Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
Mann, der alles besaß und sich daher um nichts mehr kümmerte. Er war ein Mann, der von den anderen erwartete, dass sie alles für ihn taten. Und solche Menschen ärgerten sie. Sie wurde an einen Wachhauptmann in Idris erinnert, der darauf bestanden hatte, dass seine Männer hart arbeiteten, während er selbst die Nachmittage beim Kartenspiel verbrachte.
Es war Zeit, dass sich jemand dem Gottkönig widersetzte. Mehr noch, seine Priester mussten endlich lernen, dass Siri sich nicht einschüchtern ließ. Sie war es leid, benutzt zu werden. Heute Nacht würde sie handeln. Dazu hatte sie sich entschieden. Und das machte sie genauso nervös wie all die Farben um sie herum.
Sie sah Blaufinger an. Endlich gelang es ihr, seinen Blick aufzufangen. » Beobachten sie mich wirklich jede Nacht?«, fragte sie flüsternd, während sie sich zu ihm hinüberbeugte.
Er erbleichte ein wenig, schaute sich um und schüttelte den Kopf.
Sie runzelte die Stirn. Aber Treledees wusste, dass ich noch nicht mit dem Gottkönig im Bett gewesen bin.
Der Haushofmeister hob die Hand, deutete mit einem Finger auf seine Augen und schüttelte noch einmal den Kopf. Dann zeigte er auf seine Ohren und nickte. Schließlich wies er auf eine Tür weiter hinten im Korridor.
Sie lauschen, dachte Siri.
Blaufinger beugte sich zu ihr hinüber. » Sie würden niemals zusehen, Gefäß«, flüsterte er. » Vergesst nicht, dass der Gottkönig die heiligste ihrer Gottheiten ist. Ihn nackt zu sehen und zu beobachten, wie er mit seiner Gemahlin… nein, das würden sie niemals wagen. Aber über ein Belauschen sind sie nicht erhaben.«
Siri nickte. » Sie sorgen sich sehr um einen Erben.«
Blaufinger sah sich nervös um.
» Droht mir von ihnen wirklich Gefahr?«, fragte sie.
Er sah ihr in die Augen und nickte heftig. » Eine größere, als Ihr Euch vorstellen könnt, Gefäß.« Dann wich er von ihr zurück und deutete auf die Tür.
Du musst mir helfen! Sie formte die stummen Worte mit den Lippen.
Er schüttelte den Kopf und hob die Hände. Ich kann nicht. Nicht jetzt. Damit drückte er die Tür auf, verneigte sich, huschte davon und warf nervös noch einen Blick über die Schulter.
Siri sah ihm nach. Bald würde sie ihn in die Ecke treiben und herausfinden müssen, was er wirklich wusste. Doch bis dahin gab es noch andere Menschen, die sie verärgern konnte. Sie drehte sich um und spähte in den dunklen Raum. Ihre Nervosität kehrte zurück.
Ist das klug? Bisher hatte sie es noch nie gestört, streitlustig zu sein. Aber ihr Leben hatte sich verändert. Blaufingers Ängste hatten sogar sie nervös gemacht.
Widerspenstigkeit. Das war immer ihre Art gewesen, Aufmerksamkeit zu erringen. Sie war nicht aus Bosheit trotzig gewesen. Sie hatte bloß nie an Vivenna heranreichen können, also hatte Siri einfach das Gegenteil von dem getan, was man von ihr erwartete. In der Vergangenheit hatte das funktioniert. Oder? Ihr Vater war andauernd wütend über sie gewesen, und Vivenna hatte sie immer wie ein Kind behandelt. Die Leute in der Stadt hatten sie geliebt, wenn auch unter Schmerzen.
Nein, dachte Siri plötzlich. Nein, ich kann es nicht wieder so machen. Den Menschen in diesem Palast – an diesem Hof – darf ich mich nicht widersetzen, nur weil ich wütend bin. Wenn sie die Palastpriester vor den Kopf stieß, würden sie nicht grollen wie ihr Vater. Sie würden Siri zeigen, was es hieß, ihnen ausgeliefert zu sein.
Aber was sollte sie dann tun? Sie konnte doch nicht immer wieder ihre Kleidung von sich werfen und nackt auf dem Boden knien, oder?
Verwirrt und ein wenig wütend auf sich selbst trat sie in den dunklen Raum und zog die Tür hinter sich zu. Der Gottkönig wartete in seiner Ecke; wie immer saß er im Schatten. Siri sah ihn an, starrte in sein allzu ruhiges Gesicht. Sie wusste, dass sie sich ausziehen und niederknien sollte, aber sie tat es nicht.
Nicht weil sie trotzig war. Nicht einmal, weil sie wütend oder gereizt war. Sondern weil sie sich nicht mehr über ihn wundern wollte. Wer war dieser Mann, der über die Götter herrschte und das Licht mit der Kraft seines Biochromas brechen konnte? War er wirklich verdorben und träge?
Er erwiderte ihren starren Blick. Wie schon zuvor, wurde er auch jetzt nicht wütend über ihre Unverschämtheit. Siri sah ihn an und zog gleichzeitig an den Bändern ihres Kleides. Das umfangreiche Gewand glitt zu Boden. Sie hob die Arme und griff nach den Trägern ihres Unterhemdes, aber dann zögerte sie.
Nein, dachte
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