Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
sagte, dass sich Hallandren in Gefahr befand, und sie wollte dafür sorgen, dass die Armeen vereinigt und bereit waren. Sie kümmerte sich darum; es war ihr wichtig.
Und das machte Lichtsang Sorgen. Was war, wenn es wirklich zum Krieg kam? Während er die beiden Götter beobachtete, lief es ihm bei dem Gedanken, wie leicht sie das Schicksal des hallandrischen Volkes abhandelten, kalt den Rücken herunter. Für Hoffnungsfinder hätte die Kontrolle über ein Viertel der hallandrischen Armee eine heilige Pflicht darstellen müssen. Doch er entledigte sich ihrer aus Langeweile.
Darf ich einen anderen tadeln, weil er einen Mangel an Pietät zeigt?, dachte Lichtsang. Ich hingegen glaube noch nicht einmal an meine eigene Göttlichkeit.
Dennoch… in diesem Augenblick, als Hoffnungsfinder bereit war, seine Kommandos Schamweberin zu übergeben, glaubte Lichtsang etwas zu sehen. Etwas wie das Bruchstück einer Erinnerung. Wie einen Traum, den er nie geträumt hatte.
Ein leuchtender Raum, glänzend, das Licht widerspiegelnd. Ein Raum aus Stahl.
Ein Gefängnis.
» Diener und Priester, zieht euch zurück«, befahl Hoffnungsfinder.
Sie gehorchten und ließen die drei Götter allein vor ihren halb gegessenen Mahlzeiten sitzen. Die Seide des Pavillons flatterte leise im Wind.
» Die Sicherheitslosung lautet: › Eine Kerze, in deren Schein du siehst‹«, sagte Hoffnungsfinder und schaute dabei Schamweberin an.
Das war der Titel eines berühmten Gedichts, das sogar Lichtsang kannte. Schamweberin lächelte. Wenn sie diese Worte zu irgendeinem von Hoffnungsfinders zehntausend Leblosen in der Garnison sprach, würde sie damit alle anderen Befehle löschen und die vollkommene Kontrolle übernehmen. Lichtsang vermutete, dass sie noch heute Abend einen kleinen Ausflug zu den Kasernen– die sich am Fuß des hoch gelegenen Hofes befanden und als Teil von ihm angesehen wurden– machen und Hoffnungsfinders Soldaten mit einer neuen Sicherheitslosung belegen würde, die nur sie und einige ihrer vertrauenswürdigsten Priester kannte.
» Und nun ziehe ich mich zurück«, sagte Hoffnungsfinder und stand auf. » Heute Abend gibt es am Hof eine Abstimmung. Du wirst daran teilnehmen, Schamweberin, und du wirst für die Reformseite stimmen.«
Mit diesen Worten verließ er sie.
» Warum habe ich das Gefühl, dass wir soeben manipuliert wurden?«, fragte Lichtsang.
» Wir wurden nur dann manipuliert, mein Lieber, wenn es keinen Krieg gibt. Aber wenn er kommt, haben wir uns gerade die Möglichkeit verschafft, den gesamten Hof zu retten– und vielleicht sogar das ganze Königreich.«
» Wie selbstlos von dir«, meinte Lichtsang.
» So sind wir halt«, erwiderte Schamweberin, als die Diener zurückkehrten. » So selbstlos, dass es manchmal wehtut. Wie dem auch sei, das bedeutet, dass wir nun die Losungsworte zweier Götter über ihre Leblosen erhalten haben.«
» Die von mir und Hoffnungsfinder?«
» Eigentlich meinte ich eher Hoffnungsfinder und Gnadenstern. Sie hat mir ihre gestern anvertraut, während wir darüber sprachen, wie tröstlich sie es fand, dass du ein persönliches Interesse an dem Zwischenfall in ihrem Palast gezeigt hast. Das hast du übrigens sehr gut gemacht.«
Sie schien nach etwas zu fischen. Lichtsang lächelte. » Nein, ich hatte keine Ahnung, dass sie das ermuntern würde, dir ihre Kommandos zu übertragen. Ich war bloß neugierig.«
» Wegen eines ermordeten Dieners?«
» Allerdings«, sagte Lichtsang. » Ich empfinde es als beunruhigend, wenn der Diener einer Göttin ermordet wird, vor allem, da es in nächster Nähe unserer eigenen Paläste geschehen ist.«
Schamweberin hob eine Braue.
» Würde ich dich je anlügen?«, fragte Lichtsang.
» Nur dann, wen du behauptest, du wolltest nicht mit mir schlafen. Lügen, nichts als Lügen.«
» Ist das wieder eine Anspielung, meine Liebe?«
» Natürlich nicht«, erwiderte sie. » Das war doch wohl offensichtlich genug. Egal, ich weiß, dass du mich anlügst, was deine Nachforschungen angeht. Was war ihr wirklicher Zweck?«
Lichtsang zögerte, dann seufzte er, schüttelte den Kopf und bedeutete einem der Diener, er solle die Früchte zurückbringen– die mochte er lieber. » Ich weiß es nicht, Schamweberin. Allmählich frage ich mich, ob ich in meinem früheren Leben vielleicht so etwas wie ein Gesetzeshüter gewesen bin.«
Sie runzelte die Stirn.
» Ein Stadtwächter vielleicht. Ich war außerordentlich gut bei der Befragung der Diener. Zumindest ist das
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