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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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herausgewachsen war, hatte er ihr neue Kleidung besorgt, und immer war ihre Proviantkiste gefüllt gewesen. In Osange hatte sie selbst gehört, wie er es ablehnte, Passagiere an Bord zu nehmen, nur damit sie weiterhin die Kabine für sich allein hatte.
    Teris Dankbarkeit, ja, Teris Liebe zu diesem alten Kapitän kannte keine Grenzen. - Was immer sie tat, um das zu vergelten, was dieser Mann für sie getan hatte, mußte Stückwerk bleiben.
    So hatte sie denn in Isco, auf einem ihrer Streifzüge mit Ging, zwei ihrer Bronzestücke geopfert und ein Paar steiflederne Armschienen für den Kapitän besorgt, die ihn bei der täglichen Arbeit an Bord vortrefflich vor Verletzungen schützen würden.
    Der alte Mann war von Teris Geschenk vollkommen überrascht gewesen. Er hatte sich sehr darüber gefreut, das wußte sie, auch wenn er etwas von `Verschwendung' gemurmelt hatte. Und trotzdem war es ein Fehler gewesen, ihm das Geschenk schon in Isco zu geben. Teri hatte damit auf den Beginn ihres Abschieds hingedeutet, und dieser Gedanke bereitete beiden fortan Unbehagen.
    Alles schmeckte, alles roch nach Abschied; alles fühlte sich nach Abschied an. Jedes Essen an Bord war von dem Gedanken an baldige Trennung überschattet, und in jedem Lied der Matrosen schwang Melancholie mit.
    Teri liebte den alten Mann, vertraute ihm, hätte alles für ihn getan, und jede Bewegung der `Sesiol' brachte sie dem Verlust der Geborgenheit näher.
    Der Kapitän reagierte auf seine Weise: Fluchend, schimpfend und unduldsam ging er über das Deck, und niemand konnte ihm etwas recht machen. Seit Isco war nicht mehr mit ihm zu reden, und Tag für Tag wurde es schlimmer. Wie ein gefangenes Tier rannte er gegen die schweren Gitter seiner Liebe zu diesem Kind - denn das war Teri in seinen Augen noch - an, ohne sie jedoch zerbrechen zu können.
    Auch Teri wurde von einer zunehmenden Traurigkeit erfaßt. Die `Sesiol', die fast zwei Jahre lang ihre Heimat gewesen war, stampfte schwer in der nördlichen See. Alles hatte sich verändert.
    Nachdem Tana und Gerit in Tigan verhaftet worden waren, hatte der Kapitän die Stelle ihrer Eltern eingenommen. Er hatte sie versorgt, gekleidet, ernährt und beschützt. Er war für sie dagewesen, wenn sie ihn brauchte, und nun würden sich ihre Wege bald trennen.
    Teri war es, als würde sie ihre Eltern zum dritten Mal verlieren. Fröstelnd saß sie vor der Kabine auf dem Strohsack, den Tana noch gestopft hatte. Sie war fest in ihre Felldecke gehüllt, denn an das raue nördliche Klima mußte sie sich erst wieder gewöhnen.

    Sofort nach der Ankunft in Thedra verließ Teri die `Sesiol'. Nicht nur der Kapitän, sogar die ganze Mannschaft wirkte bedrückt, und alle nahmen Teris Abschied und Dank betreten entgegen.
    Es war seltsam: Da hatte man nun Jahre zusammen verbracht und Wochen vorher schon unter der Trennung gelitten - und jetzt, wo es so weit war, hatte man sich nichts mehr zu sagen. Das gemeinsame Ziel war erreicht. Es gab nichts mehr zu tun. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit war langsam erloschen, und ein jeder würde wieder seiner eigenen Wege gehen.
    Das hatte nichts mit Undank zu tun. Teri würde bei dem Kapitän für immer in tiefer Schuld stehen, das wußte sie genau. Aber die Fahrt auf der `Sesiol' war ein Abschnitt ihres Lebens gewesen, und dieser Abschnitt war nun vorüber. Sobald sie den Boden Thedras betrat, würde sie ein neues Ziel haben.
    Doch was hilft das ganze Wissen um die Unabänderlichkeit einer Situation? Nachdem sich Teri höflich von allen verabschiedet und eine Verbeugung vor dem Kapitän gemacht hatte, fand sie sich doch plötzlich zitternd und schluchzend in den Armen des alten Mannes wieder, der sie trösten mußte wie ein Kind und der doch selbst des Trostes bedurfte.
    So verließ Teri ihre Freunde denn doch, wie man Freunde verlassen soll: Zurückwinkend, mit verheulten Augen und triefender Nase.
    Die erste Person, die Teri auf thedranischem Boden traf, war ein Seiler, der mit seinem Karren voller Taue darauf wartete, dass die Kapitäne bei ihm einkauften. Verwundert und belustigt sah er auf das rotäugige Etwas hinab, das klein und schmächtig, mit einem großen Reisebündel und der darauf festgebundenen Felldecke auf den Schultern, vor ihm stand.
    "Na, Kleine, hast du dich verlaufen?"
    "Wann ist das Fest der Fliegenden Schiffe?" Teri war nicht zu Späßen aufgelegt. "Ich komme aus Mittelwelt und will zur Wahl der Scharleute!"
    "Wenn du deswegen gekommen bist, dann bist du zu spät

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