Sturm ueber Thedra
das aus einem Holztrog bestand, den sie mit trockenem Moos und einem Ziegenfell behaglich hergerichtet hatte. Hier lag Fe warm und sicher und verschlief, wie ihre Mutter, die meiste Zeit des Tages. Da es im Moment sowieso nichts besseres zu tun gab, durchstöberte Ena Teris Bündel nach brauchbarem Stoff, um daraus Kleidung für Fe anzufertigen. Nun machte es sich bezahlt, dass Teri die Kleidung, aus der sie zwischen Tigan und Ago herausgewachsen war, die ganze Zeit aufgehoben und mit sich herumgeschleppt hatte, denn Ena machte daraus im Laufe des Nachmittags, mit Hilfe einer Bronzenadel und einiger aus dem Gewebe gelöster Fäden, zwei winzige Kittel und einen kleinen Stapel Windeln für das Kind. Um diese Arbeit bei gutem Licht durchführen zu können, hatte sie sich, in eine Decke gehüllt, vor das Haus gesetzt, da die Witterung schon zu kalt geworden war, um die Fensterläden geöffnet zu halten.
Gerade war Ena damit beschäftigt, ihre Sachen zusammenzuräumen, als sie eine Bewegung am Rand der Lichtung wahrnahm. Rasch sah sie auf und erkannte in der schwindenden Helligkeit des Nachmittags einen hochgewachsenen Mann, der auf das Haus zukam. Ruhig blieb Ena sitzen und sah dem Fremden entgegen, während sie unauffällig eine der Windeln zu Boden gleiten ließ und einen etwa faustgroßen Stein hineinrollte. Sie nahm die Zipfel des Tuchs zusammen und stand auf, wobei sie das Tuch mit dem Stein geschickt hinter den anderen Wäschestücken verbarg.
"Bist du Ena?" Der Mann kam mit unverminderter Schnelligkeit auf das Haus zu. "Hast du die Hüterin bei dir zu Gast?"
"Ich bin Ena, und dies ist mein Haus!", antwortete die junge Frau. Der schwere Stein schwang beruhigend in dem Tuch hin und her. Mit einer ähnlichen Waffe hatte Ena vor einem Jahr einen aufdringlichen "Verehrer" übel zugerichtet, der ihr auf dem Heimweg vom Markt im Wald aufgelauert hatte. Es war immer gut, einem Fremden nicht ganz wehrlos gegenüberzutreten.
Fakun hatte Stimmen auf dem Hof gehört und kam nun heraus. Schweigend blieb er im Türrahmen stehen und schaute dem Ankömmling entgegen, der jetzt stehengeblieben war. Hund hatte sich ebenfalls durch den Türspalt gedrängt und achtete scharf auf jede Bewegung des Mannes. Dass der Alte in seinem wehenden Umhang ihm nicht ganz geheuer war, konnte Fakun an dem leicht gestäubten Nackenfell erkennen.
"Ist die Hüterin der Armee bei dir?", begehrte der Fremde abermals zu wissen.
Ena drehte sich hilfesuchend zu Fakun um. Sie wußte offensichtlich nicht, was sie darauf antworten sollte. Natürlich wußte sie von Teris Auftrag und auch, dass sie verfolgt wurde, war kein Geheimnis für Ena. Was also sollte sie einem Fremden antworten, der vielleicht zu gerade diesen Verfolgern gehörte?
"Meine Frau ist krank", erwiderte Fakun an ihrer Stelle. "Bist du der, nach dem wir suchen sollen?"
"Ich bin der Alte vom Berg!" Aganez trat, ohne Ena weiter zu beachten, auf Fakun zu. "Was fehlt deiner Frau?"
Hund legte die Ohren ein wenig zurück, die Haare auf seinem Rücken waren jetzt aufgestellt wie bei einer Bürste.
"Was geht dich das an?", schaltete sich Ena nun wieder ein. "Sie hat ein Kind geboren und ist nun sehr schwach. - Das ist alles!"
"Ich bitte dich um Gastfreundschaft für diesen Mann", sprach Fakun Ena an. "Er ist es, um dessentwillen wir die Reise unternommen haben." Nervös schaute Fakun in den Raum hinter sich; Teri begann unruhig zu werden.
Ena wandte sich dem Haus zu und trat auf die Schwelle. "Sei willkommen!" Sie hielt dem Magier die Tür auf, und Aganez sah die Hüterin, auf die er monatelang gewartet hatte, zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht.
Wenig später hatte Aganez Teri und ihr Kind gegen den schwachen Protest von Ena und Fakun schnell und gründlich untersucht. Er hatte den beiden einfach geboten, ihn machen zu lassen und sie hatten gehorcht. Aganez hatte noch nicht einmal die Kraft seiner Stimme, oder gar den Ring einsetzen müssen. Ena und Fakun machten den Eindruck verängstigter Kinder, die bereit waren, jede nur denkbare Hilfe anzunehmen, von wem sie auch immer kam.
Als Aganez die Untersuchung beendete, hatte sogar Ena zugeben müssen, dass der Fremde etwas von Heilkunde verstand. Er hatte ihr einige äußerst präzise Fragen über den Verlauf von Schwangerschaft, Geburt und Blutung gestellt und sie für ihre Behandlungsmethoden sehr gelobt.
Teri hatte die Prozedur halb bewußtlos über sich ergehen lassen und schlief, sofort nachdem Aganez sie zugedeckt hatte,
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