Sturm ueber Thedra
sie ja einen tollen Freund gefunden! Aber etwas interessierte sie doch: "Sag mal, Ging, sprechen eigentlich alle Wanderer so wie du?"
"Wie? Wie spreche ich denn? - Wie?"
"Na, du wiederholst zum Schluß immer das Wort vom Anfang."
"Wirklich? Tue ich das? - Wirklich?" Ging legte seine Stirn in ernste nachdenkliche Falten. "Also nein. Seltsam. Also nein."
"Schon gut", seufzte Teri und wechselte schnell das Thema.
In Gings Gesellschaft vergingen Teris Tage in Isco schnell. Ging hatte jeden Tag Zeit für sie und erwartete sie schon immer frühmorgens auf dem Platz am Hochzeitsstein. Von dort aus zogen die beiden los, und Ging zeigte Teri die Kaiserstadt. Er kannte sich so gut aus, als sei er hier geboren, und er kannte viele Geschichten aus dem alten Isco, lange vor der Zeit des jetzigen Kaisers.
"Vor langer Zeit war ich schon mal hier. Vor langer Zeit!", hatte er auf Teris Frage geantwortet, aber über sein Alter hatte er keine Auskunft geben wollen. Überhaupt hatte Ging so seine Geheimnisse. Sein Geburtsort, sein Alter, wann und was er aß und trank, wo er schlief - nichts von alledem bekam Teri heraus. Er wollte auch keinesfalls berührt werden. Einmal, als Teri gestolpert war und nach ihm griff, um sich zu stützen, war er hastig zurückgewichen. Teri war hingefallen und hatte sich den Handballen dabei bös aufgeschrammt.
"Bitte nicht anfassen", hatte Ging entschuldigend gemurmelt, dem Teris wütender Blick nicht entgangen war. "Wir würden uns lesen. Es würde die Freundschaft töten! - Bitte nicht anfassen."
Teri hatte verstanden. Sie hatten beide die Gabe, Dinge lesen zu können. Ging hatte Angst davor, zu viel über Teri zu erfahren, wenn er sie berührte und wohl auch davor, dass Teri zu viel über ihn erahnte.
Versöhnt war sie wieder aufgestanden, und sie waren weiter durch die Stadt gezogen. Teri hatte sich an der Pracht des Kaiserpalastes erfreut und die hohen Türme des Tempels bewundert, die wie kupferne Nadeln in den Himmel ragten. Sie hatte die Terrassengärten an den Hügelhängen gesehen und sich in den Katakomben unter der Stadt umgeschaut. Am Ende ihres Aufenthalts gab es in ganz Isco keinen Hügel, den die beiden nicht gemeinsam erklommen und keinen Park, den sie nicht gemeinsam besucht hätten.
Nur vor dem Wasser hatte Ging eine panische Angst. Trotzdem überwand er sich und kam zum Abschied mit an den Hafen.
"Eines verstehe ich nicht." Teri sah Ging fragend an. "Wenn du doch Wasser so abscheulich findest, warum haben wir uns damals am Hafen kennengelernt? Wieso warst du dort?"
"Ich habe auf dich gewartet." Ging schaute verlegen zu Boden. "Aska meinte, dass du vielleicht einen Freund gebrauchen könntest. - Ich habe auf dich gewartet."
Aska? Die alte Aska, die Mutter von Bgobo, hatte Ging aufgetragen, auf sie, auf Teri zu warten? "Aber ich bin weit über ein Jahr lang fort gewesen und wußte selbst nicht, ob ich je wieder nach Isco komme."
"Aska bittet nicht, Teri. - Ich hatte hier auf dich zu warten. Aber ..." Ging schaute ihr lächelnd ins Gesicht. "...ich bin froh, das ich geblieben bin. Es war eine schöne Zeit mit dir. - Hm, eigentlich schade, dass wir Wanderer nur sehr dicke Frauen mögen."
Jetzt hatte Ging vor lauter Rührung glatt vergessen, den Satzanfang zu wiederholen, aber er wetzte die Scharte sofort wieder aus: "Ich glaube, ich möchte dich gerne mal besuchen. - Ich glaube, ich möchte!"
"Wann immer du willst!" Teri hätte Ging fast umarmt, aber im letzten Moment fiel ihr noch ein, dass er so etwas überhaupt nicht schätzte. "Wann immer du willst! Du wirst willkommen sein!"
Wenig später war Teri wieder auf hoher See. Der Wind war gut, und der Kapitän hielt geraden Kurs auf Thedra.
KAPITEL 11 - DIE HEIMKEHR
Träume verwirklichen sich nicht. - Sie werden verwirklicht.
Je näher das Löwenboot Thedra kam, umso unfreundlicher tat der Kapitän, aber Teri spürte, dass er nur ihr und sich den Abschied erleichtern wollte und nahm ihm seine Grummeligkeit nicht übel.
Auffällig oft hatte der alte Mann auf der Reise betont, dass die Passage Teris von Tana und Gerit bereits vor Tigan bezahlt worden sei. - Aber Teri glaubte ihm kein Wort. Sie wurde im Gegenteil nie den Verdacht los, dass der Kapitän sein Schiff nur ihretwegen und auf eigene Kosten nach Thedra lenkte. - Nur, um sie sicher nach Hause zu bringen.
Mehr noch: Er hatte sie mit nach Ago, in seine Heimat, genommen und sie dort wie ein eigenes Kind in seinem Hause leben lassen. Als sie aus ihren Sachen
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