Sturmkaempfer
die Götter und
noch weniger um die Menschen, nur um die Wälder, in denen sie leben. Sie sind die Seele des Waldes«, sagte er. »Ich weiß nicht, ob sie sich überhaupt als Einzelwesen begreifen. Ich weiß nur, dass man sich lieber nicht mit ihnen anlegt. Eure neuen Geweihten Freunde könnten in echte Schwierigkeiten geraten, wenn sie auf das Edle Volk treffen. Ich glaube kaum, dass der Orden freie Geister zu schätzen weiß, und das Edle Volk ist nicht sehr geduldig.«
Es gab nur eine Brücke über den Fluss, der zu schnell floss, um eine Furt zu suchen. Major Ortof-Greyl wartete auf der anderen Seite auf sie, aufrecht und ruhig im Sattel sitzend. Er trug teilweise Kette und eine Art von Uniform, aber sie wirkte wie eine Gardeuniform: breite rote Ärmel und eine ebensolche Hose, mit Perlmutt verziert, und eine Kappe aus Fuchsfell.
Megenn scheute zuerst vor der Brücke zurück und starrte mit nervös zuckenden Ohren in das dunkle Wasser hinab. Keines der Pferde schien besonders erpicht darauf, die Grafschaft zu betreten, aber mit beruhigenden Händen und sanften Stimmen wurden sie dann doch hinübergelockt. Der Wind schüttelte die Bäume einen Augenblick lang, als Isak hinüberritt, als wolle der Wald vor ihm zurückweichen und ihn dann umfangen. Isak verzog das Gesicht, aber er war über ihre Deckung sehr glücklich, als er die Bäume erreichte. Er achtete nicht auf den Major, als dieser neben sie ritt und versuchte, das grübelnde Weißauge in ein Gespräch zu verwickeln. Erst als Vesna den Mann am Ärmel zupfte und eine finstere Miene zeigte, ritt der Major vor und erlaubte, dass die grimmige Stille wieder Einzug hielt.
Niemand hatte Isaks Geburtstag erwähnt. Nur Tila hatte ihm einen sanften Kuss auf die Wange gegeben und Carel hatte ihm beim Frühstück wissend auf die Schulter geschlagen. Das war auch alles, was Isak brauchte, um zu wissen, dass er Freunde hatte,
die sich daran erinnerten – und dass sie ihn gut genug kannten, um es nicht zu erwähnen.
Über ihnen hing Arian, der dritte Mond, hoch am Himmel. Arian erschien alle drei Jahre für eine Woche, und in der Mitte dieser Woche lag die Silbernacht. Zwei Tage davor und danach war die Nacht nur etwas heller als sonst, aber jeder wusste, dass es schlechte Tage waren, um in der Fremde unterwegs zu sein. Es gab mehr als genug Geschichten über die bösen Taten der letzten drei Jahre, die sich in dieser Woche aus der Erde erhoben. Auch wenn das nicht wahr sein sollte, zweifellos zogen doch Geister und fremdartige Wesen über das Land, wenn Arian am Himmel stand. Kein Mann, der bei Verstand war, würde gerade jetzt das offene Land bereisen. Jedes Mal, wenn Arian erschien, wurden neue Spuk- und Mordgeschichten in den Tavernen und Gasthäusern erzählt und an Feuerstellen und Betten geflüstert. Es war eine schlechte Zeit.
Trotzdem war die Silbernacht selbst so berückend, dass jede Stadt und jedes Dorf ein Fest abhielt, um sie zu feiern. In dieser mittleren Nacht schien alles, was das helle Mondlicht berührte, in Silber gehüllt zu sein. Es war unmöglich, sich der Verlockung zu widersetzen, man musste hinaus – und im Gegensatz zu den Tagen davor und danach machte kein Wesen diese Nacht unsicher. Darum war es ein Augenblick der Sicherheit und Freude.
Während sie weiter nach Llehden hineinreisten, verblasste das Licht zunehmend und die offenen Weiten wurden von dichtem Waldland abgelöst. Weißdorn streckte die verdrehten Äste zur Straße aus, breite Eichen ließen ihre trockenen Zweige knistern und düstere Eiben reichten bis tief hinunter, um den Boden zu ihren Füßen in einen nächtlichen Rock zu hüllen.
Sie sahen wenige Tiere. Ein einsamer Milan glitt über sie hinweg und kleine Vögel und frühe Fledermäuse zischten an ihnen vorbei. Aber nur ein räuberischer Luchs beachtete sie. Die große
Katze blickte ihnen faul aus einer hohen Ulme entgegen, die Pfoten um die glatte Rinde des Astes gelegt. Am Kinn der Katze ragten Büschel grauen Fells hervor, wie die Strähnen eines Bartes. Durch die kupferfarbenen Streifen auf seinem Rücken konnte der Luchs im Nu im Zwielicht des Unterholzes verschwinden, als er sich fallen ließ, lange bevor die Soldaten ihn erreichten. Isak hörte dabei kein Geräusch. Der Luchs verschmolz einfach mit der Dunkelheit und wurde zu einem weiteren Augenpaar in den Schatten um sie herum.
Die Straße war nicht mehr als ein breiter Trampelpfad, zwar überwuchert und alt, aber man konnte ihm gut zwischen den
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