Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
Nachschub in der regulären Armee sorgen. Wenn man den Nachschub unterbricht, fragen sich die Leute hier vielleicht, ob sie sich einen langwierigen Krieg überhaupt leisten können.«
» Das klingt schon vernünftiger«, sagte Vivenna. » Was schlagt ihr vor?«
» Wir überfallen Handelskarawanen«, sagte Denth. » Wir verbrennen die Sachen; das richtet großen Schaden an. Es wird so aussehen, als wären es Banditen oder Überreste von Vahrs Truppe gewesen. Das wird die Bewohner von T’Telir verwirren und es den Priestern vielleicht schwerer machen, in den Krieg zu ziehen.«
» Die Priester treiben eine Menge Handel in der Stadt«, fügte Tonk Fah hinzu. » Sie verfügen über das meiste Geld, also gehören ihnen auch die Vorräte. Wenn wir das Zeug verbrennen, das sie für den Krieg vorgesehen haben, werden sie vielleicht zögerlich. Das würde Eurem Volk mehr Zeit verschaffen.«
Vivenna schluckte. » Eure Pläne sind etwas… gewalttätiger, als ich gedacht hatte.«
Die Söldner sahen einander an.
» Seht Ihr, daher kommt unser schlechter Ruf«, meinte Denth. » Die Leute heuern uns an, damit wir schwierige Dinge für sie erledigen, zum Beispiel ein Land vom Krieg abzuhalten, und dann beschweren sie sich darüber, dass wir zu gewalttätig sind.«
» Das ist sehr ungerecht«, stimmte Tonk Fah ihm zu.
» Vielleicht wäre es ihr lieber, wenn wir für all unsere Feinde Schoßhündchen kaufen, die wir dann mit Zetteln zu ihnen schicken, auf denen steht, dass sie bitte, bitte nicht so böse sein sollen.«
» Und wenn sie daraufhin noch immer keine Vernunft annehmen, bringen wir die Hündchen um!«, freute sich Tonk Fah.
» In Ordnung«, sagte Vivenna. » Ich verstehe ja, dass wir eine starke Hand brauchen, aber… ich will nicht, dass die Hallandrener wegen unserer Taten hungern müssen.«
» Prinzessin«, sagte Denth mit ernsterem Tonfall. » Diese Menschen wollen Eure Heimat angreifen. Sie betrachten Eure Familie als die größte Bedrohung ihrer eigenen Macht– und sie wollen dafür sorgen, dass niemand von königlichem Geblüt überlebt, der sie herausfordern könnte.«
» Sie bekommen durch Eure Schwester ein Kind, das der nächste Gottkönig sein wird«, sagte Tonk Fah, » und danach werden sie alle anderen töten, die königliches Blut in den Adern haben. Dann müssen sie sich wegen Euch und Euresgleichen nie wieder Sorgen machen.«
Denth nickte. » Euer Vater und Lemex hatten Recht. Die Hallandrener haben alles zu verlieren, wenn sie Euch jetzt nicht angreifen. Und wenn ich es richtig sehe, wird Euer Volk jede Hilfe benötigen, die es bekommen kann. Das bedeutet, dass wir alles tun werden, was in unserer Macht steht– Priester einschüchtern, ihren Nachschub unterbinden, ihre Armeen schwächen.«
» Wir können den Krieg nicht verhindern«, fügte Tonk Fah hinzu. » Wir können aber dafür sorgen, dass der Kampf etwas gerechter wird.«
Vivenna holte tief Luft und nickte. » In Ordnung, dann werden wir…«
In diesem Augenblick flog die Haustür auf und knallte gegen die Wand. Vivenna hob den Blick. Eine Gestalt stand in der Tür– ein großer, massiger Mann mit ungewöhnlich starken Muskeln und einem ausdruckslosen Gesicht. Sie benötigte eine Weile, bis sie eine weitere Seltsamkeit an ihm bemerkt hatte.
Seine Haut war grau. Seine Augen waren es ebenfalls. An ihm war überhaupt keine Farbe, und Vivennas geschärfte Sinne verrieten ihr, dass er keinen einzigen Hauch in sich trug. Er war ein Lebloser.
Vivenna sprang hoch und unterdrückte mit Mühe einen Aufschrei der Bestürzung. Sie wich vor dem großen Soldaten zurück. Er stand einfach nur da, reglos, atemlos. Seine Augen waren auf sie gerichtet– sie starrten nicht bloß geradeaus, wie es bei Toten üblich war.
Aus irgendeinem Grund war das für sie das Schrecklichste.
» Denth!«, rief Vivenna. » Warum unternimmst du nichts? Greif an!«
Die Söldner blieben auf dem Boden sitzen. Tonk Fah machte sich gerade einmal die Mühe, ein Auge halb zu öffnen. » Ach ja«, meinte Denth. » Es sieht so aus, als ob die Stadtwache uns entdeckt hätte.«
» Schade«, sagte Tonk Fah. » Dabei habe ich geglaubt, dass diese Sache ein großer Spaß wird.«
» Jetzt gibt es für uns nur noch die Hinrichtung«, sagte Denth.
» Greift an!«, rief Vivenna. » Ihr seid meine Leibwächter, ihr seid…!« Sie verstummte, als sie bemerkte, dass die beiden Männer kicherten.
O heilige Farben, dachte sie, nicht schon wieder. » Was soll das?«, fragte sie.
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