, der fast zu ganzer Höhe mit gelbem Ton ausgefüllt war.
Den Deckel der Schachtel legte Athan nun unter das Bodenbrett der Tafel und hielt diese mit beiden Händen über den Kopf. "Die Versammlung der Kapitäne hat gewählt!", gab er bekannt, "Diese Tafel trägt die Namen der Matrosen, die wir in diesem Jahr in Dienst nehmen werden!"
Teri versuchte angestrengt, einen der Namen zu entziffern, oder wenigstens die Anzahl der Kandidaten festzustellen, konnte aber wegen der Entfernung nichts erkennen.
"Ich werde die Namen nun verlesen", fuhr Athan fort und nahm die Tafel wieder herunter. "Erwählt ist Rean, Tochter der Kaufleute Deril und Ewron!" Athan ließ die Tafel sinken,
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