Sturmbringerin
dabei angewidert das Gesicht.
»Die Kanalisation«, erklärte Mairis naserümpfend. »Ein Teil des Flusses wird unterirdisch durch die Stadt geleitet und nimmt den Schmutz und Unrat ihrer tausenden Bewohner mit.«
»Ein besserer Fluchtweg ist euch beiden nicht eingefallen?«, fragte Cato skeptisch.
»Es ist der einzige Weg, der abseits liegt und nicht bewacht wird«, antwortete Orena resolut.
»Lasst uns gehen. Ich will von hier verschwinden«, murrte Jase und stieg die wenigen Stufen hinab.
Links und rechts des Kanals war ein schmaler Absatz. Hintereinander marschierten sie den engen Pfad entlang. Van wusste nicht mehr, wie lange sie schon dem Fluss folgten und wie viele Biegungen sie passiert hatten.
Niemand sprach. Alle starrten konzentriert auf die Steinplatten unter ihren Füßen. Sie waren nass und glitschig. Wenn man nicht aufpasste, wohin man trat, konnte man schnell ausrutschen und ins Wasser fallen.
Scheinbar nach einer Ewigkeit wurde es heller. Sie umrundeten eine letzte Biegung und der Weg vor ihnen war von Sonnenlicht geflutet. Ein Gitter aus dickem Eisengeflecht versperrte ihnen den Weg.
»Und nun?« Catos Tonfall machte deutlich, dass er ihre Flucht für beendet hielt.
Kaj untersuchte die Mauer und die Verankerungen auf ihrer Seite. »Mit den Jahren hat der Stein begonnen zu verwittern.«
Er wandte sich an seinen Bruder. »Wir sollten ihn so weit beschädigen können, dass sich das Gitter herausbrechen lässt.«
»Was ist mit der anderen Seite?«, fragte Ayasha zweifelnd und sah ängstlich über den Fluss.
»Ich werde versuchen diese Seite zu beschädigen. Orena hatte Recht. Gemeinsam sollten wir drei es schaffen.« Gianna klang zuversichtlich.
Kaj begann mit seiner Wandlung. Achtsam blieb er auf den Hinterbeinen stehen. Mit dem massigen Körper des Bären hatte er arge Probleme genug Platz zu finden.
Schon donnerte seine gewaltige Pranke gegen den Stein. Seine Krallen verursachten ein hohes Knirschen, als sie auftrafen. Mit beiden Pfoten schlug Kaj auf den Stein ein und allmählich zeigten seine Bemühungen Wirkung. Kleine Gesteinsbrocken lösten sich und fielen zu Boden zwischen den herabrieselnden Staub.
Auf der anderen Seite des Gitters hatte Gianna mehrere Wasserkugeln erschaffen und feuerte sie gegen die Wand. Genau an der Stelle, an der das Eisen im Stein verschwand. Van und die anderen warteten mehr oder weniger geduldig darauf, dass das Gitter endlich nachgab.
Er lauschte auf die Geräusche seiner Umgebung. Außer dem Rauschen des Wassers und dem Knirschen des Steins vernahm er nichts, keine trampelnden Schritte, die ihnen auf den Fersen waren. Ein gutes Zeichen.
Kaj‘ Hiebe stoppten. Stattdessen stemmte er sich mit seinem vollen Gewicht gegen das Metall. Zunächst konnte Van nichts erkennen, doch allmählich gab das Gitter nach. Plötzlich ging alles ganz schnell. Ächzend brach das Eisen aus dem Stein und fiel in den Abgrund.
Umgehend hörte Van dessen klatschenden Aufschlag. Kaj verwandelte sich zurück und Ayasha übergab ihm eilig seine Kleidung, die sie zuvor in Verwahrung genommen hatte.
Van riskierte einen Blick. Er wollte wissen, was sie erwartet. Frische Luft strömte ihm entgegen und er atmete erleichtert ein. Der Boden war nicht so tief unter ihnen wie befürchtet. Man konnte springen.
Jase sprang als erster. Federnd fing er seinen Sprung ab und wartete ungeduldig auf die anderen. Die Frauen hatten mit ihren Röcken mehr Probleme.
Mit vereinten Kräften schafften es dennoch alle in kürzester Zeit hinunter. Als letzte wagte Mairis den Sprung in die Freiheit. Cato fing sie auf und setzte sie behutsam ab.
Dann rannten sie.
Sie liefen so schnell, wie ihre Füße sie trugen auf den Wald zu ohne noch einmal zurückzublicken. Auch als sie zwischen den Bäumen verschwunden waren, rannten sie weiter.
Sie waren frei!
Verwunden
Wir waren den ganzen Tag und die halbe Nacht gelaufen. Meine Lunge brannte und jeder Muskel in meinem Körper schmerzte. Während wir durch den Wald gestürmt waren, hatte sich ein Falke zu Ayasha gesellt. Seitdem saß er auf ihrer Schulter. Sie hatte sich im Laufe ihrer Gefangenschaft mit ihm angefreundet. Ihr schien das zusätzliche Gewicht nichts auszumachen.
Es fiel mir von Minute zu Minute schwerer die Augen offen zu halten. Immer wieder geriet ich auf dem unebenen Boden ins Stolpern und drohte hinzufallen. Durch die wochenlange Gefangenschaft und Folter war ich am Ende meiner Kräfte.
Wir hatten uns schleunigst
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