Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
mich sehr unbefriedigend finden.«
» Ich glaube, du überschätzt mich.«
» Das ist unmöglich.«
Sie errötete leicht.
» Äh«, meinte Lichtsang, » hm, ich wollte damit nicht sagen, dass…«
» Verdammt, jetzt hast du den Augenblick verdorben. Ich wollte gerade etwas sehr Kluges sagen, und nun habe ich es vergessen.«
Er lächelte. » Uns beiden gehen gleichzeitig die Worte aus. Ich glaube, wir verlieren allmählich das Gefühl für die Wirklichkeit.«
» An meinem Gefühl ist nichts auszusetzen, was ich dir gern zeigen werde, wenn du mich lässt.«
Er rollte mit den Augen und ging weiter. » Du bist ein hoffnungsloser Fall.«
» Wenn alles andere versagt, verleg dich auf sexuelle Anspielungen«, sagte sie leichthin und schloss zu ihm auf. » Das bringt das Gespräch immer zurück zu dem, was wichtig ist. Zu mir.«
» Hoffnungslos«, wiederholte er. » Aber ich glaube, wir haben keine Zeit mehr, dich dafür zu züchtigen. Wir sind da.«
Tatsächlich lag nun Hoffnungsfinders Palast vor ihnen. Er trug die Farben Lavendel und Silber, und vor ihm stand ein Pavillon mit drei Tischen voller Speisen. Natürlich hatten Schamweberin und Lichtsang ihren Besuch angekündigt.
Hoffnungsfinder der Gerechte, der Gott der Unschuld und Schönheit, stand auf, als sie sich ihm näherten. Er schien etwa dreizehn Jahre alt zu sein. Seinem Äußeren nach war er der Jüngste der Götter am Hof. Aber über solche Widersprüche wurde hinweggesehen. Schließlich war er bereits zurückgekehrt, als sein Körper zwei Jahre alt gewesen war, und daher war er– in Gottesjahren gemessen– sechs Jahre älter als Lichtsang. An einem Ort, an dem die meisten Götter nicht älter als zwanzig Jahre wurden und das Durchschnittsalter eher bei zehn lag, war ein Unterschied von sechs Jahren durchaus beachtlich.
» Lichtsang, Schamweberin«, sagte Hoffnungsfinder steif und formell. » Willkommen.«
» Danke, mein Lieber«, sagte Schamweberin und lächelte ihnan.
Hoffnungsfinder nickte und deutete auf die Tische. Sie standen in einiger Entfernung voneinander, aber noch so nahe beisammen, dass man während des Mahls miteinander reden konnte, während jede Gottheit genug Platz für sich selbst hatte.
» Wie geht es dir, Hoffnungsfinder?«, fragte Lichtsang und setzte sich.
» Sehr gut«, antwortete dieser. Seine Stimme klang zu erwachsen für den jungen Körper. Er war wie ein Knabe, der seinen Vater nachzuahmen versuchte. » Unter den Bittgesuchen heute Morgen befand sich ein besonders schwieriger Fall. Es war eine Mutter, deren Kind am Fieber stirbt. Sie hat schon ihre drei anderen Kinder und ihren Mann verloren, alle innerhalb eines einzigen Jahres. Tragisch.«
» Mein Lieber«, sagte Schamweberin mitfühlend. » Du denkst doch nicht wirklich daran, deinen Hauch wegzugeben?«
Hoffnungsfinder setzte sich. » Ich weiß nicht, Schamweberin. Ich bin alt. Ich fühle mich alt. Vielleicht ist es Zeit für mich zu gehen. Ich bin der Fünftälteste hier.«
» Ja, aber gerade jetzt, wo wir in so aufregenden Zeiten leben!«
» In aufregenden Zeiten?«, fragte er. » Mir scheinen sie eher ruhiger zu werden. Die neue Königin ist hier, und meine Quellen im Palast sagen mir, dass sie ihre ehelichen Pflichten mit großem Eifer erfüllt. Bald werden wir wieder Stabilität haben.«
» Stabilität?«, fragte Schamweberin, als die Diener jedem von ihnen eine Kaltschale brachten. » Hoffnungsfinder, es fällt mir schwer zu glauben, dass du tatsächlich so schlecht informiert bist.«
» Du glaubst, die Idrier wollen die neue Königin zur Rückeroberung des Throns einsetzen«, sagte Hoffnungsfinder. » Ich weiß um deine Aktivitäten, Schamweberin. Ich stimme nicht mit dir überein.«
» Und was ist mit den Gerüchten draußen in der Stadt?«, fragte Schamweberin. » Mit den idrischen Agenten, die einen so großen Aufruhr verursachen? Mit der sogenannten zweiten Prinzessin, die sich irgendwo in der Stadt befindet?«
Lichtsang hielt mitten in der Bewegung inne; sein Suppenlöffel schwebte knapp vor seinen Lippen. Was war das denn?
» Die Idrier in der Stadt machen andauernd Ärger«, wandte Hoffnungsfinder ein und vollführte eine abwehrende Handbewegung. » Was war denn mit diesem Aufruhr vor sechs Monaten und dem Rebellen auf einer der äußeren Farbplantagen? Wenn ich mich recht erinnere, ist er im Gefängnis gestorben. Ausländische Arbeiter bilden nur selten eine stabile gesellschaftliche Unterschicht, und ich habe keine Angst vor ihnen.«
»
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