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Sturmherz

Sturmherz

Titel: Sturmherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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ich zu strampeln.
    „Du hast die Erlaubnis, dich auf sie zu setzen.“ Louan streckte mir seine Hand entgegen. „Komm.“
    Vier Wale umkreisten uns. Ich spürte an meinen Beinen die Wirbel ihrer riesigen Körper. Pfiffe und Klicklaute tanzten um mich herum. „Bist du dir sicher? Verstehst du sie? Kannst du mit ihnen reden?“
    „So gut, wie ich mit dir reden kann.“ Louan packte zu. Ehe ich wusste, wie mir geschah, zog er mich vor sich auf den Rücken des Wales, legte einen Arm um mich und stützte sich mit dem anderen ab. Es war unmöglich zu beschreiben, was ich fühlte. Kein menschliches Wort erschien mir wundervoll genug. Behutsam schwamm der Orca hinaus auf das Meer und achtete darauf, dass wir nicht zu tief eintauchten. Herrlich fühlte sich der Leib des Tieres unter mir an. Glatt, stark und geschmeidig. Ebenso wunderbar wie der Körper, der sich von hinten an mich schmiegte und mir Sicherheit gab.
    Louans Wange lag auf meiner, seine Lippen streiften mein Kinn. Ich wollte mich herumdrehen, wollte ihn ganz an mich ziehen und küssen, doch ich blieb still. So unbeweglich und still, wie es nur möglich war, denn ich fürchtete, jede unbedachte Regung könnte die Magie des Augenblicks zerstören.
    Wellen schäumten um meine Oberschenkel, kalter Wind fuhr durch mein Haar und strich über meine Haut. Wie Tänzer glitten das Orcamännchen und die drei Jungtiere neben uns durch das Wasser. Sie tauchten auf und tauchten ab, drehten sich in den Wellen und sangen für uns.
    Ein Gefühl unbeschreiblicher Freiheit überwältigte mich. Mein Lachen vermischte sich mit dem Rauschen des Wassers und dem Heulen des Windes, der die letzten Wolkenschleier vom Himmel verjagte. Ich war endlich eins mit der See. Ich war eins mit allem. Und ich war meinem Selkie so nah. So wunderbar nah und doch nicht nah genug.
    Als eine Sandbank vor uns auftauchte, ließ Louan sich ins Wasser gleiten und zog mich mit sich. An seiner Seite fühlte ich mich so vollkommen sicher, als sei der Ozean ebenso meine Heimat, wie er seine war. Keuchend zog ich mich auf den Sand, ließ mich auf den Rücken fallen und streckte die Arme aus. Sonnenstrahlen wärmten meinen Körper. Ich hätte mich verletzlich fühlen sollen, peinlich berührt und ausgeliefert. Stattdessen war es, als sei ich endlich zu mir selbst zurückgekehrt. Es fühlte sich richtig an, nackt hier zu liegen. Sorglos und frei.
    „Hattest du Angst?“ Louan legte sich auf die Seite und sah mich an, das Kinn in die Hand gestützt und den Ellbogen im Sand vergraben. Sein Blick wanderte über meinen Körper. Ich sah die Bewunderung in seinen Augen. Ich sah Zuneigung und Staunen, doch alles davon war rein. Ohne jede boshafte oder gierige Absicht. Für ihn war es völlig natürlich, wie wir hier lagen. Und damit war es das auch für mich.
    „Nein.“ Ich seufzte wohlig. „Sollte ich welche haben?“
    „Nicht, solange ich bei dir bin.“
    Ich lächelte und schloss die Augen. Würde der Lauf der Dinge doch nur stillstehen. Würde ich doch für immer hier liegen und den Wind spüren, Seite an Seite mit meinem Selkie und den Walen, deren Atemfontänen eine Stille durchbrachen, wie sie am Anfang aller Zeiten geherrscht haben musste. Sie warteten auf uns. Bereit, Louan und mich noch einmal durch die Wellen zu tragen.
    Alle meine Gedanken ließ ich fliegen wie die Wolken. Alle Gefühle ließ ich tief sein wie das Meer. Um den Moment für den Rest meines Lebens festzuhalten.

Kapitel 6
    Wie das Leben spielt
    „Wir haben das Land verlassen und sind zu Schiff gegangen.
Wir haben die Brücken hinter uns, – mehr noch,
wir haben das Land hinter uns abgebrochen.
Nun, Schiff!, sieh dich vor. Neben dir liegt der Ozean.
Es ist wahr, er brüllt nicht immer, und mitunter liegt er da,
wie Seide und Gold und Träumerei der Güte.
Aber es kommen Stunden, wo du erkennen wirst,
dass er unendlich ist
und dass es nichts Furchtbareres gibt, als Unendlichkeit.“
Friedrich Nietzsche
    ~ Louan ~
    M ari machte mich willenlos. Wann war mir das letzte Mal warm gewesen? Gefühlte zweihundert Jahre waren seitdem verstrichen, und vielleicht lag ich mit dieser Schätzung sogar richtig. Aneinandergeschmiegt lagen wir unter zwei Decken, vor dem Wind geschützt durch die Mauern der Ruine. Haut an Haut, so wie ich damals gemeinsam mit meiner Familie geruht hatte. Es fühlte sich so gut an. So gut, dass ich alles vergaß außer diesem behaglichen, tröstenden Gefühl.
    Als ich hoch in den Norden geflüchtet war, hatte ich den

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