Sturmkaempfer
Bäumen hindurch folgen. Sie passierten einige einsame Bauernhäuser, die dunkel und verlassen wirkten, obwohl man in den Scheunen Vieh hörte. Selbst für einen Bauern bedeutete die Silbernacht Gesellschaft und Freude. Nur Isak blieb unberührt.
Zwei Stunden später waren sie tief in das uralte Herz des Waldes eingedrungen. Die letzten Boten des Tages zogen sich zurück und überließen einem silbernen Zwielicht die Bühne. Überall an der Straße lehnten sich Bäume über ihre Köpfe und die Monde riefen einen Wirbel von Blätterschatten auf den Boden, bis sich der Pfad erweiterte und zu einem vernachlässigten Weg vor einem großen Steinhaus wurde. Hohe Weiden verdeckten fast die niedrige Mauer, die das Gelände umgab. Einhundert Meter Garten, der zur Aue geworden war und dahinter ein dunkles, verfallen wirkendes Gebäude.
Die Tore fehlten, und als Isak die Lücke erreichte und den Weg zum Haus hinaufsah, zügelte er sein Pferd und starrte.
Major Ortof-Greyl war bereits die Straße weitergeritten, als er bemerkte, dass ihm die anderen nicht mehr folgten. Sie hatten vor dem offenen Tordurchgang angehalten. Die alten grauen Mauern vor dem dunklen Hintergrund einer hohen Lorbeerhecke und den gebeugten Bäumen zu beiden Seiten schimmerten im Mondlicht.
Efeuranken waren über die geborstene Steinmauer gekrochen. Isak ritt den Weg entlang auf das Haus zu, seine Begleiter folgten ihm. In einem offenen Fenster im ersten Stock saß eine Eule, vom Mondlicht erhellt und so bewegungslos wie eine Statue, bis Isak keine zwanzig Meter mehr entfernt war. Dann breitete sie plötzlich die Flügel aus und ihr Ruf durchbrach die abendliche Stille. Der Eulenschrei rief ein seltsam plapperndes Geräusch auf dem Gelände hervor: Stimmen antworteten aus den Schatten.
Isak sah sich von der plötzlichen Aufruhr verunsichert um und zog Eolis halb aus der Scheide. Er spürte keine andere Anwesenheit in der Nähe, nicht einmal eine Quelle der Geräusche. Dann trat eine Frau zwischen den Bäumen hervor. Sie war in einen langen Kapuzenmantel gekleidet, der im Mondlicht schwarz wirkte. Sie rief etwas in der Sprache der Narkang.
»Sie begrüßen dich«, übersetze Mihn ungefragt.
»Wer?« Isak war sofort beschämt, dass er die Waffe gezogen hatte, wenn auch nur halb – es war Tradition, dass man in der Silbernacht seine Waffe nicht zog, aus keinem Grund. Alte Soldaten schworen, dass Arian die Oberfläche jeder Klinge verbrennen und verrosten ließ, die in seiner magischen Nacht gezogen würde. Er blickte hinab. Eolis schimmerte nur umso heller, unirdisch und gefährlich.
»Das Edle Volk«, sagte Mihn sanft, nachdem sie geantwortet hatte.
Isak sah sich die Frau genauer an, die nicht älter als dreißig Jahre schien. Sie hatte langes, dunkles Haar, das unter ihrer Kapuze hervorragte, sowie stechende, wissende Augen. Sie stand so bewegungslos, als stamme sie aus einer anderen Zeit und von einem anderen Ort, der jenseits der weltlichen Sorgen lag. Isak bemerkte ein sanftes Lächeln auf ihren Lippen.
»Ich dachte, sie hätten kein Interesse an den Menschen«, ließ er durch Mihn ausrichten.
»Das haben sie auch nicht, doch sie heißen dich als Bruder willkommen.«
»Haben sie dir das gesagt?«, fragte Isak.
Als Mihn seine Worte übersetzte, schnaubte sie nur verächtlich.
»Bist du die Hexe von Llehden?«
»Ich bin eine Hexe«, sagte sie.
Eine Gestalt trat neben sie. Sie hatte die Figur eines schlanken, hoch gewachsenen Mannes, aber sonst war wenig Menschliches an ihm. Die bleiche, haarlose Haut war über kantige Zügen gespannt, die Isak an den Söldner Aracnan erinnerten. Die Gestalt – einer aus dem Edlen Volk – besaß scharf geschnittene, schmale Augen, die in diesem Licht tiefschwarz wirkten. Beinahe das vollständige Gegenteil zu Isaks weißen Augen.
Der Edle schien zwar bereit, zu kämpfen oder zu fliehen, aber keiner der beiden Antriebe zeigte sich in seinem teilnahmslosen Gesicht. Er trug eine Robe aus zusammengenähten Blättern, mit einer Gerte als Gürtel, die von einer Weide zu stammen schien. Die Füße waren nackt, die beiden großen Zehen hatte er in die dunkle Erde gesteckt. Als er den Edlen ganz gemustert hatte, bemerkte er sogar eine Gruppe von ihnen. Sie hatten sich unhörbar wie Gespenster hinzugesellt. Der Erste, vielleicht ihr Wortführer, sah Isak an. Er erinnerte sich an die Warnung des Königs, dass die Edlen sehr reizbar waren. Wenn sie ihn wirklich als einen Bruder empfingen, so würde es sie wohl
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