Sturmbringerin
Orena entdeckte, zuckte ich angsterfüllt zusammen. Dabei war ihr Gesicht friedlich. Sie schlief.
Es war immer noch dunkel. Ich konnte kaum geschlafen haben. Nachlässig wischte ich mir mein verirrtes Haar aus dem Gesicht. Ich schwitzte, obwohl es alles andere als warm war.
Ängstlich sah ich in Vans besorgtes Gesicht. »Du hattest einen Alptraum«, sagte er mit fester Stimme. »Du bist in Sicherheit. Ich passe auf dich auf.«
Nichts anderes hatte ich von meinem Geliebten erwartet und traurig lächelte ich ihn an. Ich hatte geträumt, ich wäre wieder in Daleppa, dass unsere Flucht der Traum war und die Folter die Realität.
Konnte ich die letzten Wochen irgendwann überwinden?
Van umfasste vorsichtig mein Gesicht und drückte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. »Dieses Mal passe ich auf dich auf.« Seine Stimme bebte vor Eindringlichkeit.
Ich wusste, wie ernst ihm dieses Versprechen war. Aber durfte ich das von ihm verlangen? War es noch Liebe, sich selbst für den geliebten Menschen aufzugeben oder nutzte ich ihn aus? Selbstverständlich liebte ich Van mehr als mein eigenes Leben und er empfand für mich dasselbe. Das wusste ich.
Jedoch war ihm meinetwegen schon so viel Schreckliches widerfahren und nicht umgekehrt. Konnte ich es mit mir vereinbaren, dass er seine eigenen Bedürfnisse den meinigen stets hinten anstellte? Dass er aufgrund seiner Liebe so sehr litt?
Wehmütig betrachtete ich Vans Gesicht. Im Dunkeln wirkten seine Augen fast schwarz. Eines war geschwollen. Jeden einzelnen Bluterguss und jede Schramme nahm ich in Augenschein. Sie hatten ihn nicht nur eingesperrt, sondern auch misshandelt.
Nur wegen mir.
Es war meine Schuld.
Alles war meine Schuld!
Ich wollte es nicht. Aber nach allem, was man ihm wegen seiner Liebe zu mir angetan hatte, beschlich mich das Gefühl, Van einen Ausweg anbieten zu müssen.
Meine nächsten Worte zerrissen mich und jedes einzelne stach tief in mein Herz. »Nach allem, was geschehen ist, könnte ich es verstehen, wenn du dich von mir lossagst.«
Obwohl ich es nur flüstern konnte, hatte Van mich verstanden.
Seine Augen weiteten sich ungläubig. »Wie kommst du darauf, dass ich das wollen könnte?«
»Deine Liebe zu mir bringt dir nichts als Unglück und Leid. Nur deswegen haben die Turonter Interesse an dir. Wenn ich nicht wäre, dann könntest du glücklich sein und müsstest all dies nicht erdulden…« Ich konnte nicht weitersprechen, da ich jeden Augenblick in Tränen ausbrechen würde.
Mühsam riss ich mich zusammen, denn ich wollte nicht, dass meine Trauer Vans Entscheidung beeinflusste und er nur deshalb bei mir blieb.
»Wie könnte ich je ohne dich glücklich werden?« Als ich nichts erwiderte, fuhr Van mit fester Stimme fort: »Willst du mich nicht mehr? Ist es das?«
Ein Teil in mir schrie, dass ich seine Fragen bejahen sollte. Meine egoistische Seite brüllte die Vernunft gnadenlos nieder. Ich wollte Van nicht aufgeben. Es würde mich umbringen.
Wild schüttelte ich den Kopf, konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. »Natürlich will ich dich. Ich liebe dich mehr als alles andere. Aber ich weiß nicht, wie ich es weiterhin ertragen soll, dich deshalb leiden zu sehen. Ich weiß nicht, wie du das erträgst.
Ich habe Angst davor, dass du es irgendwann leid bist, dich meinetwegen aufzuopfern. Und das dies deine Liebe vernichten wird.«
Van schnaubte befreit als würde ihm eine große Last von den Schultern fallen. Dann zog er mich in eine stürmische Umarmung und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. Ich klammerte mich an ihm fest. »Dummerchen, was bringt dich nur auf solche Ideen. Ich werde dich immer lieben, daran werden diese Kerle nichts ändern. So leicht geben wir uns nicht geschlagen.«
»Wirklich für immer?«
»Für immer. In dieser Welt und allen jenseitigen.«
Seine Antwort linderte den Schmerz in meiner Seele ungemein. Vor Erleichterung brachen immer mehr Tränen aus mir hervor. Van küsste mir zärtlich die Wangen und beseitigte die Spuren, die meine Tränen hinterließen.
Fest schmiegte ich mich an ihn und genoss seine vertraute Wärme, den starken Halt den er mir bot. Gemeinsam konnte ich mit Van hoffen, endlich in Frieden leben zu können und die Strapazen ein für alle Mal hinter uns zu lassen.
Ich traute mich noch nicht, es laut auszusprechen, doch in mir spürte ich die Gewissheit. Ich konnte es nicht allein schaffen und auch nicht mit unseren neuen Freunden.
Wir brauchten Hilfe.
Ich musste
Weitere Kostenlose Bücher