Sturm ueber Thedra
Männer auf ihren Plätzen und waren in den Anblick des Rings vertieft.
"Deine Begleiter sitzen da wie Schafe, die den Mond anbeten", meinte der Fremde mit einem Lächeln. "Wenn du dich jetzt auch auf den Ring konzentrierst, wird es leichter für dich."
Wieder stieß Szin ein wütendes Knurren aus und schirmte mit der weit ausgestreckten Linken das Funkeln des Schmuckstücks ab, während seine Rechte zum Stiefel hinabfuhr und mit schlangengleicher Geschmeidigkeit den nadelfeinen Dolch hervorzog.
"Lass das lieber!", schlug der Fremde freundlich vor, und Szins Hand erstarrte in der Bewegung.
Verwirrt und verzweifelt schaute Szin wieder zu seinen Begleitern hinüber, aber die saßen nur da, starrten wie gebannt auf den Ring und bemerkten nichts von dem, was geschah.
"Steck deine Waffe wieder ein! Du brauchst sie erst wieder in Thedra, wohin ihr jetzt gehen werdet", forderte der unheimliche Gast am anderen Ende des Raumes.
Mit wachsender Panik erkannte Szin, dass er dem Fremden hilflos ausgeliefert war. Er wußte genau, dass es unmöglich ist, einen Menschen hypnotisch zu beeinflussen, der sich bewußt dagegen wehrt - und trotzdem steckte er gegen seinen Willen den Dolch mit geübter Bewegung wieder in den Stiefel.
"Hört mir zu, Dramilen!" Aganez erhob sich und trat näher an das Feuer heran. "Ich habe einen Auftrag für euch, mit dessen Durchführung ihr sofort beginnen werdet!"
Wie Gläubige in einem Bethaus saßen die Dramilen vor dem Fremden und waren vollständig vom Feuer des Rings und der Kraft der Stimme in den Bann geschlagen. Nun wehrte sich auch Szin nicht mehr gegen den Einfluß, den das funkelnde Geschmeide auf seinen Geist ausübte. "Ihr werdet sofort nach Thedra gehen!", hörte er den Befehl des Fremden. "Dort werdet ihr ..."
Es war nicht viel gewesen, was Aganez den Dramilen aufgetragen hatte. "Nun geht, Dramilen, und verliert keine Zeit!", schloß er seine Rede ab und setzte sich wieder auf seinen Platz, wobei er den Ring vom Finger zog und ihn in einem Beutel, der an einem Band von seinem Hals herabhing, verschwinden ließ.
Langsam kam wieder Bewegung in die Menschen in der Gaststube. Die Gäste setzten ihre Unterhaltung da fort, wo sie sie vor kurzem unterbrochen hatten, gerade so, als sei nichts geschehen. Der Wirt schüttelte kurz den Kopf und verscheuchte so die Schläfrigkeit, die ihn plötzlich trotz der frühen Stunde überfallen hatte. - Dann erst kam Bewegung in die Gruppe der Dramilen. Langsam begannen sie ihre Sachen zusammenzukramen und ihre Bündel zu schnüren. Zwar irrlichterten Szins Augen unsicher zwischen Aganez und seinen Leuten hin und her, aber auch er konnte sich dem Zwang des Auftrags nicht entziehen.
Schließlich war die Gruppe reisefertig. Schweigend schulterten die Dramilen ihre Bündel und verließen wortlos das Gasthaus. Obwohl sie dabei nahe an seinem Platz vorbeikamen, beachtete Aganez sie nicht. Kein lebender Mensch hatte sich je der Kraft seiner Stimme entziehen können, und so war er sich sehr sicher, dass die drei den Auftrag, den er ihnen mit auf den Weg gegeben hatte, zu seiner vollen Zufriedenheit erledigen würden - ob sie es nun wollten oder nicht.
In Enas Hütte saß Fakun am Bett seiner Frau und bewachte ihren ohnmachtsähnlichen Schlaf, der nur dann und wann von den leichten Krämpfen der Nachwehen unterbrochen wurde. Noch immer hatte die Blutung nicht aufgehört, und es gab nichts, was er für Teri hätte tun können.
Ena hatte sich in eine Ecke des Zimmers zurückgezogen. Dort saß sie schweigend und überlegte, wie man der Kranken am besten helfen könne. Der Absud von Schafgarbe und Walnußkätzchen, der sonst von Frauen als Spülung zur Blutstillung benutzt wurde, kam hier nicht in Frage. Teri war für eine Behandlung, die aktive Mithilfe von ihr verlangt hätte, einfach zu schwach, und andere Mittel waren Ena nicht bekannt. Sofort nach der Geburt hatte Ena Teri wieder die bewährte Mischung aus stärkenden und beruhigenden Kräutern gegeben, um die Kranke möglichst ruhig zu halten und vor Aufregung zu schützen.
Am zweiten Tag nach der Geburt besserte sich Teris Zustand ein wenig; sie erwachte kurz und nahm auch eine Winzigkeit von dem Essen an, das Ena ihr brachte. Die Blutung hatte zwar immer noch nicht aufgehört, aber sie war jetzt bedeutend schwächer geworden. Ena begann, Hoffnung zu schöpfen, und auch Fakun fand jetzt den ersten, allerdings sehr unruhigen Schlaf, seit er Vater einer Tochter war.
Für Fe hatte Ena ein Nest gebaut,
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