Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
Parasit von dem gewöhnlichen Volk lebte.
Er verschwand in der Arena. Vivenna wartete und dachte eine Weile über ihr eigenes Biochroma und das nach, was es bedeutete. Sie war vollkommen schockiert, als ein Mann neben ihr plötzlich vom Boden abhob.
Der Mann stieg in die Luft, angehoben von seinem ungewöhnlich langen Umhang. Der Stoff hatte sich versteift und sah ein wenig wie eine Hand aus, die den Mann hochhob, sodass er über die Menge blicken konnte. Wie macht er das? Man hatte sie gelehrt, dass der Hauch auch Gegenstände beleben konnte, aber was bedeutete » beleben«? Es schien, als seien die Fasern des Mantels angespannt wie Muskeln, doch wie konnten sie etwas anheben, das so viel schwerer war als sie selbst?
Der Mann sank auf den Boden zurück. Er murmelte etwas, das Vivenna nicht verstand, und seine biochromatische Aura wurde wieder stärker, als er den Hauch aus dem Mantel zog. » Es sollte gleich weitergehen«, sagte der Mann zu seinen Freunden. » Vorn dünnt sich die Menge aus.«
Tatsächlich konnte die Masse bald wieder vorrücken. Es dauerte nicht lange, bis Vivenna und Parlin in der Arena standen. Sie liefen an den Steinbänken vorbei, suchten sich Plätze in einem Abschnitt, an dem es nicht so voll war, und Vivenna suchte mit ihren Blicken die Logen über ihr ab. Das Gebäude war reich verziert, aber nicht besonders groß, und so dauerte es nicht lange, bis sie Siri entdeckt hatte.
Ihr sank das Herz. Meine … Schwester, dachte Vivenna mit einem Frösteln. Meine arme Schwester.
Siri trug ein skandalöses goldenes Kleid, das ihr nicht einmal bis zu den Knien reichte. Außerdem war es sehr tief ausgeschnitten. Siris Haar, das sogar sie eigentlich in einem dunklen Braunton hätte halten können, leuchtete indessen golden vor Aufregung, und dunkelrote Bänder waren hineingeflochten worden. Sie wurde von Dutzenden Dienerinnen umschwärmt.
» Sieh nur, was sie ihr angetan haben«, sagte Vivenna. » Sie muss außer sich vor Angst sein, weil sie gezwungen ist, so etwas zu tragen und eine Haarfarbe zu wählen, die zum Kleid passt…« Gezwungen, die Sklavin des Gottkönigs zu sein.
Parlins kantiges Gesicht versteifte sich. Er wurde nicht oft wütend, aber nun bemerkte Vivenna diese Regung bei ihm. Sie stimmte ihm zu. Siri wurde ausgenutzt; man trug sie herum und stellte sie aus wie eine Trophäe. Auf Vivenna wirkte das wie eine Kriegserklärung. Sie besagte, dass die Hallandrener eine züchtige, unschuldige Frau aus Idris nehmen und mit ihr machen konnten, was sie wollten.
Was ich tue, ist richtig, dachte Vivenna mit wachsender Entschlossenheit. Nach Hallandren zu gehen, war das Beste, was ich tun konnte. Lemex ist tot, aber ich muss weitermachen. Ich muss einen Weg finden.
Ich muss meine Schwester retten.
» Vivenna?«, fragte Parlin.
» Hmm?«, meinte Vivenna geistesabwesend.
» Warum verneigen sich plötzlich alle?«
Müßig spielte Siri mit einer Quaste an ihrem Kleid herum. Der letzte Gott hatte in seiner Loge Platz genommen. Jetzt sind es fünfundzwanzig, dachte sie. Das sollten alle sein.
Plötzlich standen die Zuschauer auf und knieten nieder. Siri erhob sich nervös. Hatte sie etwas verpasst? War der Gottkönig eingetroffen, oder was war sonst geschehen? Selbst die Götter waren auf die Knie gefallen, auch wenn sie sich nicht so tief verbeugten wie die Sterblichen. Sie alle schienen sich vor Siri zu verneigen. Vielleicht ein Ritual, mit dem sie ihre neue Königin begrüßen?
Dann sah sie es. Ihr Kleid explodierte vor Farben, der Stein zu ihren Füßen erhielt zusätzlichen Glanz, und sogar ihre Haut wurde heller. Eine Schüssel vor ihr strahlte auf, schien sich auszudehnen, und ihr Weiß spaltete sich in die Farben des Regenbogens auf.
Eine Dienerin, die neben ihr auf die Knie gefallen war zupfte an Siris Ärmel. » Gefäß«, flüsterte die Frau. » Hinter Euch!«
Kapitel 15
A ls Siri sich umdrehte, blieb ihr die Luft weg. Er stand hinter ihr, obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, wie er dorthin gekommen war. Es gab hinter ihm keinen Eingang, sondern nur die Steinmauer.
Er trug Weiß. Das hatte sie nicht erwartet. Etwas an seinem Biochroma brach das reine Weiß so auf, wie sie es vorhin schon bei der Schüssel bemerkt hatte. Es war, als fiele das Licht durch ein Prisma. Im hellen Tageslicht konnte sie ihn endlich deutlich erkennen. Seine Kleidung schien sich zu dehnen und bildete einen robenartigen Regenbogen in einer farbenprächtigen Aura um ihn herum.
Und er war jung.
Weitere Kostenlose Bücher