Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
wieder Holzstege und Straßen weg, die allesamt beschildert waren. Sie kamen an einem großen Gasthof mit vielen Türmen vorbei, auf dessen Balkonen Menschen und Zwerge an Tischen aßen und tranken. Hier und da entdeckte Hel sogar einen dunkelhäutigen Isen zwischen ihnen. Ein paar Straßen weiter bahnte sich eine Gruppe zwergischer Händler auf stämmigen schwarzen Keilpferden einen Weg durch die Stadt, über und über mit Kisten und Truhen beladen. Olowain hatte ihr erzählt, dass Tridad eine Handelsstadt war, in der die meisten nur auf der Durchreise haltmachten; die wenigen, die hier wohnten, lebten von den Karawanenleuten. Dementsprechend sahen sie auf ihrem Weg mehr Gasthöfe, Schmieden und Werkstätten als Wohnhäuser. In einer Höhlenöffnung in den Klippen fand gerade ein Markt statt; das Rasseln von Eisenketten und Münzen verriet, dass Trolle versteigert wurden. Kein Wunder, schließlich wurden viele Trolle hier in den Gebirgen gefangen.
Sie erreichten eine schmale Treppe, die vom Hauptweg abzweigte. Olowain warf einen Blick auf den Torbogen über der Treppe, der in geschwungenen Lettern verkündete:
Es ist Zeit
für Reinlichkeit!
Sie gingen durch den Torbogen. Dahinter schwebten zwei Kobolde: Die Geisterwesen waren kaum länger als Hels Handfläche und leuchteten in schwachem Smaragd und Violett. Anders als Pixies waren Kobolde dürr wie Grashalme und hatten einen flammenden Haarflaum zwischen den spitzen Ohren. Die Kobolde huschten zu einem Korb, der am Torbogen befestigt war, und streuten den Gefährten Rosenblätter vor den Weg. Hel sah überrascht auf. Es war nicht leicht, Geisterwesen so zu erziehen, dass sie sich ohne böse Späße Befehlen fügten. Die Kobolde schwebten zum Torbogen zurück, sobald sie ihre Blütenblätter gestreut hatten, und warteten auf die nächsten Gäste. Beiden von ihnen fehlte ein halbes Bein: Das Pfand, das sie einst gegen einen Köder für ihre Freiheit eingetauscht haben mussten.
Die Treppe führte um eine Biegung, dann erschien ein großes Gebäude aus dunklen Holzbrettern vor ihnen, das sich an die Klippen und Zedern schmiegte. Obwohl der Bau nichts Prunkvolles an sich hatte, strahlte er eine ganz besondere Eleganz aus. Weite, mit Binsen verschlossene Fensterfronten zogen sich durch alle Stockwerke, versteckte Treppchen führten von einer Terrasse zur anderen. Und es gab Schornsteine. Unzählige. Überall trat Dampf aus, als versteckte sich hinter der hölzernen Fassade ein gigantischer kochender Kessel.
Tatsächlich merkte Hel beim Näherkommen, dass es nach allerlei Kräutern und Blumen duftete, und die Luft war schwer von heißem Wasserdampf. Die Treppe führte zu einem Weg aus dunklen Steinplatten, der sich an Brunnen und Kräutergärtchen vorbeischlängelte und auf eine große, runde Tür zuhielt. Bevor sie anklopfen konnten, öffneten sich die Flügel. Zwei Knaben in weißen Kleidern und Kränzen im Haar schoben die schwere Tür auf und verbeugten sich vor ihnen. Eine Wolke aus duftendem Dampf waberte ihnen entgegen.
»Willkommen …«, sagte der eine Junge mit gesenktem Blick.
»… in Kombasas Badehaus!«, beendete der zweite den Gruß.
Die Gefährten betraten eine Halle mit Marmorsäulen und bemalten Wänden, die blühende Gärten, badende Nymphen und Geisterwesen darstellten. Der Boden war so glatt poliert, dass Hel auf dem Stein ihr Spiegelbild sehen konnte. Eine wuchtige, kurze Treppe ragte vor ihnen auf. Aus Zimmern weiter oben im Haus drangen gedämpfte Melodien.
Olowain wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn – es war heiß hier drinnen –, dann erklomm er die Treppe. Die anderen folgten ihm.
Oben erwartete sie ein dicker, glatzköpfiger Zwerg, der an einem Steintisch saß. Neben dem wuchtigen Möbelstück wirkte der Zwerg noch kleiner. Als die Gefährten näher kamen, hängte er die Feder ins Tintenfass, mit der er gerade etwas notiert hatte, und schob die Schublade zu, sodass seine Notizen verschwanden. Er richtete sich auf. Sein Stuhl war doppelt so hoch wie er. Der Kragen seines grün und golden schillernden Mantels ragte weit über seinen glänzenden Kopf hinaus. Er strich über die dünnen schwarzen Bartsträhnen, die über den Mundwinkeln hingen, und ein Lächeln teilte das feiste Gesicht in der Mitte, sodass seine strahlend weißen Zähne sichtbar wurden.
»Guten Tag, die Herrschaften, willkommen in Kombasas Badehaus, der Oase von Tridad!« Er breitete die Arme aus und seine Stummelfinger bewegten sich wie lockende Haken.
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