Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
» Ist das ein Witz? Habt ihr den Mann grau angemalt? Was geht hier vor?«
» Beweg dich, du Fels auf Beinen«, sagte eine Stimme hinter dem Leblosen. Die Kreatur ging in den Raum hinein und trug einige Leinensäcke über der Schulter. Als sie eintrat, wurde eine kleine Frau dahinter sichtbar. Sie hatte stramme Schenkel, einen üppigen Busen und hellbraunes Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und wirkte erbost.
» Denth«, sagte sie wütend, » er ist hier. In der Stadt.«
» Gut«, erwiderte Denth und lehnte sich zurück. » Ich schulde diesem Mann ein Schwert… mitten in die Eingeweide.«
Die Frau schnaubte verächtlich. » Er hat Arsteel getötet. Wieso glaubst du, dass du ihn besiegen kannst?«
» Weil ich schon immer der bessere Schwertkämpfer war«, sagte Denth gelassen.
» Arsteel war ebenfalls gut. Und jetzt ist er tot. Wer ist diese Frau?«
» Unsere neue Arbeitgeberin.«
» Ich hoffe, sie lebt länger als der letzte«, brummte die Frau. » Klump, setz das ab und hol den anderen Beutel.«
Der Leblose reagierte, nahm die Bündel von der Schulter und ging wieder hinaus. Vivenna sah ihm nach. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei der kleinen Frau um Juwelchen handeln musste, das dritte Mitglied in Denths Truppe. Was machte sie mit einem Leblosen? Und wie hatte sie das neue Haus gefunden? Denth musste ihr eine Nachricht geschickt haben.
» Was ist los mit Euch?«, fragte Juwelchen und starrte Vivenna an. » Hat Euch irgendein Erwecker die Farben gestohlen?«
» Wie bitte?«, fragte Vivenna verblüfft.
» Sie will damit fragen, warum Ihr so überrascht ausseht«, meinte Denth.
» Außerdem ist ihr Haar weiß«, sagte Juwelchen und ging hinüber zu den Leinensäcken.
Vivenna errötete und erkannte, dass der Schock sie übermannt hatte. Rasch verhalf sie ihrem Haar wieder zur ursprünglichen dunklen Farbe. Der Leblose kehrte zurück und brachte einen weiteren Sack mit.
» Woher kommt diese Kreatur?«, fragte Vivenna.
» Was?«, fragte Juwelchen zurück. » Klump? Von einem Leichnam natürlich. Ich habe ihn nicht selbst gemacht– ich hab jemanden dafür bezahlt.«
» Zu viel«, fügte Tonk Fah hinzu.
Das Geschöpf stapfte wieder ins Zimmer. Es war nicht ungewöhnlich groß– nicht so groß wie ein Zurückgekehrter. Es hätte ein gewöhnlicher, allerdings sehr muskulöser Mann sein können. Nur die Hautfarbe und das ausdrucklose Gesicht waren anders.
» Sie hat ihn gekauft?«, fragte Vivenna. » Wann? Gerade eben?«
» Nee«, antwortete Tonk Fah. » Wir haben unseren Klump schon seit Monaten.«
» Es ist nützlich, einen Leblosen dabeizuhaben«, erklärte Denth.
» Und ihr habt mir nichts davon gesagt!«, beschwerte sich Vivenna und versuchte, die Hysterie aus ihrer Stimme herauszuhalten. Zuerst hatte sie mit der Stadt und all ihren Farben und Menschen fertigwerden müssen. Dann hatte sie viel ungewollten Hauch empfangen. Und jetzt stand sie der unheiligsten aller Abscheulichkeiten gegenüber.
» Das Thema hatte sich halt nicht ergeben«, sagte Denth und zuckte die Schultern. » Solche Wesen sind in T’Telir ziemlich häufig anzutreffen.«
» Wir haben vorhin darüber geredet, wie wir diese Kreaturen bekämpfen können«, sagte Vivenna, » und nicht, wie wir sie uns zu eigen machen können!«
» Wir haben darüber geredet, einige von ihnen zu bekämpfen«, berichtigte Denth. » Prinzessin, die Leblosen sind wie Schwerter. Sie sind Werkzeuge. Wir können nicht alle in der Stadt vernichten, und das wollen wir auch gar nicht. Es geht uns nur um diejenigen, die von unseren Feinden eingesetzt werden.«
Vivenna nahm wieder auf dem Holzboden Platz. Der Leblose setzte den letzten Sack ab, und Juwelchen deutete in eine der Zimmerecken. Das Geschöpf stellte sich dorthin und wartete geduldig auf weitere Anweisungen.
» Hier«, sagte Juwelchen zu den anderen beiden, während sie den letzten Sack aufknotete. » Ihr habt sie gewollt.« Sie kippte den Sack auf die Seite, in dessen Innerem nun glitzerndes Metall aufleuchtete.
Denth lächelte und stand auf. Er versetzte Tonk Fah einen Tritt und weckte ihn dadurch – der große Mann besaß die unheimliche Eigenschaft, jederzeit und an jedem Ort ein Nickerchen halten zu können – und ging hinüber zu dem Sack. Er zog mehrere glänzende, neu wirkende Schwerter mit langen, dünnen Klingen heraus. Denth machte ein paar Schwünge mit ihnen, während auch Tonk Fah herbeikam und einen
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