Sturm ueber Thedra
während Rean mit hochrotem Gesicht nach vorn gestolpert kam und sich neben ihn stellte.
"Erwählt ist Sigo, Sohn der Former Ohbit und Aslan!" Wieder kam ein linkisches Geschöpf aus der Gruppe der Wartenden und stellte sich, verlegen grinsend, neben Athan.
Teri sah dem würdelosen Schauspiel verächtlich zu. Die armen Kapitäne! - Was hatten die sich da bloß ausgesucht?
Weiter verlas der Obmann die Namen der Erwählten. Mit jedem neuen Namen sank Teris Hoffnung tiefer. Immer größer wurde die Schar stolzer und verlegener Halbwüchsiger, die sich neben Athan aufstellten. Auch Aeta war dabei – natürlich - und Dacol, der Sohn eines Hirten, der mädchenhafter wirkte, als manche der jungen Frauen auf der Tribüne.
Schließlich ließ der Obmann die Tafel endgültig sinken. sechzehn Auserwählte standen neben ihm.
Athan trat zwei Schritte vor, wandte sich um und richtete das Wort an sie: "Junge Scharleute", sprach er sie an, "ihr seid von der Kapitänsversammlung der Schwalbenschiffe in den Mannschaftsstand gewählt worden. Wer von euch Zweifel hat, den harten Anforderungen gewachsen zu sein, der trete nun vor, und ich werde seinen Namen von dieser Tafel löschen!"
Keiner der jungen Scharleute regte sich auch nur um einen Fingerbreit.
"So sprecht mir denn nach", fuhr der Obmann in dem traditionell vorgegebenen Text fort und begann mit getragener Stimme den Eid der Scharleute zu sprechen, wobei er nach jeweils wenigen Worte eine Pause einlegte, in der die Erwählten den Text im Chor wiederholten: "Wir sind der Sturmflottenschar auf ewig ergeben. Wir werden ihre Geheimnisse hüten und für unser Schiff eintreten mit der Kraft unseres Geistes, des Körpers und unseres Lebens!"
Eine heiße Welle der Sehnsucht riß Teri mit sich fort. Halblaut hatte sie den Text des Eides mitgesprochen. Einen Moment lang war sie versucht, einfach auf die Bühne zu klettern und sich in die Gruppe der Erwählten einzureihen - aber das war natürlich dummes Zeug.
"Ein jeder von euch ist nun für alle Zeiten Mitglied der Sturmflottenschar", erhob Athan nun wieder die Stimme, als die nachgesprochene Eidesformel verklungen war. "Nichts als der Tod wird euch von diesem Recht und dieser Pflicht entbinden. Geht nun in den Schwalbenhafen und lernt euer Handwerk gut. Im nächsten Frühjahr werdet ihr mit den Schiffen fliegen!"
Wie auf ein geheimes Kommando hoben die Verkünder nun ihre Fanfaren, um das Schweigegebot aufzuheben, aber noch vor dem ersten Ton löste sich die Anspannung der Menge in tosendem Jubel. Jeder versuchte, den Eltern eines neuen Scharmitglieds die Hand zu reichen, nur das kleine Häuflein der abgelehnten Bewerber stahl sich beschämt von der Bühne.
Teris Blick hing wie gebannt an der Gestalt Athans, der nun zu jedem einzelnen der jungen Leute trat, um sie zu ihrer Wahl zu beglückwünschen. Dann händigte er die frische Tontafel dem Obmann der Brenner aus, der sie mit sich nahm, um sie im Feuer zu härten.
Plötzlich drehte der Obmann sich um und schaute Teri voll in die Augen. Mit zwei schnellen Schritten war er am Rand der Tribüne und beugte sich zu Teri hinab, die erschreckt einen halben Schritt zurückwich, mehr Raum ließ ihr die Menge in ihrem Rücken nicht.
"Welcher Kerl soll mit den Schneckenschiffen fahren?", fragte Athan freundlich.
Schlagartig wurde es Teri klar, dass er ihre halblaut ausgesprochene Bemerkung von vorhin trotz der Fanfaren sehr wohl gehört hatte. "Der, der dicke Raag", brachte sie zaghaft hervor. Tatsächlich war Raag auch in seinem dritten Jahr von keinem Kapitän gewählt worden. Er würde nie zur Schar gehören, Teri hatte es gewußt.
"So, der dicke Raag also", stellte der Obmann fest. "Ja, du hast Recht. Raag wird auf einem Schneckenschiff anheuern müssen, wenn er zur See fahren will." Nachdenklich nickte der Mann zu seinen Worten. "Und du?", wollte er von Teri wissen. "Ich habe Dich beobachtet. - Du willst Scharfrau werden?"
Auf einmal fiel alle Befangenheit von Teri ab. "Ja!" Trotzig schaute sie dem hoch über sie aufragenden Mann auf der Bühne in das Gesicht. "Ja, ich will Scharfrau werden! Und nicht nur einfache Scharfrau. Kapitän will ich werden! Kapitän des Flaggschiffs der Königlichen Flotte. Kapitän der `Diamant'!"
Athan lachte laut auf. "So, Kapitän der `Diamant' willst du sein! Nun, das ist zur Zeit zwar mein Schiff, aber wenn Du so weit bist, können wir uns ja über meine Ablösung unterhalten."
Teri spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoß. Sie hatte
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