Sturm ueber Thedra
Laufplanke auf das Löwenboot zu schleppen, während der dritte dem Kapitän einen Lederbeutel in die Hand drückte. "Achthundert", sagte er hastig. "Wie besprochen. - Lauft so schnell aus, wie ihr könnt!"
Der Kapitän grunzte nur unwillig. Offenbar hatte es ihm die Sprache verschlagen.
"Die Harmuged belagern den Tempel der sprechenden Höhlen", berichtete der Fremde. "Sie fordern die Ofisa zum Kampf. - Der Tempel ist verschlossen. Die Ofisa haben sich dort versammelt. Sie wollen kämpfen bis zum Tod. Wenn sie die Tempeltore öffnen, dann wird Isco brennen! - Ich muß zurück in die Stadt. Ich muß meine Ware retten!"
Mit diesen Worten drehte der Mann sich um und hastete über die Planke davon. Seine Gehilfen hatten die Kisten achtlos auf das Deck gestellt, wo sie gerade Platz fanden und waren mit dem Karren schon eilig zwischen den Häusern der Stadt verschwunden.
Wieder begann das Warten auf die Flut. Ein leises Gluckern zwischen Bordwand und Kaimauer verriet, dass das Wasser in Bewegung war. Aber es würde noch Zeit vergehen, bis die `Sesiol' wieder frei auf dem Wasser des Hafens von Isco schwamm.
Am späten Nachmittag endlich verriet ein Knarren im Schiffskörper, dass die `Sesiol' langsam aus dem Schlick gehoben wurde. Trotz der Windstille im Hafen begann der lange Mast ein wenig zu schwanken. Ein gutes Zeichen.
Teri machte sich Gedanken um die Kraan. Traumverloren auf den leeren Kai schauend, kraulte sie geistesabwesend die Felldecke, das Geschenk Askas. Wie mochte es den Artisten wohl ergehen? Der Lärm in der Stadt war zu einem nichtendenwollenden, tausendstimmigen Schrei der Wut geworden. Er war, als tobe hinter den Häusern des Hafens ein gigantisches Ungeheuer in maßlosem Zorn.
Teri dachte an den Armreif, den sie aus dem Stroh ihres Lagers für Aska geflochten hatte. Dieser Eine war ihr besonders gut gelungen, und stolz hatte sie ihn der alten Frau zum Abschied überreicht. Ob es den Reif wohl noch gab, oder ob er sich, wie all ihre früheren Werke, schon nach kurzer Zeit wieder in einzelne Halme aufgelöst hatte?
Angst überkam Teri, wenn sie daran dachte, dass ihre Freundin und Lehrmeisterin irgendwo in dieser brodelnden Masse sein könnte, die auf dem Platz vor dem Tempel tobte und kreischte. Aber die Kraan waren ein kluges Volk. Sicher hatte Aska die drohende Unruhe rechtzeitig erkannt und ihre Gruppe an einen sicheren Ort geführt.
Plötzlich schwoll der Lärm noch mehr an. Teri schrak aus ihren Betrachtungen auf. Undeutlich sah sie Bewegungen in den schmalen Gassen und auf den Treppen, die in die Stadt führten. Schnelle Schritte und einzelne Rufe drangen durch das fanatische Geheul, das immer näher kam. Unwillkürlich sprang Teri auf und wich einen Schritt zurück.
Ungeordnet und in offenbar panischer Flucht stürzte ein gutes Hundert der Wachmannschaften auf den Hafenplatz. Hinter ihnen quoll aus allen Gassen eine unglaubliche Menge dunkel gekleideter Gestalten hervor, die in wilder Hast bemüht waren, sich heller gekleideten Angreifern, die ihnen nachsetzten, zu entziehen.
"Ha! Die Ofisa hatten Waffen im Tempel!", rief der Kapitän aus. "Hab ich's doch gewußt! - Heilig tun sie! - Niemand etwas zuleide tun können sie! Aber ..."
Jetzt sah auch Teri, dass die Hellgekleideten mit schweren Waffen ausgerüstet waren. Mit Spießen und Keulen, Wurfspeeren und sogar Schwertern stachen und schlugen sie auf ihre Widersacher ein. "Für Ofisa!", brüllten sie jedes Mal, wenn ein Gegner niedergestreckt wurde, wogegen das "Harmuged! - Harmuged!" der Schwarzgekleideten schon lange den Schreien der Angst und der Not gewichen war.
Zwar blinkten in den Händen der Harmuged-Pilger ebenfalls Waffen. - Aber was waren Dolche und bronzebeschlagene Schlaghölzer schon im Vergleich zu dem Arsenal von blanken Langwaffen, das die Ofisa einsetzten.
Teri sah, wie einem Mann ein Spieß durch den Hals getrieben wurde und wie ein anderer einen furchtbaren Schwerthieb in den Rücken erhielt. Eine dunkle Gestalt rannte in kopfloser Flucht genau in die Reihen der Gegner hinein.
Wild aufeinander einschlagend und stechend, wälzte sich die Masse der ineinander verkeilten Leiber auf die Kaimauer zu.
"Zieht die Laufplanke ein! Macht die Leinen los! Stoßt ab!", kommandierte der Kapitän. Darauf hatten seine Leute nur gewartet. Gleich zu viert rissen sie so stark am Ende der Planke, dass sie krachend auf das Deck flog. Zwei andere waren an Land gesprungen und hoben die schweren Trossen von den Pfählen. Mit großen
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